2003  
 [ 2002 ]       [ 2004 ][  ‹  ]
03.001 Sammelmitgliedschaft
 
  1. BGH,     U, 16.01.03,     – I_ZR_51/02 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW-RR_03,831 = MDR_03,821 = GRUR_03,454 WM_03,669 -73

  3. UWG_§_13 Abs.2 Nr.2

  4. Revision /

 

1) Die über die Mitgliedschaft in einem anderen Verband vermittelte Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbandes gemäß § 13 Abs.2 Nr.2 UWG setzt grundsätzlich nicht voraus, daß sich der andere Verband von seinen Mitgliedern ausdrücklich hat ermächtigen lassen, die Kompetenz zur Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen seinerseits auf den Wettbewerbsverband zu übertragen.

 

2) Gegenteiliges gilt dann, wenn keine anerkennenswerten Motive für den Beitritt des anderen Verbandes zu dem Wettbewerbsverband vorgelegen haben, d.h. wenn durch die Sammelmitgliedschaft nicht tatsächlich das gemeinsame Interesse am Schutz des lauteren Wettbewerbs gebündelt werden sollte, sondern künstlich die Voraussetzungen für die Klagebefugnis nach § 13 Abs.2 Nr.2 UWG geschaffen werden sollten.

 

3) Zur Haftung einer Sparkasse wegen einer unzutreffenden Bonitätsauskunft.

§§§

03.002 Lastschrifteinzug
 
  1. BGH,     U, 23.01.03,     – III_ZR_54/02 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_03,313 -15 = CR_03,819 -23 = K6R_03,511 -17 = MMR_03,389 -92 = WM_03,425 -30

  3. (02) BGB_§_307 Bd Cb; TKG_§_89 Abs.1

  4. TellyLocal

 

1) Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Anbieters von Mobilfunkdienstleistungen enthaltene Klausel, wonach Kunden, die sich für einen bestimmten Tarif entscheiden, zur Begleichung der Rechnungsbeträge am Lastschriftverfahren (Erteilung einer Einzugsermächtigung) teilnehmen müssen, benachteiligt die Kunden dann nicht unangemessen wenn durch eine entsprechende Klauselgesaltung sichergestellt ist, daß dem Kunden zwischen dem Zugang der Rechnung und dem Einzug des Rechnungsbetrags ausreichend Zeit - mindestens fünf Werktage - verbleibt, die Rechnung zu prüfen und gegebenenfalls für ausreichende Deckung seines Girokontos zu sorgen.

 

2) Zur Frage der Wirksamkeit einer formularmäßig erteilten Einwilligung, wonach die kontoführende Bank des Kunden ermächtigt wird, dem Verwender - hier: ein Anbieter von Mobilfunkdienstleistungen - mitzuteilen, ob die vom Kunden im Antragsformular des Verwenders angegebenen EC-Karten/Kreditkarten-Daten zutreffend sind.

§§§

03.003 Denunziant
 
  1. BVerwG,     U, 27.02.03,     – 2_C_10.02 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = BVerwGE_118,10 -15 = NJW_03,3217 -19 = DVBl_03,1546 -48 = DÖV_03,769 -71

  3. VwGO_§_99 Abs.2, VwGO_§_137 Abs.1 Nr.1; BRRG_§_127 Nr.2; (NW) LBG_§_65, LBG_§_85; StGB_§_78, StGB_§_164; (NW) DSG_§_2 Abs.1 S.1, DSG_§_18 Abs.1 Nr.3

  4. Aktenwidrigkeit, Bundesrahmenrecht als revisionsgerichtlicher Prüfungsmaßstab / irrevisibles Landesrecht / Rahmenrechtskonformität / Überprüfung der Auslegung / Personaldaten der Beamten / Auskunftsanspruch / Pflicht des Dienstherrn zur Nennung von Denunzianten / leichtfertige Bezichtigung / Zwischenverfahren nach § 99 Abs.2 VwGO.

Abs.11

1) Ist Prüfungsmaßstab für das Revisionsgericht eine Vorschrift des Bundesrahmenrechts, hat das Revisionsgericht auch zu prüfen, ob sich die Vorinstanz bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts innerhalb der vom Rahmenrecht gezogenen, für den Landesgesetzgeber verbindlichen Grenzen gehalten hat.

Abs.17

2) Wird ein Beamter bei seinem Dienstherrn leichtfertig oder wider besseres Wissen der Korruption bezichtigt, muss der Dienstherr ihm den Denunzianten nennen, auch wenn diesem Vertraulichkeit zugesichert worden war.

Abs.23

3) Die Beweisaufnahme, ob der Informant leichtfertig oder wider besseres Wissen gehandelt hat, ist im Zwischenverfahren nach § 99 Nr.2 VwGO durchzuführen.

Abs.25

LB 4) Zur Klage auf Erteilung einer Aussagegenehmigung.

* * *

T-03-01Datenschutz- + Personalaktenrecht

11

"... Das Berufungsgericht hat aus § 18 Abs.1 Nr.3 in Verbindung mit § 2 Abs.1 Satz 1 des Datenschutzgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen DSG NRW - idF der Bekanntmachung vom 9.Juni 2000 (GV NW S.542) einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten hergeleitet, Personaldaten des Klägers zu offenbaren. Damit hat es Rahmenrecht des Bundes sowie nordrhein-westfälisches Landesbeamtenrecht verletzt (§ 137 Abs.1 Nr.1 VwGO, § 127 Nr.2 BRRG).

12

Die Auslegung des nordrhein-westfälischen Datenschutzgesetzes dahingehend, dass dadurch selbständige Ansprüche des Beamten gegen seinen Dienstherrn auf Mitteilung persönlicher Daten, die das Beamtenverhältnis betreffen, begründet werden, lässt die Grenzen außer Acht, die durch das Beamtenrechtsrahmengesetz gezogen werden.

13

Das Revisionsgericht überprüft, ob der Landesgesetzgeber die bundesrechtlichen Vorgaben eingehalten und ob das Berufungsgericht das Landesrecht rahmenrechtskonform ausgelegt hat (stRspr, vgl Urteil vom 27.September 1990 4_C_44.87 BVerwGE_85,348 mwN sowie Beschluss vom 10.September 1999 BVerwG 6_BN_1.99 Buchholz 406.401 § 14 BNatSchG Nr.1 S.1 ff mwN). Insoweit ist das Bundesverwaltungsgericht auch befugt, die Interpretation nichtrevisiblen Landesrechts zu überprüfen.

14

Die Vorschriften des Beamtenrechtsrahmengesetzes über die Personalakten, die den Beamten betreffende Daten enthalten, und über das Einsichts- und Auskunftsrechts des Beamten (§§ 56 ff BRRG) zählen zu den Rahmenvorschriften, welche die Länder bei der Gestaltung ihres eigenen Beamtenrechts zu beachten haben. Sie müssen die Vorgaben umsetzen und dürfen die dadurch abgesteckten Grenzen nicht überschreiten.

15

Seit dem In Kraft Treten des Neunten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 11.Juni 1992 (BGBl I S.1030) bestehen den allgemeinen Datenschutzgesetzen vorgehende Vorschriften des Beamtenrechts über den Umgang mit personenbezogenen Daten der Beamten, namentlich deren Einsichtsrecht und Auskunftsanspruch. Es handelt sich um abschließende Sonderregelungen. Indem § 56 Abs.1 Satz 2 BRRG, § 90 Abs.1 Satz 2 BBG, § 102 Abs.1 Satz 2 LBG NRW ausdrücklich klarstellen, dass zur Personalakte auch die in Dateien gespeicherten Unterlagen gehören, nehmen sie die Dateien mit Daten zur Person des Beamten aus dem Geltungsbereich der Datenschutzgesetze aus und unterwerfen sie den beamtenrechtlichen Vorschriften. Diese bilden ein umfassendes und abschließendes Regelsystem über den Umgang mit Personaldaten, die sich im Besitz des Dienstherrn befinden. § 56 Abs.1 BRRG, § 102 Abs.1 LBG NRW legen fest, welche Vorgänge die Personalakte bilden; § 56b BRRG, § 102b LBG NRW regeln die Anhörung des Beamten vor Aufnahme von Vorgängen mit ihm ungünstigen Äußerungen in die Personalakte. § 56c BRRG, § 102c LBG NRW gewähren ein Recht auf Einsicht in die Personalakte und in Sachakten, die personenbezogene Daten über den Beamten enthalten und für sein Dienstverhältnis verarbeitet oder benutzt werden, und bestimmen die Modalitäten der Einsichtnahme sowie die Fälle, in denen statt eines Anspruchs auf Einsichtnahme in Sachakten ein Anspruch auf Auskunft aus diesen besteht.

16

Diese spezielle und abschließende Regelung im Beamtenrecht schließt einen Auskunftsanspruch unter Rückgriff auf das allgemeine Datenschutzrecht aus. Nur wenn das Datenschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, insbesondere dessen § 2 Abs.3 in diesem Sinne verstanden wird, ist dem Gebot rahmenrechtskonformer Auslegung genügt.

17

Da die Namen der Personen, die dem Beklagten von angeblichen Pflichtwidrigkeiten des Klägers berichtet haben, weder in Akten noch in eine Datei aufgenommen worden sind, entfällt ein beamtenrechtlicher Anspruch sowohl auf Einsicht, § 102c Abs.1 LBG NRW, als auch auf Auskunft, § 102c Abs.4 LBG NRW.

18

Ein Anspruch des Beamten, dass über ein Geschehnis, das ihn betrifft, ein Vermerk erstellt wird, der zu den Personalakten zu nehmen ist, besteht grundsätzlich nicht (vgl Urteil vom 6.April 1989 BVerwG 2 C 9.87 BVerwGE 81,365). Von der Aufnahme eines Vermerks über das Gespräch der Leitenden Kreisrechtsdirektorin Sch mit den Informanten in die Personalakte konnte der Beklagte schon deshalb absehen, weil die Behauptungen der Informanten nach der Einstellung des Disziplinarverfahrens ohne weitere Bedeutung für das Beamtenverhältnis des Klägers waren.

19

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 85 LBG NRW) ist unmittelbare und selbständige Rechtsgrundlage für den Anspruch des Beamten auf Schutz und Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte. Sie umfasst die in § 85 Satz 2 LBG NRW ausdrücklich ausgesprochene Verpflichtung, den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamten zu schützen. Dazu gehört es, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen (vgl BVerfGE_43,154; Urteil vom 29.Juni 1995 BVerwG 2_C_10.93 BVerwGE_99,56 ). Die Fürsorgepflicht gebietet es ebenfalls, dem Beamten Hilfen zu bieten, damit er sich selbst gegen Behauptungen und Anschuldigungen Dritter, die seine Amtsführung betreffen, zur Wehr setzen kann.

20

Die sich daraus ergebenden Informationspflichten bestehen indessen nicht ohne Einschränkung. Wichtige öffentliche Belange können den Dienstherrn berechtigen, die vom Beamten begehrten Auskünfte zu verweigern. Dazu gehört das öffentliche Interesse, gegen Bestechlichkeit im öffentlichen Dienst vorzugehen.

21

Korruptionsbekämpfung ist eine öffentliche Aufgabe, die auch dem Beklagten obliegt. Ihre Erfüllung kann durch die Preisgabe von Namen und Anschrift von Informanten ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert werden. Die Behörden sind auf Informanten angewiesen und dürfen diesen Vertraulichkeit zusichern und deren Identität geheim halten (vgl bereits Urteil vom 30.April 1965 BVerwG 7_C_83.63 Buchholz 310 § 99 VwGO Nr.7). Dies gilt grundsätzlich unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Mitteilungen. Die Behörden können die für eine effektive Korruptionsbekämpfung unentbehrlichen Informationen von Seiten Dritter nur erwarten, wenn der Informant nicht befürchten muss, jede ihm anzulastende Nachlässigkeit oder leichte Fahrlässigkeit bei der Wahrnehmung oder Mitteilung der möglichen Pflichtwidrigkeit werde den Bruch der zugesagten Vertraulichkeit zur Folge haben (vgl auch Urteil vom 3.September 1991 BVerwG 1 C 48.88 BVerwGE 89,14). Wenn allerdings der Informant seine Angaben leichtfertig oder wider besseres Wissen gemacht hat, darf der Dienstherr dem Interesse an der Geheimhaltung seiner Identität nicht den Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen geben, den Sachverhalt vollständig aufzuklären und aufzudecken, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos sind.

22

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es bisher an Anhaltspunkten für ein leichtfertiges oder ein Handeln wider besseres Wissen der Informanten. Die die gegenteilige Aussage des Berufungsgerichts stützenden Ausführungen im angefochtenen Urteil zum Begriff der Leichtfertigkeit beziehen sich auf den Tatbestand des § 18 Abs.3 DSG NRW. Sie binden das Revisionsgericht nicht bei der Auslegung des § 85 LBG NRW.

23

Leichtfertigkeit verlangt einen, gemessen an den individuellen Fähigkeiten des Handelnden, erhöhten Grad an Fahrlässigkeit (Urteil vom 3.September 1991 BVerwG 1 C 48.88 aaO). Ob das Handeln der Gewährspersonen des Beklagten von dieser Art war, lässt sich nur nach einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts beurteilen. Ohne Kenntnis der Informanten und ihrer Quelle sowie deren Verhalten bei ihrer Mitteilung an die Informanten kann Leichtfertigkeit weder bejaht noch verneint werden. Möglicherweise bedarf es auch einer Vernehmung der "Quelle" selbst. Unaufgeklärt ist ebenfalls, ob die Informanten ihre Angaben wider besseres Wissen gemacht haben. Davon geht der Kläger aus, wie sich aus seiner Anzeige wegen falscher Verdächtigung ergibt (vgl § 164 StGB).

24

Eine derartige Aufklärung verbietet sich im Verfahren zur Hauptsache. Mit der für eine Vernehmung als Zeugen erforderlichen - Preisgabe von Namen und Anschrift der Informanten würde der Beklagte die mit der Klage begehrten Angaben machen, also die Hauptsache vorweg nehmen ( BVerfGE_101,106 ). Eine gerichtliche Aufklärung der "Leichtfertigkeit" oder ein "Handeln wider besseres Wissen" begründenden Umstände ohne Vorwegnahme der Hauptsache ist nur in einem Zwischenverfahren nach § 99 Abs.2 VwGO möglich. Der Kläger hat den für ein solches Verfahren notwendigen Antrag in der Berufungsinstanz gestellt.

25

Auch die Entscheidung über die Klage auf Erteilung der Aussagegenehmigung für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren erfordert eine weitere Aufklärung des Sachverhalts. Dem Kläger würde das Rechtsschutzinteresse für diese Klage fehlen, wenn eine Bestrafung der Informanten wegen Verjährung der in Betracht kommenden Straftaten ausgeschlossen wäre, § 78 StGB. Ob Verjährung eingetreten und das Ermittlungsverfahren deshalb einzustellen oder bereits eingestellt ist, muss das Berufungsgericht aufklären. Sind die Straftaten nicht verjährt, kommt es für die Begründetheit auch der Klage auf Erteilung einer Aussagegenehmigung darauf an, ob der Versagensgrund der "ernstlichen Gefährdung oder erheblichen Erschwerung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben" nach § 65 LBG NRW ausgeschlossen ist, weil die Informanten den Kläger leichtfertig oder wider besseres Wissen bezichtigt haben. ..."

 

Auszug aus BVerwG U, 27.02.03, - 2_C_10.02 -,

§§§

03.004 Handy-Überwachung
 
  1. BVerfG,     U, 12.03.03,     – 1_BvR_330/96 –

  2. www.BVerfG.de = JurPC = BVerfGE_107,299 -39 = DVBl_03,681 = CR_03,504 = JuS_03,1213 -15 = JZ_03,209 -10 = K&R_03,233 = NJW_03,1787 -95

  3. GG_Art.5 Abs.1, GG_Art.5 Abs.2,, GG_Art.10 Abs.2 S.1, GG_Art.19 Abs.4 StPO_§_100a, StPO_§_100b, StPO_§_100g, StPO_§_100h

  4. Zielwahlsuche

 

1) Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten können sich zum Schutz der Vertraulichkeit der Informationsbeschaffung und der Redaktionsarbeit auf das Fernmeldegeheimnis aus Art.10 GG und insoweit auch auf die Rechtsschutzgarantie des Art.19 Abs.4 GG berufen. ]b> Abs.86 ]b[ 2) Richterliche Anordnungen gegenüber Telekommunikationsunternehmen, im Rahmen der Strafverfolgung Auskunft über die für Abrechnungszwecke bereits vorhandenen oder in Durchführung einer Zielwahlsuche zu ermittelnden Verbindungsdaten zu erteilen, greifen in das Fernmeldegeheimnis des von der Auskunft Betroffenen ein. ]c> ]c[ 3) Derartige Eingriffe sind nur gerechtfertigt, wenn sie zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich sind, hinsichtlich der ein konkreter Tatverdacht besteht und wenn eine hinreichend sichere Tatsachenbasis für die Annahme vorliegt, dass der durch die Anordnung Betroffene mit dem Beschuldigten über Telekommunikationsanlagen in

Abs.86

2) Richterliche Anordnungen gegenüber Telekommunikationsunternehmen, im Rahmen der Strafverfolgung Auskunft über die für Abrechnungszwecke bereits vorhandenen oder in Durchführung einer Zielwahlsuche zu ermittelnden Verbindungsdaten zu erteilen, greifen in das Fernmeldegeheimnis des von der Auskunft Betroffenen ein.

 

3) Derartige Eingriffe sind nur gerechtfertigt, wenn sie zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich sind, hinsichtlich der ein konkreter Tatverdacht besteht und wenn eine hinreichend sichere Tatsachenbasis für die Annahme vorliegt, dass der durch die Anordnung Betroffene mit dem Beschuldigten über Telekommunikationsanlagen in Verbindung steht.

* * *

T-03-02Zur Auslegung des § 100g StPO

75

"(2) Die schwerwiegenden Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis sind nur verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn die Gegenbelange entsprechend gewichtig sind. Das Gewicht des Strafverfolgungsinteresses ist insbesondere von der Schwere und der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat abhängig (vgl BVerfGE_100,313 <375 f, 392> ). Insofern genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, dass die Erfassung der Verbindungsdaten allgemein der Strafverfolgung dient (siehe oben aa). Vorausgesetzt sind vielmehr eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ein konkreter Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis für die Annahme, dass der durch die Anordnung Betroffene als Nachrichtenmittler tätig wird.

76

(a) Hinsichtlich der Schwere der Straftat hat der Gesetzgeber nunmehr in § 100g StPO eine Konkretisierung vorgenommen, die dem rechtsstaatlichen Anliegen einer Begrenzung der Erhebung von Verbindungsdaten dient. Das Vorliegen einer Katalogtat im Sinne von § 100a Satz 1 StPO ist danach zwar nicht unbedingte Voraussetzung der Anordnung, aber als bedeutsamer Anwendungsfall für eine Straftat von erheblicher Bedeutung hervorgehoben worden und gibt deshalb einen Anhaltspunkt für die rechtliche Bewertung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Offenlegung von Verbindungsdaten ein detailliertes Bild über Kommunikationsvorgänge und Aufenthaltsorte ermöglicht. Das Gewicht des Eingriffs bleibt zwar hinter dem der auf die Kommunikationsinhalte bezogenen Telefonüberwachung zurück, ist aber dennoch groß. Die Orientierung an dem Begriff der Straftat von erheblicher Bedeutung und die Angabe von Regelbeispielen werden auch sonst in der Rechtsordnung als Begrenzungsmerkmal für Ermittlungsmethoden eingesetzt (vgl BVerfGE_103,21 <33 f>; BGHSt_42,139 <157>). Damit wird verdeutlicht, dass derartige Eingriffe nur bei Straftaten gerechtfertigt sind, denen der Gesetzgeber allgemein ein besonderes Gewicht beimisst. Ferner muss die Straftat im konkreten Fall erhebliche Bedeutung haben (vgl BVerfG, 3.Kammer des Zweiten Senats, NJW 2001, S.2320 <2321>; VerfG des Landes Brandenburg, StV 2002, S.57 <58>), etwa auf Grund des angerichteten Schadens und des Grads der Bedrohungd er Allgemeinheit (vgl Welp, GA 2002, S.535 <539>). Dieser Maßstab verweist auf eine Vergleichsmöglichkeit, die auch im Rahmen des § 12 FAG zur Beurteilung herangezogen werden kann, ob eine Straftat von solchem Gewicht ist, dass die Übermittlung von Verbindungsdaten gerechtfertigt sein kann.

77

Entscheidend für das Gewicht des verfolgten Anliegens ist auch die Intensität des gegen den Beschuldigten bestehenden Verdachts (vgl BVerfGE_100,313 <392>). Voraussetzung der Erhebung von Verbindungsdaten ist ein konkreter Tatverdacht. Auf Grund bestimmter Tatsachen muss anzunehmen sein, dass der Beschuldigte mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen hat (vgl auch BVerfGE_100,313 <394>).

78

(c) Eine gesicherte Tatsachenbasis ist ebenfalls unerlässlich zur Beurteilung, ob diejenige Person, gegen die eine Anordnung erfolgt, als Nachrichtenmittler angesehen werden kann. Insofern verlangen die §§ 100a, 100b Abs.1 Satz 2 StPO, dass gegen andere Personen als den Beschuldigten Maßnahmen nur erfolgen dürfen, wenn auf Grund von bestimmten Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte den Anschluss nutzt. Entsprechend muss § 12 FAG einengend ausgelegt werden. Bloße Vermutungen genügen für die Nachrichtenmittlereigenschaft nicht.

79

(d) Derartige restriktive Anforderungen tragen zugleich dem Umstand Rechnung, dass die technologischen Entwicklungen und ihre Nutzung bei der Errichtung der Telekommunikationsinfrastruktur dazu führen, dass erheblich schwerere Eingriffe möglich sind als noch im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens von § 12 FAG (siehe oben <1> ). Die Anwendbarkeit des § 12 FAG scheitert daher nicht grundsätzlich daran, dass die im Zeitpunkt der Entstehung der Norm möglichen Maßnahmen ein erheblich geringeres Gewicht hatten.

80

(3) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gerichte vorliegend das Verhältnis zwischen dem Eingriff in das Fernmeldegeheimnis und den Belangen der Strafrechtspflege als angemessen beurteilt haben.

81

(a) Die Anlasstaten waren in beiden Fällen so gewichtig, dass eine Auskunft über Telekommunikationsdaten gerechtfertigt war. Ansatzpunkt der Maßnahmen im Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde 1_BvR_348/99 war der Verdacht des dreifachen Mordes. Mord ist eine Katalogtat im Sinne des § 100a Satz 1 StPO, deren Vorliegen auch den Anforderungen, die an § 12 FAG zu stellen sind, gerecht wird. In dem dem Verfahren 1 BvR 330/96 zu Grunde liegenden Fall konnten die Gerichte ebenfalls von einer ein Auskunftsverlangen rechtfertigenden Anlasstat ausgehen. Die Straftaten, derentwegen nach dem Beschuldigten Schneider gefahndet wurde, waren zwar nicht Katalogtaten im Sinne des § 100 a StPO, aber von ganz erheblichem Gewicht. Anlass der Anordnung waren Insolvenzstraftaten nach den §§ 283 ff. StGB, die mit Kreditbetrug und Steuerhinterziehung verbunden waren. Die angenommenen Schäden beliefen sich auf eine Höhe von 2 bis 3 Mrd DM. Auch gab es eine große Zahl Geschädigter. Es ging um eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren der Bundesrepublik Deutschland. Auch Wirtschaftsstraftaten können von erheblicher Bedeutung sein. Für die Gewichtung einer Straftat sind nicht allein das betroffene Rechtsgut, sondern ebenfalls die Tatbegehung und das Ausmaß der Schäden maßgebend. Die dem Beschuldigten Schneider angelasteten Straftaten hatten nicht zuletzt hinsichtlich der Art ihrer Begehung, der Anzahl der Geschädigten und wegen des Ausmaßes des Schadens ein hinreichendes strafrechtliches Gewicht. 82

82

Soweit die Beschwerdeführer gegen die Angemessenheit der Anordnungen einwenden, dass es in den zu Grunde liegenden Ermittlungsverfahren nur um Strafverfolgung ging, nicht aber um die Abwehr von Gefahren für überragende Rechtsgüter oder Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland, kann ihnen nicht gefolgt werden. Das Interesse an der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten hat neben dem Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten eine eigenständige verfassungsrechtliche Bedeutung. 83

83

(b) An dem für Auskunftsverlangen erforderlichen Verdachtsgrad gegen die Beschuldigten bestand vorliegend kein Zweifel. In beiden Verfahren war gegen die Beschuldigten auf Grund dringenden Tatverdachts Haftbefehl erlassen worden und eine Ausschreibung zur Festnahme erfolgt. 84

84

(c) Es unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen eine hinreichende Tatsachenbasis dafür angenommen haben, dass die Beschwerdeführer Nachrichtenmittler der Beschuldigten gewesen sind. Im Hinblick auf die Auskunftsanordnung im Fall der Beschwerdeführer zu 1 wurde es als maßgeblich angesehen, dass sich der Beschwerdeführer zu 1c im Besitz eines Tonbands befand, das eine authentische Aufnahme einer Stellungnahme des Beschuldigten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen enthielt. Unter diesen Umständen lag eine hinreichende Tatsachengrundlage dafür vor, dass der Beschwerdeführer zu 1c in Kontakt zu dem Beschuldigten stand. Es ist verfassungsrechtlich insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Strafverfolgungsbehörden davon ausgingen, die Tonbandaufnahmen seien den Beschwerdeführern zu 1 mit Willen des Beschuldigten zugespielt worden. 85

85

Auch die gerichtliche Auskunftsanordnung gegen die Beschwerdeführerin zu 2 hält hinsichtlich der für die Eigenschaft als Nachrichtenmittler angeführten Tatsachengrundlage einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Das Landgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin zu 2 wiederholt unmittelbaren Kontakt zu dem Beschuldigten Klein unterhielt. Die Beschwerdeführerin zu 2 ist diesen tatsächlichen Feststellungen in den angegriffenen Entscheidungen nicht entgegengetreten. 86

86

ee) Der in § 12 FAG und § 100b StPO vorgesehene Richtervorbehalt ist beachtet worden.

87

Der Vorbehalt richterlicher Entscheidung zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz. Richter können auf Grund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer ausschließlichen Bindung an das Gesetz die Rechte des Betroffenen im Einzelfall am besten und sichersten wahren (vgl BVerfGE_103,142 <151> mwN). Das gilt auch mit Blick auf die durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebotene Abwägung der sich bei Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis gegenüberstehenden Rechtspositionen. ]A4) 88 ]A4[ Die Abwägung hängt entscheidend von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Es ist die Aufgabe und Pflicht des Ermittlungsrichters, sich eigenverantwortlich ein Urteil zu bilden und nicht etwa die Anträge der Staatsanwaltschaft auf Übermittlung der Verbindungsdaten nach einer nur pauschalen Überprüfung einfach gegenzuzeichnen. Zur richterlichen Einzelentscheidung gehören eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall. Schematisch vorgenommene Anordnungen vertragen sich mit dieser Aufgabe nicht. Die richterliche Anordnung des Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis muss den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen sich der Eingriff halten muss (vgl - zu Art.13 Abs.1 GG - BVerfGE_103,142 <15

88

Die Abwägung hängt entscheidend von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Es ist die Aufgabe und Pflicht des Ermittlungsrichters, sich eigenverantwortlich ein Urteil zu bilden und nicht etwa die Anträge der Staatsanwaltschaft auf Übermittlung der Verbindungsdaten nach einer nur pauschalen Überprüfung einfach gegenzuzeichnen. Zur richterlichen Einzelentscheidung gehören eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall. Schematisch vorgenommene Anordnungen vertragen sich mit dieser Aufgabe nicht. Die richterliche Anordnung des Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis muss den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen sich der Eingriff halten muss (vgl - zu Art.13 Abs.1 GG - BVerfGE_103,142 <151 f>). Dem wurden die angegriffenen Maßnahmen noch in ausreichendem Maße gerecht.

89

Das Amtsgericht hat seine Anordnungen allerdings nur unter Hinweis auf die erlassenen Haftbefehle und das Ziel der Aufenthaltsbestimmung begründet sowie im Übrigen den Wortlaut des § 12 FAG teilweise wiederholt. Ausführungen zur Tätigkeit der Beschwerdeführer als Nachrichtenmittler sowie zur Erforderlichkeit und Angemessenheit der Eingriffe in die Rechte der Beschwerdeführer fehlen.

90

Das Landgericht hat diese Begründungen zwar nicht formell beanstandet, jedoch seinerseits eingehendere Begründungen vorgenommen. Dabei hat es das Handeln der Beschwerdeführer als Nachrichtenmittler dargelegt und weitere Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit gemacht. Die entsprechenden Überlegungen gelten zwar vornehmlich der Frage, ob Medienunternehmen und Journalisten einen besonderen Schutz vor solchen Maßnahmen genießen, enthalten aber in diesem Rahmen auch Ausführungen zur Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme im konkreten Fall. Es besteht deshalb kein Anlass, sie aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden.

91

4. Verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind die Auskunftsanordnungen im Ausgangsverfahren zu der Verfassungsbeschwerde 1_BvR_348/99 auch insoweit, als sie sich auf die im Rahmen der so genannten Zielwahlsuche speziell erhobenen Verbindungsdaten der eingehenden Telefongespräche erstreckten.

92

Die Anordnung der Auskunft über eingehende Telefongespräche, die nunmehr von § 100g Abs.2 StPO erfasst wird, ist auf § 12 FAG und zusätzlich auf die §§ 100a, 100b StPO gestützt worden. Die Überprüfung beschränkt sich auf die Klärung, ob die Maßstäbe des Art.10 GG bei der Rechtsanwendung beachtet worden sind. Dies ist zu bejahen.

93

a) Verbindungsdaten eingehender Telefongespräche sind üblicherweise bei der Abwicklung des Telekommunikationsverkehrs nicht verfügbar. Sie werden für die Entgeltabrechnung bei dem angerufenen Teilnehmer im Allgemeinen nicht benötigt, da der anrufende Teilnehmer die Entgelte für die Verbindungen regelmäßig allein zu tragen hat. Damit kann das Strafverfolgungsinteresse an Daten über eingehende Telefongespräche nicht durch Übermittlung der oben (3) behandelten allgemeinen Verbindungsdaten befriedigt werden.

94

Die Zielwahlsuche soll dieses Defizit beheben. Es sollen diejenigen unbekannten Anschlussnummern ermittelt werden, von denen Telekommunikationsverbindungen zu einem bestimmten Anschluss hergestellt worden sind. Wird ein Diensteanbieter durch die Strafverfolgungsbehörden aufgefordert, Auskunft über die für einen Anschluss eingegangenen Verbindungen zu geben, sind die im EDV-System für den Rechnungsdienst vorgesehenen Abfrageroutinen nicht verwendbar. Da jeder andere Netzteilnehmer die vorgegebene Anschlussnummer angewählt haben kann, setzt die Durchführung einer Zielwahlsuche voraus, dass die Kommunikationsdatensätze aller übrigen von dem Diensteanbieter eingerichteten Anschlüsse sowie der im Übrigen gespeicherten Verbindungsdaten mit der fraglichen Anschlussnummer abgeglichen werden (vgl Welp, Überwachung und Kontrolle, 2000, S.20 ff, 33 ff). Im Jahre 2002 wurde laut Auskunft der Deutschen Telekom jede der 216 Mio. täglich hergestellten Telefonverbindungen innerhalb der dreitägigen Dauer der Speicherung der jeweiligen Verbindungsdatensätze durchschnittlich zweimal in eine Zielwahlsuche einbezogen.

95

b) Hinsichtlich der Eignung und Erforderlichkeit der Erfassung von Verbindungsdaten eingehender Gespräche ergebens ich keine Besonderheiten gegenüber der Erfassung der sonstigen Verbindungsdaten. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ime ngeren Sinne ist aber ergänzend zu berücksichtigen, dass eine besonders große Zahl von Personen betroffen wird. Denn für die Beurteilung der Angemessenheit einer das Fernmeldegeheimnis beschränkenden Maßnahme ist auf der Ebene des Gesetzes und seiner Auslegung mitentscheidend, wie viele Personen wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind (vgl BVerfGE_100,313 <376>).

96

aa) In ihrem Grundrecht aus Art.10 Abs.1 GG betroffen sind diejenigen Anschlussinhaber, die nach Durchführung einer Zielwahlsuche auf Grundd er Herstellung einer Verbindung zu dem fraglichen Anschluss aus dem Datenbestand ermittelt und als "Treffer" den Strafverfolgungsbehörden mitgeteilt werden. Sie sind der Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen, etwa zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten. Die betroffenen Personen sind in grundrechtlicher Hinsicht in vergleichbarer Weise belastet wie die von der Erhebung der ohnehin vorhandenen Verbindungsdaten erfassten Personen.

97

bb) Der Informationswert einer im Rahmen der Zielwahlsuche erfolgenden Auskunft erschöpft sich nicht in seinem positiven, die weitere Strafverfolgung ermöglichenden Gehalt. Da sich der Datenabgleich der Zielwahlsuche auf den Gesamtbestand der bei einem Diensteanbieter gespeicherten Verbindungsdaten bezieht, enthält die Auskunft zugleich die negative Aussage, dass während des Auskunftszeitraums von keinen anderen als den genannten Anschlüssen Verbindungen zu dem fraglichen Anschluss hergestellt worden sind. Dieser Aussagegehalt betrifft einen viele Millionen umfassenden Personenkreis. Der Zugriff erfolgt allerdings maschinell und bleibt im Fall des erfolglosen Abgleichs anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Strafverfolgungsbehörden. Eine Beeinträchtigung subjektiver Rechte erfolgt insoweit nicht.

98

cc) Auch wenn die meisten der von der Zielwahlsuche erfassten Telekommunikationsteilnehmer daher nicht in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität betroffen werden (vgl BVerfGE_100,313 <366>), ist für die Beurteilung der Angemessenheit einer gesetzlichen Ermächtigung und ihrer Auslegung der große Kreis Betroffener bedeutsam. Art.10 GG schützt den Einzelnen vor staatlichen Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis und gewährleistet in seinem objektivrechtlichen Gehalt die Vertraulichkeit der Telekommunikation auch in ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung. Es gefährdet die Unbefangenheit der Nutzung der Telekommunikation und in der Folge die Qualität der Kommunikation einer Gesellschaft, wenn die Streubreite von Ermittlungsmaßnahmen dazu beiträgt, dass Risiken des Missbrauchs und ein Gefühl des Überwachtwerdens entstehen. Die zum Schutze der Grundrechtsträger geschaffenen gesetzlichen Vorkehrungen kommen auch dem Vertrauen der Allgemeinheit zugute. Schutzmöglichkeiten können darüber hinaus durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen geschaffen werden (vgl BVerfGE_65,1 <44>; 67,157 <183>; 100,313 <359 ff>).

99

dd) Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob die Angemessenheit der Zielwahlsuche allein durch Beachtung der Subsidiarität der Maßnahme, wie sie jetzt § 100g Abs.2 StPO ausdrücklich vorsieht, gewahrt werden konnte. Angesichts der Schwere des Tatvorwurfs des dreifachen Mordes, der konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte für den Tatverdacht und für die Eigenschaft der Beschwerdeführerin zu 2 als Nachrichtenmittlerin sowie der mehr als zwanzig Jahre dauernden vergeblichen Versuche, den Aufenthaltsort des Beschuldigten Klein zu ermitteln, sind die materiellen Anforderungen an die Angemessenheit eines Eingriffs jedenfalls im vorliegenden Fall auch für die Zielwahlsuche erfüllt. Ebenfalls ist der Richtervorbehalt beachtet worden ( siehe oben 3 ee). Angesichts der besonderen Schwere der Straftat bedarf im vorliegenden Fall auch keiner Klärung, ob eine Zielwahlsuche grundsätzlich nur in Verbindung mit Sicherungen auch ihrer nachträglichen Kontrolle, etwa durch Datenschutzbeauftragte oder parlamentarische Gremien, in Betracht kommt.

 

Auszug aus BVerfG U, 12.03.03, - 1_BvR_330/96 -, www.BVerfG.de,  Abs.75 ff

§§§

03.005 Juve Anwalts-Ranglisten
 
  1. OLG Münch,     U, 27.03.03,     – 29_U_4292/00 –

  2. JURION = markenmagazin = NJW_03,1534 -37 = GRUR_03,719 -22 = ZIP_03,777 -80

  3. UWG_§_1, UWG_§_2; GG_Art.5; BGB_§_826

 

1) Bei Rangfolgetabellen, die ein Verlag in einem Handbuch über wirtschaftsrechtlich orientierte Anwaltskanzleien aufstellt und die Rangeinstufungen von Anwaltskanzleien enthalten, handelt es sich nicht um vergleichende Werbung im Sinne von § 2 Abs.1 UWG, weil diese Vorschrift nur Werbung erfasst, die einen Mitbewerber oder die von diesem angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht; der Verlag ist nicht Mitbewerber der in den Rangfolgetabellen herausgehobenen Anwaltskanzleien.

 

2) Bei derartigen, an die Reputation der Anwaltskanzleien anknüpfenden Rangfolgetabellen handelt es sich um Werturteile (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 07.11.2002 (BB 2003, 11 [BVerfG 07.11.2002 - 1 BvR 580/02

§§§

03.006 Telekommunikationslinie
 
  1. BVerwG,     B, 28.03.03,     – 6_B_22.03 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = CR_03,909 = DöV_03,732

  3. TKG_§ 52 Abs.3 S.1, TKG_§_53 Abs.3; BGB_§_677 ff.

  4. Änderung an einer Telekommunikationslinie / Rechte des Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen und des Nutzungsberechtigten / Geschäftsführung ohne Auftrag / analoge Anwendung.

Abs.1

§ 53 Abs.3 TKG lässt es nicht zu, dass der Verkehrswegeunterhaltungspflichtige in entsprechender Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB) anstelle des Nutzungsberechtigten die gebotenen Arbeiten an der Telekommunikationslinie bewirkt.

Abs.3

LB 2) Zur grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache.

Abs.4

LB 3) Zur entsprechenden Anwendung der Geschäftsführung im Auftrag im öffentlichen Recht.

* * *

T-03-03Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache

1

"Die Beschwerde, mit der sich die Beklagte allein auf den Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs.2 Nr.1 VwGO beruft, hat keinen Erfolg.

2

1. Die Beklagte hält es sinngemäß für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die in dem Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25.Juli 1996 (BGBl I S.1120), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.Juni 2002 (BGBl I S.2010), getroffenen Regelungen über die Benutzung der Verkehrswege mit der Folge abschließend sind, dass ein Verkehrswegeunterhaltungspflichtiger gehindert ist, in entsprechender Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag eine nach § 53 Abs.3 TKG gebotene Maßnahme an einer Telekommunikationslinie anstelle des Nutzungsberechtigten durchzuführen und von dem Nutzungsberechtigten den Ersatz der dafür erbrachten Aufwendungen zu verlangen. Dieser Frage fehlt die für eine Zulassung erforderliche Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren.

3

Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs.2 Nr.1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation und auf dieser Grundlage ohne weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl zB Beschluss vom 11.Oktober 2000 BVerwG 6 B 47.00 Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr.10 mwN). So liegt es hier.

4

Die von der Beklagten aufgeworfene Frage ist zu bejahen, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die bürgerlich rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB) grundsätzlich auch im öffentlichen Recht Anwendung finden können (vgl Urteil vom 6.September 1988 BVerwG 4 C 5.86 BVerwGE 80,170 ; Urteil vom 11.Juni 1991 BVerwG 7 C 1.91 DVBl 1991,1156 ; Urteil vom 9.Mai 1960 BVerwG 1 C 55.59 BVerwGE 10,282 ). Eine entsprechende Anwendung der §§ 677 ff. BGB kommt aber nur in Betracht, wenn das öffentliche Recht insoweit eine "planwidrige Lücke" aufweist. Das ist dann nicht anzunehmen, wenn die einschlägigen Bestimmungen des öffentlichen Rechts die Frage, wer ein bestimmtes Geschäft vorzunehmen hat, abschließend beantworten. In einem solchen Fall fehlt es an einer der Regelungsabsicht des Gesetzgebers zuwiderlaufenden Lücke, die durch eine Analogie zu den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag geschlossen werden müsste. Das ist hier der Fall. § 53 Abs.3 TKG regelt abschließend, dass derjenige, der nach § 50 Abs.1 Satz 1 in Verbindung mit Abs.2 Satz 1 TKG zur Benutzung der Verkehrswege durch eine Telekommunikationslinie berechtigt ist (Nutzungsberechtigter), die hier in Rede stehende Maßnahme durchzuführen hat.

5

"Nach § 53 Abs.3 TKG hat der Nutzungsberechtigte in den Fällen der Absätze 1 und 2 die gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken. Diese Bestimmung ist hier anwendbar, weil sich nach Errichtung einer Telekommunikationslinie ergeben hat, dass sie der Ausführung einer von dem Wegeunterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung einer Straße entgegensteht (§ 53 Abs.1 3.Altern TKG). § 53 Abs.3 TKG verpflichtet allein den Nutzungsberechtigten, die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Dementsprechend ist nur dieser befugt, die erforderlichen Arbeiten auszuführen. Die Bestimmung schließt es aus, dass die Behörde, die hinsichtlich des Verkehrsweges unterhaltungspflichtig ist, die gebotenen Arbeiten an der Telekommunikationslinie selbst vornimmt (so auch: Schütz in: Büchner/Ehmer/Geppert/Kerkhoff/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher TKG Kommentar, 2. Aufl, § 53 Rn.21; Ulmen in: Scheurle/Mayen, TKG, 2002, § 53 Rn.8; Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, C § 53 Rn.12). Der Wortlaut der Bestimmung lässt eine andere Auslegung nicht zu. Der Unterhaltungspflichtige ist auch nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag in entsprechender Anwendung von §§ 677 ff BGB berechtigt, die gebotenen Maßnahmen zu bewirken, da § 53 Abs.1 TKG den zur Durchführung der Maßnahme Berechtigten abschließend benennt. (Abs.5)

6

Die Gesetzessystematik spricht für den insoweit abschließenden Charakter des § 53 Abs.3 TKG. Sie erhellt, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Bestimmungen über die Benutzung der Verkehrswege (§§ 50 bis 58 TKG) nicht aus dem Blick verloren hat, dass es Fallgestaltungen gibt, bei denen zwar dem Nutzungsberechtigten in erster Linie die Pflicht obliegt, bestimmte Arbeiten durchzuführen, diese aber auch von dem Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen bewirkt werden können. Einen solchen Fall hat er in § 52 Abs.3 Satz 1 TKG geregelt. Die Bestimmung betrifft die Instandsetzung der Verkehrswege nach Beendigung der Arbeiten an Telekommunikationslinien. Sie sieht vor, dass die Instandsetzungspflicht den Nutzungsberechtigten trifft, sofern nicht der Unterhaltungspflichtige erklärt hat, die Instandsetzung selbst vornehmen zu wollen. Die Vorschrift rechtfertigt die Annahme, dass der Gesetzgeber in den Fällen, in denen er zulassen wollte, dass eine bestimmte Pflicht im Zusammenhang mit der Benutzung der Verkehrswege durch Telekommunikationslinien nicht nur von dem Nutzungsberechtigten, sondern auch von dem Unterhaltungspflichtigen erfüllt werden kann, dies ausdrücklich geregelt hat. Hiernach erweist sich das Fehlen einer solchen Regelung in § 53 Abs.3 TKG als deutlicher Hinweis darauf, dass dies Ausdruck einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung ist.

7

Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes streitet ebenfalls dafür, § 53 Abs.3 TKG als abschließende Regelung anzusehen. Den Materialien zum Telekommunikationsgesetz ist zu entnehmen, dass sich die Vorschriften über die Rechtsbeziehungen zwischen den Nutzungsberechtigten und Wegeunterhaltungspflichtigen an den entsprechenden Bestimmungen des Telegraphenwege-Gesetzes (TWG) vom 18. Dezember 1899 (RGBl S.705) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.April 1991 (BGBl I S.1053) ausrichten. Sie sind "dem Telegraphenwegegesetz entnommen", dessen Bestimmungen nach dem Willen des Gesetzgebers insoweit "unverändert fortgelten" sollen (vgl BTDrucks 13/3609 S. 50). § 53 Abs.3 TKG deckt sich vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund hinsichtlich seines Regelungsgehaltes mit dem im Wesentlichen wortgleichen § 3 Abs.3 TWG. Es liegt insoweit nicht anders als für das Verhältnis von § 53 Abs.1 TKG zu § 3 Abs.1 TWG (vgl dazu Urteil vom 1.Juli 1999 BVerwG 4 A 27.98 BVerwGE 109,192). Nach § 3 Abs.3 TWG oblag es der Deutschen Bundespost TELEKOM, die gebotenen Änderungen an der Fernmeldelinie auf ihre Kosten zu bewirken. Der Verkehrswegeunterhaltungspflichtige war dazu nicht berechtigt (vgl Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen, § 3 TWG Anm.10; vgl auch Hotz, Telegraphenwege-Gesetz, 1910, § 3 Anm.15; Schelcher, Das Telegraphenwege-Gesetz, 1900, § 3 Anm.3). Genauso wie bei § 53 Abs.3 TKG ließ es die Bestimmung nicht zu, auch den Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen als berechtigt anzusehen, Arbeiten an der Fernmeldelinie zu veranlassen. Es handelte sich insoweit nicht um eine den Absichten des Gesetzgebers zuwiderlaufende planwidrige Lücke. Die Rechtslage berücksichtigte nämlich die Interessen des Wegeunterhaltungspflichtigen an der Durchsetzung der Verpflichtung nach § 3 Abs.3 TWG gegenüber dem Nutzungsberechtigten. So wurde in dem die Ursprungsfassung des Gesetzes betreffenden Schrifttum darauf hingewiesen, die "Telegraphenwegeverwaltung" sei gegebenenfalls durch polizeiliche Verfügung anzuhalten, die ihr nach § 3 Abs.3 TWG obliegende Pflicht zur Beseitigung oder Änderung der "Telegraphenlinie" zu erfüllen (vgl. v. Rohr, Das Telegraphenwege Gesetz, 1900, § 3 Anm.2 ). Die Möglichkeit des Erlasses einer polizeilichen Verfügung gegenüber der "Telegraphenwegeverwaltung" war auch im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden (vgl Bericht der XIV.Kommission über den Entwurf eines Telegraphenwege-Gesetzes, 10.Legislatur-Periode, I.Session 1898/1900, Drucksache Nr.498 S.33 f). Im Schrifttum wurde auch darauf hingewiesen, der Wegeunterhaltungspflichtige könne die in Rede stehende Pflicht gegenüber der "Telegraphenwegeverwaltung" gerichtlich durchsetzen (vgl Hotz, aaO, § 3 Anm.15 in Verbindung mit Anm.9). Die Möglichkeit einer gerichtlichen Durchsetzung war ebenfalls bereits im Gesetzgebungsverfahren angesprochen worden (vgl Bericht der XIV.Kommission, aaO, S.6). Dies verdeutlicht, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass der Wegeunterhaltungspflichtige die Pflicht des § 3 Abs.3 TWG durchzusetzen in der Lage sein muss. Wenn er sich gleichwohl nicht dafür entschieden hat, dem Unterhaltungspflichtigen im Rahme des Telegraphenwegegesetzes kein eigenes Recht zur Ausführung der Arbeiten zu verleihen, verbietet sich auch aus Gründen der Entstehungsgeschichte die Annahme, das Fehlen eines solchen Rechts habe eine planwidrige Lücke dargestellt. Weil der Gesetzgeber in § 53 Abs.3 TKG den Regelungsgehalt des 3 Abs.3 TWG übernehmen wollte, gilt dies auch für § 53 Abs.3 TKG.

8

Aus Sinn und Zweck des § 53 Abs.3 TKG ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass das Fehlen eines eigenen Rechts des Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen der Absicht des Gesetzgebers zuwiderläuft. Die Bestimmung ergänzt die Regelung des § 52 TKG über das Gebot der Rücksichtnahme des Nutzungsberechtigten auf die Unterhaltung und den Widmungszweck des von einer Telekommunikationslinie in Anspruch genommenen Verkehrsweges. Den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes über die Benutzung der Verkehrswege ist ebenso wie den Vorgängerbestimmungen des Telegraphenwegegesetzes der Grundsatz zu entnehmen, dass im Fall eines Konflikts zwischen den Interessen an der Nutzung des Verkehrsweges durch eine Telekommunikationslinie und den von dem Wegeunterhaltungspflichtigen repräsentierten Interessen an einer der Widmung entsprechenden Nutzung des Verkehrsweges den zuletzt genannten Belangen der Vorrang einzuräumen ist (vgl Urteil vom 20.Mai 1987 BVerwG 7 C 78.85 BVerwGE 77,276 ). § 53 Abs.3 TKG setzt diesen Grundsatz in seinem Anwendungsbereich in der Weise um, dass er im Interesse der Allgemeinheit an dem Weg als Verkehrsvermittler eine Pflicht begründet, die Telekommunikationslinie anzupassen. Damit geht das Interesse einher, dass die insoweit gebotenen Arbeiten sachgerecht ausgeführt werden. Indem § 53 Abs.3 TKG ausschließlich den zur Nutzung des Verkehrsweges mit einer Telekommunikationslinie Berechtigten verpflichtet und berechtigt, die gebotenen Maßnahmen ins Werk zu setzen, verfolgt er auch den Zweck, dass die gebotenen Arbeiten sachgerecht durchgeführt werden. Der Nutzungsberechtigte verfügt im Vergleich zum Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen über größere Erfahrung und Sachkunde im Zusammenhang mit Arbeiten an Telekommunikationslinien. Auch dieser Gesichtspunkt streitet dafür, die Regelung als abschließend anzusehen. Soweit § 53 Abs.1 TKG als Rechtsfolge neben der Änderung der Telekommunikationslinie auch deren Beseitigung vorsieht, liegt das vorrangige Interesse des Nutzungsberechtigten an der Abwehr eigenmächtiger Eingriffe des Unterhaltungspflichtigen in die Anlage ohnehin auf der Hand.

9

Dem Oberverwaltungsgericht ist nicht darin zu folgen, gegen den abschließenden Charakter des § 53 Abs.3 TKG spreche, dass anderenfalls dem Unterhaltungspflichtigen nur die Möglichkeit bliebe, die Erfüllung der Pflicht aus § 53 Abs.3 TKG gegenüber dem Nutzungsberechtigten gerichtlich durchzusetzen; aus diesem Grund sei anzunehmen, der Gesetzgeber habe die damit verbundene unabsehbare zeitliche Verzögerung nicht in Kauf nehmen wollen. Selbst wenn die dieser Erwägung zugrunde liegende Annahme zutreffen sollte, dass der Erlass eines Verwaltungsakts zur Durchsetzung der in Rede stehenden Pflicht mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht kommt, ist der Hinweis auf den mit gerichtlichem Rechtsschutz verbundenen Zeitverzug nicht geeignet, das Vorliegen einer planwidrigen Lücke zu begründen. Bereits im Zusammenhang mit der Vorgängervorschrift des § 3 Abs.3 TWG war auf die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes hingewiesen worden. Der Zeitraum, den ein solches Verfahren notwendig beansprucht, hat weder den Gesetzgeber des Telegraphenwegegesetzes noch denjenigen des Telekommunikationsgesetzes veranlasst, ein eigenes Recht des Wegeunterhaltungspflichtigen vorzusehen. Davon abgesehen sind die Verwaltungsgerichte mit Blick auf das Gebot der Gewährung des effektiven Rechtsschutzes (Art.19 Abs.4 GG) gehalten, Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit zu gewähren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.Dezember 1980 2 BvR 419/80 BVerfGE 55,349). Dem hat das Verwaltungsgericht Rechnung zu tragen, wenn es von einem Verkehrswegeunterhaltungspflichtigen mit der Klage oder mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs.1 VwGO mit dem Ziel angerufen wird, die Erfüllung der dem Nutzungsberechtigten nach § 53 Abs.3 TKG obliegenden Pflicht durchzusetzen."

 

Auszug aus BVerwG B, 28.03.03, - 6_B_22.03 -,

§§§

03.007 Anbieterkennzeichnung
 
  1. LG Frankf,     U, 28.03.03,     – 3-12_O_151/02 –

  2. JurPc = aufrecht.de = MMR_03,597 = GRUR-RR_03,347

  3. TDG_§_6; UWG_§_1

 

1) Auch bei im Ausland registrierten Teledienste-Anbietern besteht das Interesse des Verbrauchers, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische Gesellschaft unterliegt und wie die Vertretungsverhältnisse gestaltet sind. Daher müssen auch in diesen Fällen das ausländische Register und die Registernummer offengelegt werden.

 

2) Der Verstoß gegen § 6 TDG stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß gegen § 1 UWG dar, da die Vorschriften des § 6 TDG dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten dienen. Es handelt sich um wertbezogene Normen, deren Verletzung die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründet. (LS JurPC)

§§§

03.008 Unbefugtes Kopieren
 
  1. BVerwG,     U, 02.04.03,     – 2_WD_21.02 –

  2. www.BVerwG.de = lexetius.com = NVwZ-RR_04,47 -48 = ZBR_04,359 -60

  3. GG_Art.1 Abs.3, GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.17a; SG_§_6 S.1+ 2, SG_§_10 Abs.1, SG_§_10 Abs.4, SG_§_7, SG_§_11 Abs.1 S.1 +2, SG_§_12, SG_§_17 Abs.1, SG_§_17 Abs.2 S.1, SG_§_29; BDSG_§ 1 Abs.3 S.1; ZDv_20/6

  4. Innendienstbearbeiter B / Kompaniefeldwebel / unbefugtes Kopieren von Personalunterlagen / allgemeines Persönlichkeitsrecht / Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Abs.2

Zur Maßnahmebemessung bei unbefugtem Fotokopieren von Personalnebenakten durch einen Kompaniefeldwebel, dem Personalunterlagen anvertraut sind.

Abs.3

LB 2) § 29 SG regelt bereichsspezifisches Datenschutzrecht, das den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes vorgeht.

Abs.7

LB 3) Zum Maß der Schuld.

* * *

T-03-04Personalakten: unbefugtes Kopieren

2

"a) Wie die Truppendienstkammer zutreffend festgestellt hat, liegt der Schwerpunkt des Dienstvergehens in dem unbefugten Fotokopieren der Personalnebenakten. Eigenart und Schwere des Dienstvergehens ergeben sich aus dem gesetzwidrigen Umgang des Soldaten mit Daten. Der Soldat hat im Kernbereich seiner Pflichten als Innendienstbearbeiter B versagt, da ihm die Personalakten anvertraut waren. Wiederholt hat er in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingegriffen (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG), indem er unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, verwendet hat. Das durch Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte preisgegeben und verwendet werden (BVerfG, Urteil vom 15.Dezember 1983 1 BvR 209/83 ).

3

Soldaten haben gemäß Art.1 Abs.3 GG iVm § 6 Satz 1 SG vorbehaltlich von Einschränkungen nach Art.17a GG und § 6 Satz 2 SG die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger, sodass auch ihnen das durch Art.1 Abs.1 iVm Art.2 Abs.1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung zusteht. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann nur durch Gesetz eingeschränkt werden (BVerfG aaO). Für den Bereich der Soldaten ist § 29 SG insoweit einschlägig. Es handelt sich um bereichsspezifisches Datenschutzrecht, das den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes vorgeht (§ 1 Abs.3 Satz 1). Nach § 29 Abs.1 Satz 1 SG ist eine Personalakte vertraulich zu behandeln und vor unbefugter Einsicht zu schützen. Nach § 29 Abs.1 Satz 4 dürfen Personalaktendaten ohne Einwilligung des Soldaten nur für die in der Vorschrift aufgeführten Zwecke verwendet werden. Die dienstlichen Zwecke sind im Gesetz abschließend aufgeführt. Die Verwendung personenbezogener Daten für die Erstellung einer Staffelchronik ist in § 29 SG nicht zugelassen. Das Kopieren und die Aufbewahrung der Kopien in dem dem Dienstherrn nicht bekannten "Spießkeller" entsprach nicht der gesetzlichen Zweckbestimmung. Für die Staffelchronik waren jedenfalls Kopien von Beurteilungen und anderen personenbezogenen Daten nicht erforderlich.

4

Ein Soldat, dem Personalunterlagen anvertraut sind, und der unter Missachtung der in § 29 SG, in der Soldatenpersonalaktenverordnung und in der ZDv 20/6 aufgestellten Regeln, die dem Schutz des Persönlichkeitsrechts dienen, ohne Wissen seiner Vorgesetzten Personalnebenakten vollständig kopiert bzw kopieren lässt und diese Kopien an einer Stelle lagert, wo sie der Dienstaufsicht seiner Vorgesetzten weitestgehend entzogen sind, lässt einen nicht unerheblichen Mangel an Rechts und Pflichtbewusstsein sowie an Zuverlässigkeit erkennen. Außerdem stellt die Nr.1304 ZDv 20/6 für ihn einen Befehl dar. Auch wenn die vorgenannten Bestimmungen an keiner Stelle "expressis verbis" das Kopieren von Personalnebenakten verbieten, ergibt sich dieses Verbot ohne weiteres aus dem Gebot der vertraulichen Behandlung und dem Verbot der Verwendung zu anderen als den gesetzlich vorgesehenen dienstlichen Zwecken.

5

... (Abs.5)

6

b) Das Dienstvergehen hatte nicht unerhebliche Auswirkungen:

7

c) Das Maß der Schuld als Richtlinie für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bestimmt sich vorliegend nach der vorsätzlichen Verhaltensweise des Soldaten und der Dauer des Tatzeitraumes von ca zweieinhalb Jahren. Wie bereits die Truppendienstkammer hervorgehoben hat, wusste der Soldat als Innendienstbearbeiter B, dass man zur Erstellung einer Staffelchronik weder dienstliche Beurteilungen noch ärztliche Eignungsfeststellungen und schon gar keine Disziplinarmaßnahmen negativer Art benötigt. Gerade hinsichtlich der Unterlagen über die gegen einen weiblichen Stabsunteroffizier verhängte einfache Disziplinarmaßnahme war ihm bewusst, dass er durch das Anfertigen einer "wilden" Kopie und deren Aufbewahrung die Tilgungsregeln, deren offizielle Überwachung zu seinen ureigensten Dienstpflichten als Verwalter des Disziplinarbuchs gehört, unterlief.

8

d) Soweit sich der Soldat dahingehend eingelassen hat, er habe die Kopiensammlung angelegt, um die Staffelchronik fortzuführen, lässt dieser Beweggrund das Dienstvergehen nicht in einem milderen Licht erscheinen, da das Kopieren offenkundig außerhalb eines dienstlichen Zwecks lag, denn zur Erstellung einer Staffelchronik werden weder dienstliche Beurteilungen noch Unterlagen über ärztliche Eignungsfeststellungen oder gar Disziplinarmaßnahmen benötigt. ..."

 

Auszug aus BVerwG U, 02.04.03, - 2_WD_21.02 -,

§§§

03.009 Rufnummernzuteilung I
 
  1. BVerwG,     U, 30.04.03,     – 6_C_4.02 –

  2. www.BVerwG.de = lexetius.com = BVerwGE_118,123 -28 = K&R_03,474 -77 = MMR_03,613 -15 = DVBl_04,194 -96 = CR_03,909

  3. TKG_§_43 Abs.3 S.4; VwKostG_§_3; TNGebV_§_1 iVm B.4 der Anlage zu § 1 Richtlinie 97/13/EG Art.11 Abs.1 S.1

  4. Gebühren für Rufnummernzuteilung / Äquivalenzprinzip / Kostendeckungsprinzip.

 

Eine Verwaltungsgebühr verletzt das bundesverfassungsrechtliche Äquivalenzprinzip, wenn ihre Höhe die Kosten des Verwaltungsaufwandes um etwa das 4 444 fache übersteigt.

§§§

03.010 Rufnummernzuteilung II
 
  1. BVerwG,     B, 30.04.03,     – 6_C_3.02 –

  2. www.BVerwG.de = lexetius.com = CR_04,106 -14

  3. EG_Art.234 Abs.1a, Abs.3; Richtlinie 97/13/EG Art.11; TKG_§_43 Abs.1 S.4 TKG_§_43 Abs.3 S.1, S.2, S.4, TKG_§_43 Abs.4; TKG_§_97; TNGebV_§_1; TNGebV_§_3; VwKostG_§_15 Abs.2

  4. Gebühr für Rufnummernzuteilung im Ortsnetzbereich / Verfassungsmäßigkeit einer Verordnungsermächtigung / Kostendeckungszweck / Vorteilsabschöpfungszweck / Lenkungszweck / Begriff "knappe Ressourcen" im Sinne von Art.11 Abs.2 Satz 1 der Lizenzierungsrichtlinie / Äquivalenzprinzip / Aussetzung des Rechtsstreits und Einholung einer Vorabentscheidung.

 

1) Rufnummern im Ortsnetzbereich sind "knappe Ressourcen" im Sinne von Art.11 Abs.2 Satz 1 der Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10.April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste.

 

2) Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass für die Zuteilung von Rufnummern im Ortsnetzbereich eine Gebühr erhoben wird, deren Höhe auch den wirtschaftlichen Wert der zugeteilten Nummern berücksichtigt.

 

3) Es wird eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu folgenden Fragen eingeholt: a) Ist die Richtlinie 97/13/EG dahin zu verstehen, dass für die Zuteilung von Rufnummern durch die nationale Regulierungsbehörde eine den wirtschaftlichen Wert der zugeteilten Nummern berücksichtigende Gebühr erhoben werden darf, obwohl ein auf demselben Markt tätiges und dort eine marktbeherrschende Stellung innehabendes Telekommunikationsunternehmen von seinem Rechtsvorgänger, dem ehemaligen staatlichen Monopolunternehmen, kostenlos Rufnummern in sehr großem Umfang übernommen hat und eine nachträgliche Heranziehung zu Gebühren für diesen Altbestand aus Gründen des nationalen Rechts ausscheidet?

 

Bei Bejahung von Frage 1: b) Dürfen bei einer solchen Fallgestaltung die in den Markt neu eintretenden Unternehmen unabhängig von der Höhe ihrer sonstigen Markteintrittskosten und ohne eine hieran anknüpfende Analyse ihrer Wettbewerbschancen gegenüber dem marktbeherrschenden Unternehmen für die Zuteilung einer Rufnummer mit einer einmaligen Gebühr in Höhe eines be- stimmten Prozentsatzes (hier 0,1 %) des geschätzten Jahresumsatzes belastet werden, der im Fall der Weitergabe der Rufnummer an einen Endkunden erzielt werden kann?

§§§

03.011 Presseerklärung
 
  1. VG Saarl,     U, 23.06.03,     – 1_K_129/02 –

  2. NJW_03,3431 -35

  3. GG_Art.2 Abs.1; AO_§_30; SMG_§_5

 

1) Zur Verletzung des Steuergeheimnisses auf Grund einer Presseerklärung der Staatsanwaltschaft.

§§§

03.012 Polygraph im Zivilverfahren
 
  1. BGH,     B, 24.06.03,     – VI_ZR_327/02 –

  2. www.BGH.de = JurPc = JurPc Web-Dok-213/2003

  3. ZPO_§_286

 

1) Durch die Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs ist auch für das Zivilverfahren höchstrichterlich geklärt, daß die polygraphische Untersuchung (Lügendetektor) mittels Kontrollfragen und - jedenfalls dann, wenn der Beweisführer zum Zeitpunkt des Tests bereits von den Ermittlungsergebnissen Kenntnis hatte - auch mittels Tatwissenstests ein völlig ungeeignetes Beweismittel ist.

 

2) Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten) ist nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Untersuchten, sondern die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen. Daher muß ein solches Gutachten nicht eingeholt werden, wenn der Beweisführer die Behauptungen des Prozeßgegners nur bestreitet.

§§§

03.013 Wirtschaftsauskunftei
 
  1. BGH,     B, 24.06.03,     – VI_ZR_3/03 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_03,1227 -28 = MDR_03,1110 -11 = NJW_03,2904 -05 = JZ_03,572 = MDR_03,1110 -11 = WM_03,1667 -68 =

  3. BDSG_§_29, BDSG_§_35 Abs.2 Nr.4

 

Angabe einer Wirtschaftsauskunftsdatei, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, sind für das Kreditgewerbe erforderlich und vom Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen.

 

LB 2) Nach § 35 Abs.2 Nr.4 BDSG hat jeweils zum Ende des vierten Kalenderjahres beginnend mit der erstmaligen Speicherung eine Prüfung zu erfolgen, ob eine länger währende Speicherung noch erforderlich ist, anderenfalls sind die Daten zu löschen.

§§§

03.014 Netzzugang
 
  1. BVerwG,     U, 25.06.03,     – 6_C_17.02 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = VerwGE_118,226 -41 = K&R_04,38 -44 = CR_03,738 -42 = MMR_03,734 -39 NVwZ_04_233 -37 = NJW_04,1122

  3. GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.14 Abs.1, GG_Art.14 Abs.2, GG_Art.87 f Abs.2; TKG_§_3 Nr.9, TKG_§_3 Nr.12, TKG_§_3 Nr.16, TKG_§_3 Nr.19, TKG_§_3 Nr.24, TKG_§_25 Abs.1, TKG_§_25 Abs.2, TKG_§_30 Abs.2, TKG_§_33 Abs.1, TKG_§_35 Abs.1 TKG_§_35 Abs.5 S.1, TKG_§_39; VwGO_§_42 Abs.1; RL-97/33/EG;

  4. Telekommunikation / Prüfung von Verfahrensfehlern bei Sprungrevision / feststellender Verwaltungsakt / "isolierte" Anfechtungsklage / Zusammenschaltung / Anspruch auf Gewährung von Netzzugang / Genehmigungspflicht von Entgelten für die Gewährung eines Netzzugangs / Berufsausübungsfreiheit / Eigentumsfreiheit.

 

1) Der Anspruch auf Gewährung von Netzzugang nach § 35 Abs.1 Satz 1 TKG erstreckt sich jedenfalls grundsätzlich auch auf alle in dem verbundenen fremden Netz enthaltenen Leistungsmerkmale.

 

2) Die Pflicht nach § 39 1.Alt TKG zur Genehmigung der Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 TKG bezieht sich auf die Entgelte für alle Leistungen, auf die nach § 35 Abs.1 Satz 1 TKG ein Anspruch besteht.

§§§

03.015 Telefonischer Auskunftsdienst
 
  1. BGH,     U, 03.07.03,     – I_ZR_211/01 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHZ_155,301 -06 = BGHR_03,1343 -44 = CR_03,816 -17 = GRUR_03,971 -73 = MMR_03,783 -84 = NJW_03,3343 -45 = WM_04,43 -46

  3. UWG_§_1; PAngV_§_1 Abs.1 S.1, PAngV_§_4 Abs.4, PAngV_§_5 Abs.1 S.3, PAngV_§_9 Abs.1 Nr.4; BGB_§_312c Abs.1 S.1 Nr.1; BGB-InfoV_§_1 Abs.1 Nr.6; TKG_§_41; TKV_§_27 Abs.1

 

1) Das für Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen gemäß § 27 Abs.1 der Telekommunikations- Kundenschutzverordnung bestehende Erfordernis, die von den Endkunden verlangten Entgelte zu veröffentlichen, ändert nichts an deren nach den sonstigen Vorschriften bestehenden Verpflichtung zur Angabe von Preisen.

 

2) Die im Zusammenhang mit der Werbung eines Anbieters einer Telekommunikationsdienstleistung erfolgende Angabe der anzuwählenden Telefonnummer stellt ein Leistungsangebot iS des § 1 Abs.1 Satz 1 Fall 1 PAngV dar.

 

3) Werbesendungen im Fernsehen stellen keine nach § 9 Abs.1 Nr.4 PAngV ohne Angabe von Preisen zulässigen mündlichen Angebote dar.

 

d) Die Bestimmungen der Preisangabenverordnung weisen Wettbewerbsbezug auf, weshalb Verstöße gegen sie zugleich den Tatbestand des § 1 UWG erfüllen.

 

e) Werbesendungen im Hörfunk stellen nach § 9 Abs.1 Nr.4 PAngV ohne Angabe von Preisen zulässige mündliche Angebote dar und lösen auch keine Informationspflicht nach § 312c Abs.1 Satz 1 Nr.1 BGB iVm § 1 Abs.1 Nr.6 BGB-InfoV aus.

§§§

03.016 Presseerklärung
 
  1. VG Saarl,     U, 11.07.03,     – 1_K_129/02 –

  2. NStZ_04,463 -64

  3. GG_Art.2 Abs.1; AO_§_30; SMG_§_5

Abs.1

LF 1) Eine Presseerklärung der Staastanwaltschaft zur Anklageerehebung in einem Steuerstrafverfahren, die unter namentlicher Bezeichnung des Beschuldigten konkrete Angaben über im Ausland geführte Konten, die Höhe des angeblichen Hinterziehungsdelikte enthält, ist als Durchbrechung des Steuergeheimnisses grundsätzlich rechtswidrig; etwas anderes gilt nur dann, wenn im Einzelfall ein zwingendes öffentliches Interesse an der Preisgabe der mitgeteilten Erkenntnisse besteht.

Abs.2

LF 2) Zur Zulässigkeit der Namensnennung im Presseerklärungen zu Ermittlungsverfahren (hier: wegen des Vorwurfs der Untreue gegen den ehemaligen Leiter einer stadteigenen GmbH im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit).

Abs.3

LB 3) Zum Auskunftsermessen nach § 5 Abs.2 SMG.

* * *

T-03-05Offenbarung von Steuererkenntnissen

1

"Nach § 30 IV AO ist die Offenbarung von Steuerkenntnissen zulässig, soweit sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist (Nr.2) oder für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht (Nr.5). Der Anwendung des § 30 IV Nr.2 AO auf den vorliegenden Fall steht schon entgegen, dass das SaarlMedienG eine ausdrückliche Ausnahme vom Steuergeheimnis nicht enthält. Wenn in § 30 VI Nr.2 AO die Offenbarung eines unter das Steuergeheimnis fallenden Verhältnisses für zulässig erklärt wird, soweit sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist, kann der Auskunftsanspruch aus § 5 I SaarlMedienG nicht als eine die Offenbarung zulassende Gesetzesbestimmung betrachtet werdenn. Das Landesmediengesetz ordnet nämlich, wie sich aus § 5 II SaarlMedienG Nr.2 ergibt, den Auskunftsanspruch der Presse den Geheimhaltungsbestimmungen nach und nicht, wie es § 30 IV Nr.2 AO voraussetzt, vor (vgl OLG Hamm, NJW_81,356)...."

2

"Es kann aber Fälle geben, in denen das Steuergeheimnis des § 30 AO in einem bestimmten Umfang zurückzutreten hat, weil insoweit wegen § 30 IV Nr.5 AO der Anspruch der Presse aus § 5 I SaarlMedienG Vorrang genießt. Gemäß § 30 IV Nr.5 ist die Offenbarung der gemäß Abs.2 erlangten Kenntnisse zulässig, soweit hierfür ein zwingendes öffentliches Interesse besteht. Der Begriff ist im Gesetz nicht definiert; dieser enthält, wie sich aus dem Wort "namentlich" ergibt nur Beispielsfälle. Durch diese wird jedoch ein gewisser Anhaltspunkt dafür geliefert, von welchen Vorstellungen der Gesetzgeber hinsichtlich des Begriffs des zwingenden öffentlichen Interesses ausgegangen ist (OLG Hamm aaO). Die 3 Fallgruppen in § 30 IV Nr.5 a-c AO sind insofern als Auslegungsrichtlinien anzusehen, als auch bei anderen Sachverhalten dann die Annahme eines zwingenden öffentlichen Interesses geboten ist, wenn sie in ihrer Bedeutung einem der in § 30 IV Nr.5 AO erwähnten Fälle vergleichbar sind (OLG Hamm aaO). Ein zwingendes öffentliches Interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn bei Unterbleiben der Mitteilung die Gefahr bestünde, dass schwere Nachteile für das allgmeine Wohl des Bundes, eines Landes oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft eintreten würden (OLG Hamm aaaO, mwN)..."

3

"Der Wortlaut des § 5 II SMG gibt der Behörde selbst bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen ein Ermessen, die Auskunft dennoch zu erteilen oder sie zu verweigern (Vg Berlin NJW_01,3799); Löffler/Ricker PresseR, 4.Aufl, Kap.20 Rd.2). Der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz des Betroffenen steht aber trotz des eingeräumten Ermessens einer umfassenden Auskunft der Presse dann entgegen, wenn ein Fall des § 5 II SMG in Form der Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften gegeben ist. ...

Es ist ... von dem in § 5 II SMG eingeräumten Ermessen der Staatsanwaltschaft nicht (mehr) gedeckt, dann wenn Geheimhaltungsvorschriften entgegenstehen oder der Betroffene sich auf überwiegende private Belange berufen kann, die Presse dennoch von den Steuerdelikten unter Angabe von Dauer der Taten, angeblich hinterzogenen Beträgen und weiterer Details umfassend informierte...."

 

Auszug aus VG Saarl U, 11.07.03, - 1_K_129/02 -, NStZ_04,463,  S.464

§§§

03.017 Telekommunikationslinie
 
  1. BVerfG,     B, 15.07.03,     – 2_BvF_6/98 –

  2. www.BVerfG.de = JURION = BVerfGE_108,169 -85 = DVBl_03,1163 = DöV_03,902 -04 = JuS_04,247 = K&R_03,467 -71 = MMR_03,664 -67 = NVwZ_03,1497 -99

  3. GG_Art.30, GG_Art.86, GG_Art.87f Abs.2; TKG_§_50 Abs.4

 

Der Gesetzgeber muss bei Regelungen zur Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten nach Art.30 und Art.83 ff GG die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen.

 

LB 2) § 50 Abs.4 TKG ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Die Regelung über die Zuständigkeit für die Erteilung der Zustimmung in § 50 Abs.4 TKG verstößt gegen Art.30 in Verbindung mit Art.86, Art.87f Abs.2 Satz 2 GG.

 

LB 3) In § 50 Abs.3 TKG geht der Gesetzgeber von einem eher engen Verständnis des Begriffs "Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation" aus. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Verwaltung jedenfalls der Landes- und Gemeindestraßen grundsätzlich Sache der Länder und Kommunen ist, überträgt er die Entscheidungen über die Zustimmung zur Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien den jeweiligen Wegebaulastträgern. Im Einklang auch mit Art.30 GG erklärt der Gesetzgeber die Länder und Kommunen ganz überwiegend für zuständig für solche Entscheidungen und ordnet diese prinzipiell dem Bereich der Straßenverwaltung zu.

* * *

Beschluss

Entscheidungsformel:

§ 50 Absatz 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 25.Juli 1996 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1120) ist mit Artikel 30 in Verbindung mit den Artikeln 86 und 87f Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

§§§

03.018 besonderer Netzzugang
 
  1. BVerwG,     U, 16.07.03,     – 6_C_19.02 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = NVwZ_04,237 -40 = CR_04,20 -31 = K&R_04,44 -48 = MMR_04,50 -52

  3. GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.87f Abs.2; TKG_§_25 Abs.1, TKG_§_35 Abs.1, TKG_§_35 Abs.5 S.1 + S.2, TKG_§_39 1.Alt; VwGO_§ 113 Abs.1 S.4; NZV_§_6 Abs.5; Zusammenschaltungsrichtlinie RL-97/33/EG;

  4. Telekommunikation / Umstellen eines Verpflichtungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag in der Revisionsinstanz keine Klageänderung / Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags / Entgeltregulierung nach § 39 1.Alternative TKG / "besonderer" Netzzugang / Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit auf einzelvertraglich vereinbarte Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs / Berufsausübungsfreiheit.

 

Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs sind nach § 39 1.Alternative TKG nur dann genehmigungsfähig, wenn sie einzelvertraglich vereinbart worden sind.

§§§

03.019 Zeitbestimmung
 
  1. BGH,     B, 24.07.03,     – VII_ZB_8/03 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_03,1365 -67 = K&R_03,571 -73 = MDR_04,46 -47 = MMR_03,719 = NJW_03,3487 -88 = VersR_04,648 -50 = WM_04,648 -50

  3. ZeitG_§_1, ZeitG_§_2; TKV_§_5 Nr.1, TKV_§_5 Nr.3

  4. Rechtsbeschwerde-erfolgreiche

 

1) Maßgeblich für die Zeitbestimmung, die erforderlich ist, um die Einhaltung von prozessualen Fristen zu beurteilen, ist die gesetzliche Zeit im Sinne von §§ 1 und 2 des Gesetzes über die Zeitbestimmung vom 25. Juli 1978 (BGBl.I 1110, ber. 1262).

 

2) Zur Bedeutung des Zeitnachweises in Abrechnungen von Telekommunikationsverbindungen der Telekom für die Ermittlung der gesetzlichen Zeit, wenn die Zeitangabe der Abrechnung von der Zeitangabe eines gerichtlichen Telefaxgerätes abweicht.

 

LB 3) Die Telekom ist gemäß § 5 Nr.1 TKV verpflichtet für die Abrechnung zeitabhängiger Verbindungen am Zeitnormal zu ermitteln und dies durch ein Qualitätssicherungssystem nach § 5 Nr.3 sicherzustellen. Es spricht deshalb alles dafür, daß eine nach diesen Grundsätzen ermittelte Sendezeit dem amtlichen Zeitnormal entspricht.

§§§

03.020 Zahnarztwerbung-Internet
 
  1. BVerfG,     B, 26.08.03,     – 1_BvR_1003/02 –

  2. www.BVerfG.de = JURION = NJW_03,3470 -72 = DVBl_03,1398 -01 = MDR_03,R8

  3. GG_Art.12 Abs.1; ZÄ-BO_§_20 Abs.3

 

LB 1) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass dem Arzt nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung verboten ist (vgl BVerfGE_71,162 <174>). Für interessengerechte und sachangemessene Information, die keinen Irrtum erregt, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben (vgl BVerfGE_82,18 <28>).

 

LB 2) Die Wahl des Mediums Internet rechtfertigt es nicht, die Grenzen für die erlaubte Außendarstellung von Ärzten enger zu ziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass ein zur Selbstdarstellung gewähltes Medium für sich betrachtet nicht die Unzulässigkeit der Werbung begründen kann (vgl BVerfGE_94,372 <392 f>). Dies gilt für die Werbung im Internet umso mehr, als eine Homepage eine passive Darstellungsplattform ist, die sich nicht unaufgefordert potentiellen Patienten aufdrängt, sondern im Gegenteil von diesen erst aktiv aufgerufen werden muss

 

LB 3) Dem Arzt, der ein bestimmtes Fremdprodukt bewirbt, geht es regelmäßig weder um die Gesundheitsinteressen der Patienten noch um zulässige Informationen über eigene Leistungen. Er erweckt den Anschein, zugunsten der durch ihn beworbenen Fremdfirma zu handeln, also gewerbliche Interessen zu fördern (vgl VG Münster, MedR 1999, S.146 <148>); es besteht sogar die erhebliche und begründete Gefahr, dass der Bevölkerung der Eindruck vermittelt wird, der Arzt verbinde mit diesem Verhalten finanzielle Interessen.

 

LB 4) Die im Internet geschaltete Werbung ist weder im Hinblick auf die Informationen über die Auslandsaufenthalte der Zahnärzte noch in Bezug auf die Angabe der Anzahl der in der Praxis schon behandelten Patienten sowie die Angaben über die Zugehörigkeit der Beschwerdeführer zu bestimmten berufsbezogenen Zusammenschlüssen (etwa der Deutschen Gesellschaft für Implantologie ... eV) berufswidrig. Diese Informationen geben Auskunft über den beruflichen Werdegang und die Praxiserfahrungen der Zahnärzte; sie zeigen auf, dass die Beschwerdeführer sich Möglichkeiten eröffnet haben, Informationen über Neuentwicklungen zu beziehen und eine gewisse Nach- und Weiterbildung zu betreiben. Dies zu erfahren, hat ein Patient ebenfalls ein legitimes Interesse.

 

LB 5) Nicht mit Art.12 Abs.1 GG vereinbar ist auch die Beanstandung des Hinweises auf das Beherrschen des einheimischen Dialekts. Die Werbung mit Fremdsprachenkenntnissen wird nach § 20 Abs.3 BO vom Satzungsgeber zu Recht als sachangemessen beurteilt, weil die ärztliche Tätigkeit auf eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Patienten angewiesen ist. Für die vertrauenbildende Verständigung auf der Grundlage der örtlichen Sprechweise gilt insoweit nichts anderes.

§§§

03.021 Sozialgeheimnis
 
  1. BVerwG,     U, 04.09.03,     – 5_C_48.02 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = BVerwGE_119,11 -16 = DöV_04,532 -34 = DVBl_04,442 -44 = NJW_04,1543 -44 = NVwZ_03,1226 -27 = JuS_04,1121

  3. GG_Art.2 Abs.1 iVm GG_Art.1 Abs.1; SGB-I_§_35; SGB-X_§_25, SGB-X_§_67 bis SGB-X_§_78, SGB-X_§_83; VwGO_§_99 Abs.2

  4. Akteneinsicht / Auskunftsanspruch / Behördeninformantin, Pflicht zur Benennung des Namens einer - / Bekanntgabe des Namens einer Behördeninformantin / Benennung des Namens einer Behördeninformantin / Bezichtigung, leichtfertige oder wider besseres Wissen / informationelle Selbstbestimmung, Recht auf - / Recht auf informationelle Selbstbestimmung / Schutz von Sozialdaten für Behördeninformantin / Sozialdatenschutz.

Abs.27

1) Die personenbezogenen Daten eines Behördeninformanten, der einem Sozialhilfeträger unaufgefordert Informationen über einen Leistungsempfänger übermittelt hat, sind durch das Sozialdatengeheimnis geschützt (entsprechend der Rechtsprechung des BFH zum Steuergeheimnis).

Abs.29

2) Die Entscheidung über eine Preisgabe des Namens eines Behördeninformanten an den betreffenden Leistungsempfänger im Wege der Akteneinsicht oder Auskunftserteilung erfordert eine Güterabwägung zwischen den in § 25 Abs.3 bzw § 83 Abs.4 SGB X genannten Geheimhaltungsinteressen und dem Auskunftsinteresse des Betroffenen. Das Geheimhaltungsinteresse eines Behördeninformanten überwiegt dann das Informationsinteresse des Leistungsempfängers, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Informant wider besseres Wissen oder leichtfertig falsche Behauptungen aufgestellt hat.

Abs.28

LB 3) § 25 Abs.3 SGB-X steht dem allgemeinen Akteneinsichtsrecht entgegen und konketisiert das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG) durch einen Akteneinsichtsanspruch den es im überwiegenden Allgemeininteresse beschränkt hat.

Abs.29

LB 4) Zu den geschützten Sozialdaten nach § 35 Abs.1 SGB-I und den gesetzlichen Voraussetzungen ihrer Offenbarung.

Abs.30

LB 5) Zum Gewährung von Akteneinsicht nach § 67d SGB-X und dem Verweigerungsrecht nach § 83 Abs.4 Nr.3 SGB X.

Abs.31

LB 6) Zum verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Akteneinsicht.

* * *

T-03-06Akteneinsicht: § 25 Abs.1 S.1 SGB-X

27

"1.1 Das Berufungsgericht hat rechtlich zutreffend einen Akteneinsichtsanspruch des Klägers nach § 25 Abs.1 Satz 1 SGB X, der entsprechenden Regelungen des allgemeinen Datenschutzrechts als bereichsspezifische Regelung vorgeht, verneint. Das in dieser Vorschrift eingeräumte Akteneinsichtsrecht besteht nur während des laufenden Verfahrens (s. BVerwGE 67, 300 zum insoweit gleichlautenden § 29 Abs. 1 VwVfG; s.a. BVerwGE 84, 375 ; BSG, Beschluss vom 30. Novem-ber 1994 11 RAr 89/94 , NJW 1995, 1447 ). Das Verwaltungsverfahren, in dem der Vermerk über den Telefonanruf der Informantin aufgenommen worden war, ist indes, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits seit mehreren Jahren abgeschlossen; der Beklagte hat nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts die in dem Vermerk festgehaltenen Informationen in der Folgezeit auch nicht in weitere Verwaltungsverfahren, die noch nicht abgeschlossen waren, eingeführt oder sonst verwertet.

28

"1.2 Der Beklagte hatte daher über das Begehren des Klägers, Einsicht in die seine Person betreffenden Akten zu nehmen, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl BVerwGE 67, 300 ; sa BSG, Beschluss vom 30.November 1994 11 RAr 89/94, NJW 1995,1447 ) und dabei das Interesse des Klägers an der Kenntnis der Identität der Behördeninformantin gegen entgegenstehende Geheimhaltungsinteressen der Behörde selbst oder Dritter hier der Behördeninformantin abzuwägen. Es bedarf dabei keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht wegen des vom Kläger angestrebten Vorgehens gegen die Behördeninformantin im Ansatz ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht annehmen konnte, oder dem der Zeitablauf sowie Zweifel daran entgegenstehen, ob dem Kläger zivilrechtliche Ansprüche gegen die Behördeninformantin zustehen. Das Berufungsgericht hat jedenfalls zu Recht dahin erkannt, dass einem Anspruch des Klägers auf Gewährung von Einsicht in die (nicht geschwärzten) Verwaltungsvorgänge § 25 Abs.3 SGB X entgegensteht, der auf den allgemeinen Akteneinsichtsanspruch entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser Regelung, mit der der Gesetzgeber das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG; sa BVerfGE 65, 1 ) konkretisierend durch einen Akteneinsichtsanspruch ausgeformt und im überwiegenden Allgemeininteresse beschränkt hat (sa VerfGH Rheinland Pfalz, Entscheidung vom 4.November 1998 VGH 5 B 5/98, B 6/98 , DVBl 1999, S.309 ff), ist die Behörde zur Gestattung der Aktensicht nicht verpflichtet, soweit die Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssen; jedenfalls bei entgegenstehenden berechtigten Geheimhaltungsinteressen dritter Personen ist sie nicht berechtigt, Akteneinsicht zu gewähren.

29

Bei dem Namen der Behördeninformantin handelt es sich um ein geschütztes Sozialdatum (§ 35 Abs.1 SGB I iVm § 67 Abs.1 SGB X), dessen Offenbarung auch gegenüber dem Kläger nur nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des § 67d i.V.m. §§ 68 bis 77 SGB X oder nach einer anderen Rechtsvorschrift des Sozialgesetzbuches zulässig ist. Nach § 67 Abs.1 SGB X sind Sozialdaten "Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden". Der durch das Sozialgeheimnis geschützte Personenkreis erstreckt sich hiernach auf alle "Betroffenen" und beschränkt sich nicht auf die Leistungsberechtigten oder im Sinne von § 12 SGB X am Verwaltungsverfahren Beteiligte. Die in dem Vermerk vom Juni 1993 festgehaltenen Informationen zu der Person der Informantin sind von der für den Beklagten handelnden Stadt M im Hinblick auf ihre Aufgaben nach § 28 Abs.1 und 2 SGB I durch Entgegennahme "erhoben" und durch Aufnahme in dem Vermerk im Sinne des § 67 Abs.6 Satz 1 und Satz 2 Nr.1 SGB X "verarbeitet" worden. Keine andere Beurteilung rechtfertigt, dass die Behördeninformantin unaufgefordert an die Stadt M herangetreten ist; in der unaufgeforderten Angabe personenbezogener Daten durch einen Behördeninformanten liegt nicht zugleich auch die Einwilligung in eine Weitergabe dieser Daten an die Person, auf welche die mitgeteilte Information sich bezieht. Der Name einer Behördeninformantin unterfällt mithin unabhängig davon, ob Vertraulichkeit ausdrücklich gefordert oder zugesichert worden ist, dem von dem Beklagten zu beachtenden Sozialdatenschutz (sa für die Zuordnung des Namens eines nicht selbst am Steuerrechtsverhältnis beteiligten Behördeninformanten zum nach § 30 Abs.1 AO 1977 geschützten Steuergeheimnis BFH, Urteile vom 7.Mai 1985 VII_R_25/82, BFHE_143,503 = HFR 1985,501; vom 8.Februar 1994 VII_R_88/92 , BFHE_174,197 = BStBl II 1994, 552 = HFR 1994, 577; vom 7.Mai 2001 VII_B_199/00 , HFR 2001,1045).

30

Der Beklagte war zu einer Übermittlung des durch das Sozialgeheimnis geschützten Namens der Behördeninformantin an den Kläger durch Gewährung von Akteneinsicht nicht nach § 67d Abs.1 iVm §§ 68 bis 77 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift des Sozialgesetzbuches berechtigt. Gegenteiliges macht auch der Kläger nicht geltend. Jenseits dieser hier nicht einschlägigen ausdrücklichen gesetzlichen Übermittlungsbefugnisse käme allerdings ein überwiegendes Interesse des Klägers, zur Wahrung seines auch verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts die Identität der Behördeninformantin festzustellen (VerfGH Rheinland Pfalz, Entscheidung vom 4.November 1998 VGH 5 B 5/98, B 6/98, DVBl 1999, S.309 ), dann in Betracht, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme vorlägen, dass die Behördeninformantin wider besseres Wissen und in der vorgefassten Absicht, den Ruf des Klägers zu schädigen, gehandelt oder der Stadt M leichtfertig falsche Informationen übermittelt haben könnte (s dazu BVerwGE 89, 14; Urteil vom 27.Februar 2003 BVerwG 2 C 10.02 , Buchholz 237.7 § 85 NWLBG Nr.9 = NWVBl 2003,340 f). Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend der Fall sein könnte, liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Der Kläger hat konkrete Anhaltspunkte, die dem Berufungsgericht Anlass zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hätten geben können, auch nicht benannt; die objektive Eignung der übermittelten Informationen, zumindest den Ruf des Klägers und seine Interessen zu schädigen, weist auch bei unterstellter Schädigungsabsicht der Behördeninformantin nicht darauf, dass dies wider besseres Wissen erfolgt sei. Der Kläger hat im Berufungsverfahren auch kein Zwischenverfahren nach § 99 Abs.2 VwGO (s dazu BVerwG, Urteil vom 27.Februar 2003 BVerwG 2 C 10.02, Buchholz 237.7 § 85 NWLBG Nr.9 = NWVBl 2003,340 f) beantragt.

31

2. Der Kläger kann Auskunft über den Namen der Informantin auch nicht nach § 83 Abs.1 Nr.1 SGB X verlangen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Akteneinsichtsbegehren des Klägers wie vom Berufungsgericht angenommen als minus auch das Begehren auf Auskunftserteilung umfasst (sa BVerwGE 84,375). Die "Herkunft" von Daten, über die nach § 83 Abs.1 SGB X auf Antrag Auskunft zu geben ist, erstreckt sich zwar auch auf die Personen, die über personenbezogene Daten informiert haben (s mwN BVerwGE 89,14 ). Einer Verpflichtung des Beklagten zur Auskunftserteilung steht hier jedenfalls § 83 Abs.4 Nr.3 SGB X entgegen. Die Auskunftserteilung unterbleibt nach § 83 Abs.4 SGB X, soweit einer der in den Nummern 1 bis 3 genannten Tatbestände erfüllt ist und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. Dies ist hier bereits wegen des Geheimhaltungsinteresses der Behördeninformantin der Fall; die Erwägungen zu der entsprechenden Regelung in § 25 Abs.3 SGB X (so 1.), dem § 83 Abs.4 Nr.3 SGB X nachgebildet ist, gelten hier entsprechend. Bei der Abwägung des konkreten Interesses des Klägers an der Auskunftserteilung gegen die entgegenstehenden Belange ist auch hier zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Behördeninformantin wider besseres Wissen oder leichtfertig der Behörde unrichtige Informationen gegeben hat. Bei dieser Sachlage hat der Senat keinen Anlass zu vertiefen, ob der Preisgabe des Namens der Behördeninformantin nach § 83 Abs.4 Nr.1 SGB X das öffentliche Interesse an einer wirksamen Bekämpfung einer unberechtigten Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe entgegenstünde, bei welcher die Sozialhilfeträger auch auf Informationen Dritter angewiesen sind.

32

3. Verfassungsunmittelbare Akteneinsichts oder Auskunftsansprüche, etwa aus Art.5 Abs.1 GG oder Art.19 Abs.4 GG, sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen nicht zu erkennen (sa BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1982 BVerwG 1 C 222.79, Buchholz 316 § 29 VwVfG Nr.2); bloße Gesetzentwürfe, wie der vom Kläger herangezogene Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes, scheiden als Anspruchsgrundlage ersichtlich aus."

 

Auszug aus BVerwG U, 04.09.03, - 5_C_48.02 -,

§§§

03.022 Wissenszurechnung
 
  1. BGH,     U, 23.09.03,     – VI_ZR_335/02 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW_03,3764 -65 = CR_04,48 -50 = K&R_04,,29 -31 = MMR_03,166 -58 = MDR_04,92 -93 = VersR_03,1546 -47 = WM_04,635 -37

  3. BGB_§_823 Abs.1; TDG_§_5 Abs.2 (aF)

  4. Revision-zurückgewiesen / Wissenszurechnung - Beweislast

Abs.4

Die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit nach § 5 Abs.2 TDG in der Fassung vom 22. Juli 1997 (BGBl.I 1870) sind als anspruchsbegründende Merkmale für eine Haftung des fremde Inhalte anbietenden Internetproviders nach § 823 BGB anzusehen.

Abs.9

2) Die Bestimmung des § 5 Abs.2 TDG aF hat an dem allgemeinen Grundsatz nichts geändert, daß der Kläger bei einer deliktischen Haftungsgrundlage grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen hat, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ergibt.

* * *

T-04-07Providerhaftung

4

"II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Als Anspruchsgrundlage kommt § 823 Abs.1 BGB wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine Haftung nach dieser Vorschrift voraussetzt, dass zugleich die Voraussetzungen des im maßgeblichen Zeitraum geltenden § 5 Abs.2 TDG in der Fassung vom 22. Juli 1997 (BGBl.I 1870) gegeben sind. Dies hat es unter den Umständen des Streitfalls zu Recht verneint.

5

1. Ein Internetprovider war nach § 5 Abs.2 TDG aF für fremde Inhalte, die er zur Nutzung bereithielt, nur dann verantwortlich, wenn er von diesen Inhalten Kenntnis hatte und es ihm technisch möglich und zumutbar war, deren Nutzung zu verhindern. Hinsichtlich der notwendigen Kenntnis kommt es dabei nach nahezu einhelliger Meinung auf die positive Kenntnis des einzelnen konkreten Inhalts an, sodass ein "Kennenmüssen" nicht genügt. Dies zieht die Revision nicht in Zweifel. Ein solches Verständnis entspricht sowohl dem Wortlaut der Vorschrift als auch ihrem Sinn und Zweck, den Diensteanbietern die notwendige Rechtssicherheit zu geben (vgl. etwa Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn NJW 1997,2981, 2985; Spindler NJW 1997,3193, 3196 ; Gola/Müthlein, TDG/TDDSG, § 5 TDG Rdn.7.4.2; Rothe, Die Haftung für fremde Online-Inhalte nach § 5 Abs.2 TDG am Beispiel des Internet-Host-Providers, 2000, S.65 f., 71 m.w.N. sowie Begründung zu § 5 TDG, BT-Drucks.13/7385, S.20 und Antwort Nr.14e der Bundesregierung BT-Drucks. 13/8153 S.9).

6

2. Entgegen der Ansicht der Revision ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts zutreffend, dass der Kläger als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die hiernach erforderliche Kenntnis der Beklagten vom Inhalt der Internetseiten trägt. Stützt der Kläger sich wie hier auf eine deliktische Haftungsgrundlage, so hat er grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Anspruchsgrundlage ergibt (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 2001 - VI_ZR_350/00 - VersR_02,321 und vom 24. November 1998 - VI_ZR_388/97 - VersR_99,774, 775 mwN). An diesem Grundsatz hat die Bestimmung des § 5 Abs.2 aF TDG nichts geändert.

7

a) Soweit ersichtlich hat sich die Rechtsprechung bislang mit der Frage der Beweislast im Rahmen des § 5 Abs.2 TDG aF nicht ausdrücklich befasst. Nach wohl überwiegender Meinung in der Literatur obliegt dem Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Providers (vgl. Bergmann, Die Haftung gem. § 5 TDG am Beispiel des News-Dienstes, 1999, S.175 ff.; Decker, MMR 1999,7, 9; Freytag, Haftung im Netz, 1999, S.202 f.; Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S.181; Pichler, MMR 1998, 79, 87; Gola-Müthlein, TDG/TDDSG, 2000, § 5 TDG Rdn.7.4.2; nicht eindeutig Rothe, aaO, S.76 ff.). Dies wird damit begründet, dass die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit und damit auch die Kenntnis anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmale seien, die der Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen habe. Eine Umkehr der Beweislast ergebe sich aus dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut nicht.

8

Die Gegenmeinung macht geltend, bei § 5 Abs.2 TDG aF handele es sich um eine Haftungsprivilegierung für den Diensteanbieter. Da es sich um eine Ausnahmebestimmung zum allgemeinen Haftungsrecht handele, müsse der Anbieter darlegen und beweisen, dass er keine Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift hatte (vgl. Spindler, NJW 1997, 3193, 3198

9

b) Nach Auffassung des erkennenden Senats sind die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit nach § 5 Abs.2 TDG aF als anspruchsbegründende Merkmale für eine Haftung des fremde Inhalte anbietenden Internetproviders nach § 823 BGB anzusehen mit der Folge, dass die Darlegungs- und Beweislast den Anspruchsteller trifft.

10

aa) Aus der Fassung des § 5 TDG aF ergibt sich, dass die Vorschrift nicht eine selbstständige Anspruchsgrundlage für die Haftung des Diensteanbieters ist. So heißt es in den Motiven des Gesetzgebers, wenn die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit für fremde Inhalte vorlägen, bestimmten sich die Rechtsfolgen nach der geltenden Rechtsordnung (vgl. BT-Drucks. 13/7385 S.20). Auch der Bundesrat ging in seiner, insoweit von der Bundesregierung unwidersprochen gebliebenen Stellungnahme, davon aus, dass die Regelungen zur Verantwortlichkeit der straf- und zivilrechtlichen Prüfung vorgelagert seien. Ergebe sich danach im Grundsatz eine Verantwortlichkeit des Anbieters, sei in einem zweiten Schritt die straf- und zivilrechtliche Beurteilung vorzunehmen (BT-Drucks. 13/7385 S.51). Wegen dieser Konstruktion wird dem § 5 TDG aF im Schrifttum eine Art "Filterfunktion" beigelegt, weil die Vorschrift so auszulegen sei, dass die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sein müssten, bevor die Prüfung der einschlägigen Vorschriften nach den Maßstäben des jeweiligen Rechtsgebiets erfolge (vgl Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn NJW 1997, 2981, 2984; Rossnagel/Spindler, aaO, § 5 TDG Rdn.40, 43; Rothe, aaO, S.66 ff.; Rötlich, Die zivilrechtliche Haftung des Internet-Providers, insbesondere für die Weiterverbreitung rechtswidriger Äußerungen durch dritte Personen im Internet, 2000, S.209; Kröger/Gimmy/Müller-Terpitz, Handbuch zum Internetrecht, 2000, S.207; im Ergebnis ebenso: Freytag, aaO, S.215; Haedicke, CR 1999, 309,313). Dies entspricht der eingangs dargelegten rechtlichen Beurteilung, die in § 5 Abs.2 TDG aF genannten Voraussetzungen für eine Verantwortlichkeit des Diensteanbieters als zusätzliche anspruchsbegründende Merkmale einzuordnen und demgemäß dem Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast aufzuerlegen.

11

bb) Diese Auffassung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach der amtlichen Begründung trägt die Begrenzung der Verantwortlichkeit des Diensteanbieters der Tatsache Rechnung, dass es ihm auf Grund der technisch bedingten Vervielfachung von Inhalten und der Unüberschaubarkeit der in ihnen gebundenen Risiken von Rechtsgutsverletzungen zunehmend unmöglich ist, alle fremden Inhalte zur Kenntnis zu nehmen und auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. § 5 Abs.2 TDG aF soll dem Diensteanbieter dadurch, dass für die Verantwortlichkeit seine Kenntnis von dem fremden Inhalt verlangt wird, die erforderliche Rechtssicherheit verschaffen (BT-Drucks. 13/7385, S.20). Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, würde dem Anbieter die Beweislast für seine mangelnde Kenntnis des fremden Inhalts auferlegt.

12

3. Es besteht auch kein Bedürfnis, die Position des Anspruchstellers durch eine Beweislastumkehr oder Beweiserleichterungen zu Lasten des Diensteanbieters zu stärken. Auch wenn der Betroffene unter Umständen im Einzelfall den "Urheber", der die fremden Inhalte geschaffen hat, nicht in Anspruch nehmen kann, kann er doch jederzeit dem Anbieter "Kenntnis geben" und dies entsprechend den allgemeinen zivilprozessualen Vorschriften beweisen, ohne dass sich für diesen Nachweis Besonderheiten gegenüber anderen Fällen ergeben, bei denen eine Partei eine positive Kenntnis beweisen muss (vgl. etwa §§ 407 BGB, 814 BGB oder 819 BGB). Zwar ist die tatsächliche Kenntnis des Host-Providers vom fremden Inhalt dem Beweis nicht unmittelbar zugänglich, sondern kann nur aus den Umständen geschlossen werden. Dies ist in solchen Fällen jedoch nicht außergewöhnlich, da die Kenntnis als innere Tatsache regelmäßig nur durch einen Indizien- oder Anzeichenbeweis geführt werden kann.

13

Es ist dem Betroffenen als Anspruchsteller weder unzumutbar noch unmöglich nachzuweisen, dass er den Internet-Provider konkret auf einen von ihm bereitgehaltenen rechtswidrigen fremden Inhalt in seinem Internetangebot hingewiesen hat. Wenn er ein konkretes Angebot auf den Servern des Providers benennt und beschreibt, indem er etwa den Aufbau, die wesentlichen Text- und Bildbestandteile und den Dateinamen einer Website auf dem Server mitteilt und gegebenenfalls einen entsprechenden Ausdruck beifügt, wird der Beweis dieses Hinweises in aller Regel als Beweis für die Kenntnis des Providers ausreichen, wenn dieser hiermit die fraglichen Inhalte ohne unzumutbaren Aufwand auffinden kann (vgl. Bleisteiner, Rechtliche Verantwortlichkeit im Internet: unter besonderer Berücksichtigung des Teledienstgesetzes und des Mediendienste-Staatsvertrags, 1999, S.180 f.; Decker, MMR 1999,7, 9; Rothe, aaO, S.73; Spindler, MMR 2001,737, 741; Stadler, Haftung für Informationen im Internet, 2002, S.108 f.).

14

4. Unter den Umständen des zu entscheidenden Falles ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung zu dem Ergebnis gekommen ist, der Kläger habe den ihm nach den vorstehenden Ausführungen obliegenden Beweis nicht geführt. Die Revision weist zwar darauf hin, dass der Kläger vorgetragen hat, er habe die Beklagte an von ihm im Einzelnen genannten Tagen aufgefordert, ihre Internetseiten für die Verbreitung der von ihm behaupteten Inhalte zu sperren. Der Kläger hat diese Behauptung jedoch nicht weiter substantiiert und insbesondere auch nicht dargelegt, welchen konkreten Inhalt seine Aufforderungen hatten. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um seiner Darlegungslast zu genügen.

15

Bei dieser Sachlage bedarf es keiner abschließenden Überlegungen zur Wissenszurechnung im Bereich des Providers (vgl. dazu BGHZ_132,30, 37 ; BGHZ_135,202, 206 ; BGH, Urteile vom 12. November 1998 - IX_ZR_145/98 - NJW_99,284, 286 und vom 13. Oktober 2000 - V_ZR_349/99 - NJW_01,359, 360).

16

5. Die Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet. Von weiteren Ausführungen hierzu wird gemäß § 564 ZPO abgesehen."

 

Auszug aus BGH U, 23.09.03, - VI_ZR_335/02 -, www.BVerwG.de,  Abs.4 ff

§§§

03.023 Kabelanlagen
 
  1. BGH,     U, 26.09.03,     – V_ZR_51/03 –

  2. www.BGH.de = JURION

  3. TKG_§_57 Abs.1 Nr.2; BGB_§_903, BGB_§_1004 Abs.1

  4. Revision-zurückgewiesen

 

§ 57 Abs.1 Nr.2 TKG verpflichtet den Eigentümer nicht, in einem Gebäude auf seinem Grundstück Kabelanlagen zu dulden, die dort von einem Netzbetreiber installiert sind und allein der Versorgung der Bewohner mit Programmangeboten dienen.

§§§

03.024 Arztwerbung im Internet
 
  1. BGH,     U, 09.10.03,     – I_ZR_167/01 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,243 -45 = GRUR_04,164 -66 = CR_04,129 -31 = K&R_04,81 -84 = MMR_04,193 -04 = NJW_04,440 -43

  3. UWG_§_1; (NW) ZÄBerufsO_§_20

  4. Revision-erfolgreiche

 

1) Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung einer von einem Arzt in seinem Internetauftritt gemachten Mitteilung ist zu berücksichtigen, daß diese niemandem unverlangt als Werbung aufgedrängt, sondern nur von denjenigen Internetnutzern wahrgenommen wird, die an entsprechenden Informationen interessiert sind.

 

2) Die Mitteilung eines Arztes in seinem Internetauftritt, bestimmte Tätigkeitsgebiete stellten seine Praxisschwerpunkte dar, enthält nur die Angabe, er sei auf diesen Gebieten nachhaltig tätig und verfüge deshalb dort über besondere Erfahrungen. Eine Aussage über die Tätigkeitsgebiete und Erfahrungen anderer Ärzte ist damit nicht verbunden.

 

3) Die Mitteilung eines Arztes in seinem Internetauftritt, daß er bestimmte Tätigkeiten durchführt, ist nicht deshalb unrichtig, weil diese Tätigkeiten auch von nahezu jedem anderen Arzt in mehr oder weniger großem Umfang ausgeübt werden oder zumindest ausgeübt werden können.

 

4) Das vom werbenden Arzt zu beachtende Sachlichkeitsgebot verlangt von diesem nicht, sich auf die Mitteilung nüchterner Fakten zu beschränken. Vielmehr ist, da darüber hinausgehende Angaben ebenfalls zu dem - auch emotional geprägten - Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient beitragen können, eine "Sympathiewerbung" zulässig, soweit durch sie nicht der Informationscharakter in den Hintergrund gedrängt wird.

§§§

03.025 Depotkosmetik im Internet
 
  1. BGH,     U, 04.11.03,     – KZR_2/02 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,395 -96 = GRUR_04,351 -52 = CR_04,295 -97 = NJW-RR_04,689 -90 = MMR_04,536 -37 = JZ_04,201 (L)

  3. GWB_§_33, GWB_§_20 Abs.1 + 2; GVO_2790_Art.4 Buchst.b

  4. Revision-erfolgreiche

 

Es stellt eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, wenn ein Hersteller eines Markenparfums, der seine Ware über ein selektives Vertriebssystem vertreibt, einerseits seinen Depositären den Verkauf über das Internet unter der Bedingung gestattet, daß die Internetumsätze nicht mehr als die Hälfte der im stationären Handel erzielten Umsätze ausmachen, und andererseits Händler von der Belieferung ausschließt, die ausschließlich über das Internet verkaufen.

§§§

03.026 Hamburger Auktionatoren
 
  1. BGH,     U, 13.11.03,     – I_ZR_141/02 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,538 -40 = K&R_04,189 -91 = CR_04,294 -95 = NJW_04,854 -55 = MMR_04,162 -63 = WM_04,803 -05

  3. UWG_§_13 Abs.2 Nr.2

 

Bei dem Vertrieb von Gebrauchtfahrzeugen im Wege einer als "Auktion" bezeichneten Verkaufsaktion im Internet ("umgekehrte Versteigerung") wird keine Auktion veranstaltet, wie sie von öffentlich bestellten und vereidigten Auktionatoren im Rahmen der Gewerbeordnung und der Versteigerungsverordnung durchgeführt wird. Der maßgebliche Markt iS von § 13 Abs.2 Nr.2 UWG, an dem die Befugnis der klagenden berufsständischen Vereinigung von Auktionatoren zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zu messen ist, ist daher die Veräußerung von Gebrauchtfahrzeugen.

§§§

03.027 Umgekehrte Versteigerung
 
  1. BGH,     U, 13.11.03,     – I_ZR_40/01 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,540 -42 = CR_-04,290 -93 = GRUR_04,249 -51 = K&R_04,185 -89 = MDR_04,522 -24 = NJW_04,852 -54 = MMR_04,160 -62 = WM_04,800 -03

  3. UWG_§_7 Abs.1, UWG_§_1, UWG_§_13 Abs.2, UWG_§_3

  4. Revision / Internet

 

Die Bewerbung und Durchführung einer "umgekehrten Versteigerung" von Gebrauchtfahrzeugen im Internet, bei der der Anfangspreis des angebotenen Fahrzeugs alle 20 Sekunden um 250 DM sinkt, verstößt jedenfalls dann weder gegen § 7 Abs.1 UWG noch gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Einsatzes aleatorischer Reize, wenn sich der "Auktionssieger" nach Abschluß der Veranstaltung ohne finanzielle Nachteile erkennbar frei entscheiden kann, ob er das "ersteigerte" Fahrzeug zu dem erzielten Preis erwerben will.

§§§

03.028 GeDIOS
 
  1. BGH,     U, 13.11.03,     – I_ZR_103/01 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,393 -94 = K&R_04,237 -39 = NJW-RR_04,765 -67 = GRUR_04,241 -43

  3. MarkenG_§_5 Abs.3, MarkenG_§_14 Abs.2, MarkenG_§_15 Abs.2

  4. Revision / GEDIOS - GeDIOS / Verwechselungsgefahr

 

1) Aus der Tatsache, dass eine Dienstleistung elektronisch gestützt erbracht wird, folgert der Verkehr nicht, dass mit dem Angebot der Dienstleistung zugleich die Software beworben und mit der Bezeichnung der Dienstleistung auch die genutzte Software benannt wird.

 

2) Ist dem Verkehr bekannt, dass die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten von softwaregestützten Rechnern auf der einen Seite und die Komplexität der Entwicklung von Betriebs- und Anwendersoftware auf der anderen Seite eine Arbeitsteilung zwischen Softwareunternehmen und dem sonstigen Dienstleistungs- und Handelsverkehr nach sich ziehen, liegt grundsätzlich die Annahme fern, das Publikum könnte glauben, die betreffende Software und die Dienstleistung stammten aus demselben oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen.

 

3) Zur Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit von Computersoftware und Finanzdienstleistung.

§§§

03.029 20 Minuten Köln
 
  1. BGH,     U, 20.11.03,     – I_ZR_151/01 –

  2. www.BGH.de = IWW = BGHZ_157,55 = NJW_04,2083 = MDR_04,1072 = K&R_04,336 = WM_05,88

  3. UWG_§_1; GG_Art.5 Abs.1 S.2

 

Unter dem Gesichtspunkt einer Marktstörung ist der unentgeltliche Vertrieb einer durch Anzeigen finanzierten Tageszeitung auch dann nicht wettbewerbswidrig, wenn er zu Absatzeinbußen der bestehenden Kauf- und Abonnementzeitungen führt. Das verfassungsrechtliche Gebot der Neutralität verbietet es, einer Kauf- und Abonnementzeitung von vornherein einen höheren Schutz vor einer Marktstörung zuzubilligen als einer vollständig durch Anzeigen finanzierten Zeitung.

§§§

03.030 Telekom
 
  1. BGH,     U, 27.11.03,     – I_ZR_79/01 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,461 -62 = K&R_04,235 -37 = MMR_0ß4,158 -59 = NJW-RR_04,550 -51

  3. MarkenG_§_14 Abs.2 Nr.2, MarkenG_§_15 Abs.2, MarkenG_§_4, MarkenG_§_5 MarkenG_§_8 Abs.2 Nr.1

  4. Revision / 01051 Telecom / Verwechselungsgefahr

 

1) Die Bezeichnung "Telekom" ist eine geläufige Abkürzung des Begriffs "Telekommunikation" und deshalb als Unternehmenskennzeichen von Hause aus nicht unterscheidungskräftig; sie kann die für einen Schutz nach 5 Abs.2 MarkenG erforderliche namensmäßige Unterscheidungskraft nur durch Verkehrsgeltung erwerben.

 

2) Bei normaler Kennzeichnungskraft des Klagezeichens ist trotz Branchenidentität die Zeichenähnlichkeit zwischen "Telekom" und "01051 Telecom" zu gering, um eine Verwechslungsgefahr iS von § 15 Abs.2 MarkenG zu begründen.

§§§

03.031 DONLINE
 
  1. BGH,     U, 27.11.03,     – I_ZR_148/01 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,461 -62 = K&R_04,235 -37 = MMR_0ß4,158 -59 = NJW-RR_04,550 -51

  3. MarkenG_§_14 Abs.2 Nr.2 + 3

  4. Revision / Wortmsrke T-Online / Anspruch auf Unterlassung / Löschung / Auskunftserteilung / Verwechselungsgefahr

 

Ist dem Verkehr im Bereich der Telekommunikation der Begriff "online" wie auch die Marke "T-Online" bekannt, kann dadurch auch die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Sprechweise eines anderen Zeichens auf demselben Geschäftsbereich (hier: "DONLINE") beeinflusst sein.

§§§

03.032 Zugangsanspruch
 
  1. BVerwG,     U, 03.12.03,     – 6_C_20.02 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = BVerwGE_119,282 -05 = K&R_04,296 -04 = MMR_04,347 -52 = NVwZ_04,878 -84 = CR_04,189 -95 = JZ_04,196

  3. GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.14 Abs.1, GG_Art.87 f; TKG_§_33 Abs.1, TKG_§_33 Abs.2; VwVfG_§_37 Abs.1

  4. Telekommunikation / "Resale" von Telekommunikationsdienstleistungen / Verpflichtung zur Abgabe eines nachfragegerechten Vertragsangebots / Bestimmtheit der Verpflichtung / Voraussetzungen des Zugangsanspruchs nach § 33 Abs.1 Satz 1 TKG / "wesentliche" Leistung / Berufsausübungsfreiheit / Eigentumsfreiheit. -

 

Der Zugangsanspruch nach § 33 Abs.1 TKG umfasst auch solche Leistungen des marktbeherrschenden Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit, die sein Wettbewerber lediglich zum Zwecke des Wiederverkaufs an seine Endkunden in Anspruch nimmt (sog "Resale", hier von Teilnehmeranschlüssen sowie von Orts- und Cityverbindungen).

§§§

03.033 Luftbildaufnahme
 
  1. BGH,     U, 09.12.03,     – VI_ZR_373/02 –

  2. www.BGH.de = JURION = BGHR_04,542 -45 = GRUR_04,438 -442 = JZ_04,622 -24 = K&R_04,51 -56 = NjW_04,762 -65 = MDR_04,507 -09 = VersR_04,522 -25

  3. GG_Art.1, GG_Art.2, GG_Art.5; BGB_§_1004, BGB_§_823 Abs.1;

 

1) Grundsätzlich stellt es einen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn jemand unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) den räumlichen Lebensbereich eines anderen ausspäht.

 

2) Zu den Voraussetzungen unter denen Luftbildaufnahmen von Feriendomizilen Prominenter ohne deren Zustimmung veröffentlicht werden dürfen.

 

3) Zur Haftung des "Störers" für eine mit einer Presseveröffentlichung verbundene Rechtsverletzung.

§§§

03.034 Funksystem-Basistation
 
  1. BVerwG,     U, 10.12.03,     – 9_A_73.02 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = DVBl_04,633 -35 = JZ_04,254 = NVwZ_04,613 -14

  3. AEG_§_18 Abs.1 S.2; 26.BImSchV_§_2, 26.BImSchV_§_7 Abs.1; BImSchG_§_3 Abs.1

  4. Bau einer Funksystem-Basisstation / Plangenehmigung / Standortbescheinigung / Abwägung der von dem Vorhaben berührten Belange / Einwirkungen elektromagnetischer Felder auf Menschen und Geräte / Wertminderung aufgrund objektiv nicht begründbarer Befürchtungen.

 

1) Die Erfüllung der Anzeigepflicht des Betreibers einer Hochfrequenzanlage nach § 7 Abs.1 der 26.BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Plangenehmigung für diese Anlage.

 

2) Der Fortgang der Forschung als solcher reicht nicht aus, um einmal gewonnene Erkenntnisse und darauf beruhende Grenzwertfestsetzungen des Verordnungsgebers als überholt und nicht mehr bindend anzusehen.

 

3) Der Belang, von wirtschaftlichen Nachteilen verschont zu bleiben, die Folge objektiv nicht begründbarer Immissionsbefürchtungen sind, ist in der Abwägung nicht schutzwürdig.

§§§

03.035 Gesundheitsdaten
 
  1. BVerwG,     B, 11.12.03,     – 1_WB_14.03 –

  2. lexetius.com = JURION = BVerwGE_119,341 = NVwZ_04,886

  3. GG Art.1 Abs.1, GG_Art.2 Abs.1; SG_§_29; WBO_§_17 Abs.3 S.1, WBO_§_21 Abs.1; SPersAV_§_4; WBeauftrG_§_3;

  4. Maßnahme / Feststellungsantrag / Feststellungsinteresse / faktische Grundrechtsbeeinträchtigung / Persönlichkeitsrecht / Personalakten / Gesundheitsunterlagen / Arztbericht / Übermittlung / Zustimmung.

 

1) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse iSd § 113 Abs.1 Satz 4 VwGO kann sich im Einzelfall - unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art.19 Abs.4 GG) - daraus ergeben, dass die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht.

 

2. Eine Weitergabe oder Übermittlung von Gesundheitsunterlagen eines Soldaten an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung lässt § 29 Abs.4 SG, der für Daten über medizinische und über psychologische Untersuchungen und Tests die Grenzen der "befugten" Datenverwendung und -verarbeitung regelt, nicht zu. Als besondere Schutzvorschrift zugunsten der Persönlichkeitssphäre des Soldaten sperrt er als lex specialis insbesondere den Rückgriff auf § 29 Abs.3 Satz 5 SG.

§§§

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