RsprS vor § 1  LBO - Nachbarschutz (4) Saar
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Allgemeines

  1. Maßgeblich für die Beurteilung des Vorliegens einer Nachbarrechtsverletzung durch eine Baugenehmigung ist allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung. Eine hiervon abweichende Bauausführung kann die Aufhebung der Baugenehmigung nicht rechtfertigen. (vgl OVG Saarl, B, 23.11.1999, - 2_Q_33/99- SKZ_00,102/54 (L) = SörS-Nr.99.264)


  2. Eine Baugenehmigung geht von einer technisch einwandfreien, den Regeln der Baukunst entsprechenden Bauausführung aus. Sofern durch eine mangelhafte, den einschlägigen technischen Normen zuwiderlaufende Bauausführung öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt werden, hat dies ebensowenig wie eine von der Genehmigung abweichende Bauausführung Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. (vgl OVG Saarl, U, 29.05.96, - 2_R_24/95- SKZ_96,266/20 (L) = SörS-Nr.96.054)


  3. In den Fällen, in denen eine Baugenehmigung einen objektiv mehrdeutigen Inhalt hat, kann ein Rechtsverstoß zum Nachteil des sie anfechtenden Nachbarn nur dann angenommen werden, wenn eine der möglichen Auslegungen zu einem Genehmigungsinhalt führt, der eine auch seinen Schutz bezweckende Vorschrift des öffentlichen Rechts verletzt. (vgl OVG Saarl, B, 22.03.95, - 2_W_4/95- SKZ_95,254/25 (L) = SörS-Nr.95.035)


  4. Eine Baugenehmigung verpflichtet den Nachbarn nicht, einen etwaigen Überbau des zugelassenen Vorhabens auf sein Grundstück zu dulden. (vgl OVG Saarl, E, 28.09.94, - 2_W_44/94- Juris = SörS-Nr.94.141)


  5. Setzt sich der Bauherr bei der Ausführung seines Vorhabens über entgegenstehende Eigentumsrechte des Nachbarn hinweg und führt das Bauwerk teilweise auf dem Nachbargrundstück aus, so hat der Nachbar die Möglichkeit, um Rechtsschutz bei den Zivilgerichten nachzusuchen. (vgl OVG Saarl, E, 28.09.94, - 2_W_44/94- Juris = SörS-Nr.94.141)


  6. Im Bereich der nachbarschützenden Grenzabstandsbestimmungen muß der sich gegen ein Bauvorhaben wendende Nachbar unter Anbaugesichtspunkten (§ 6 Abs.1 S.3 LBO) eine Grenzbebauung grundsätzlich nur bis zu dem Umfang hinnehmen, wie das an dieser Stelle auf dem eigenen Grundstück vorhandene Gebäude die gesetzlich geforderten Abstandsflächen nicht einhält. Ein "Anbau" in diesem Sinne liegt - neben hinter diesen Vorgaben zurückbleibenden Bauten - begrifflich nur bei deckungsgleichen oder die Ausmaße des Nachbargebäudes allenfalls geringfügig überschreitenden Anlagen vor (im Anschluß an das Urteil des Senats vom 06.03.87 - 2_R_180/84 = BauR_88,190; hier verneint für ein geplantes Zurücktreten der hinteren Außenwand um ca 3,40 m hinter die rückseitige Abschlußwand des Nachbarhauses). (vgl OVG Saarl, B, 05.04.95, - 2_W_10/95- SKZ_95,253/22 (L) = Juris = SörS-Nr.95.048)


  7. Werden Bauzeichnungen mit unterschiedlichen Darstellungen einzelner Bauteile - hier: Dachgaube genehmigt, so ist die Baugenehmigung als in sich widersprüchlich rechtswidrig und auf die Klage eines betroffenen Nachbarn hin aufzuheben, wenn auch nur eine der zugelassenen Bauausführungen gegen seinem Schutz dienende Vorschriften verstößt. (vgl OVG Saarl, U, 03.05.94, - 2_R_13/92- SKZ_94,255/21 (L) = DVBl_95,532 (L) = DÖV_95,741 (L) = BRS_56_Nr.104 = BRS_56_Nr.171 (L) = Juris = SörS-Nr.94.066)


  8. Den Nachbarn eines größeren Wohnbauvorhabens stehen keine Abwehrrechte gegen die mit der Verwirklichung des Vorhabens einhergehende Zunahme der Wohnbevölkerung in dem betreffenden Baugebiet zu. (vgl OVG Saarl, E, 26.07.91, - 2_W_15/91- SKZ_92,110/17 (L) = SörS-Nr.91.100)


  9. Allein der Umstand, daß eine Baugenehmigung gegen im öffentlichen Interesse bestehende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, sich mithin als objektiv rechtswidrig erweist, ist kein Grund, dem Nachbarinteresse an der Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Genehmigung in der im Verfahren nach den §§ 80a Abs.1 Nr.2, Abs.3, 80 Abs.5 VwGO vorzunehmenden Abwägung einen Vorrang zuzubilligen. (vgl OVG Saarl, B, 28.08.1998, - 2_V_15/98- SKZ_99,120-52 = SörS-Nr.98.137)


  10. Auch trifft den Nachbarn im Brandfall keine erhöhte Duldungspflicht, wenn zwar nicht Löschfahrzeuge, aber Löschschläuche über den öffentlichen Weg unschwer an das genehmigte Gebäude herangeführt werden können. (vgl OVG Saarl, U, 20.10.92, - 2_R_5/91- SKZ_93,104/18 (L) = Juris = SörS-Nr.92.156)


§§§


Nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis

  1. Ein Nachbar kann nach dem auch im nachbarlichen Gegenseitigkeits- und Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht mit Erfolg vorbringen, die Zulassung eines Wohngebäudes mit 5 Wohnungen weiche von der mit der Ausweisung des Baugebietes als "überwiegend für die Bebauung mit Familienheimen vorgesehene Fläche" erfolgten, seiner Ansicht nach drittschützend wirkenden Begrenzung der Wohnungszahl auf zwei je Wohngebäude ab, wenn sich in seinem eigenen Wohnhaus drei Wohnungen befinden. (vgl OVG Saarl, B, 22.11.96, - 2_W_33/96- SKZ_97,107/30 (L) = Juris = SörS-Nr.96.107)


  2. Ein Nachbar kann nach dem auch im nachbarlichen Gegenseitigkeits- und Gemeinschaftsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht mit Erfolg vorbringen, die Zulassung eines Wohngebäudes mit drei Wohnungen weiche von der mit der Ausweisung des Baugebietes als "überwiegend für die Bebauung mit Familienheimen vorgesehene Fläche" erfolgten, seiner Ansicht nach drittschützenden Begrenzung der Wohnungszahl auf zwei je Wohngebäude ab, wenn sich in seinem eigenen Wohnhaus ebenfalls drei Wohnungen befinden. (vgl OVG Saarl, B, 22.11.96, - 2_W_31/96- SKZ_97,84 -86 = SörS-Nr.96.108)

§§§


Nachbarschützende Normen

  1. Festsetzungen in einem Bebauungsplan über Flächen für Nebenanlagen (hier Garagen) gemäß § 9 Abs.1 Nr.4 BauGB haben ebenso wie diejenigen über die überbaubaren Grundstücksflächen (§§ 9 Abs.1 Nr.2 BauGB, 23 BauNVO) vorbehaltlich einer aus den Planunterlagen erkennbaren abweichenden Willensbekundung der Gemeinde "regelmäßig" keinen nachbarschützenden Charakter. Dies kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn im Einzelfall entweder die Begründung oder die tatsächlichen Gegebenheiten im Planbereich besonderte konkrete Anhaltspunkte hierfür ergeben. (vgl OVG Saarl, B, 23.11.1999, - 2_Q_33/99- SKZ_00,102/54 (L) = SörS-Nr. 99.264)


  2. Den bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften über die notwendige Erschließung des Baugrundstücks kommt keine nachbarschützende Funktion zu. (vgl OVG Saarl, U, 20.10.92, - 2_R_5/91- SKZ_93,104/18 (L) = Juris = SörS-Nr.92.156 )


  3. Erwachsen dem Nachbarn aber aus der trotz ungenügender Erschließung erfolgten Zulassung eines Bauvorhabens Duldungspflichten, so kann die Baugenehmigung gegen den verfassungsrechtlichen Schutz seines Grundeigentums verstoßen. (vgl OVG Saarl, U, 20.10.92, - 2_R_5/91- SKZ_93,104/18 (L) = Juris = SörS-Nr.92.156)


  4. Bezieht sich die Erlaubnis auf den Bau einer PKW Garage, die an einem gut ausgebauten, im Mindestmaß 2 m bereiten öffentlichen Weg liegt, so ist die Entstehung eines Notwegerechts nicht zu befürchten. (vgl OVG Saarl, U, 20.10.92, - 2_R_5/91- SKZ_93,104/18 (L) = Juris = SörS-Nr.92.156)


  5. Die Eigenschaft ihres Wohnhauses als Baudenkmal vermittelt den Nachbarn keine Abwehrrechte gegen ein anderes Bauvorhaben. (vgl OVG Saarl, E, 26.06.92, - 2_W_7/92- Juris = SörS-Nr.92.100)


  6. Zur Befugnis Drittbetroffener, ein mit der bebauungsplanmäßigen Festsetzung der höchstzulässigen Geschoßzahl unvereinbares Bauvorhaben abzuwehren. (vgl OVG Saarl, B, 20.06.90, - 2_W_16/90- SKZ_90,253/9 (L) = BRS_50_Nr.118 = Juris = SörS-Nr.90.067 )


  7. Nachbarrechtsrelevant sind Erschließungsmängel nur, wenn sie schwerwiegen und die Erreichbarkeit des Nachbargrundstücks auf Dauer in Frage stellen, wobei verbotswidriges Verhalten von Verkehrsteilnehmern nicht unterstellt werden darf (Fortführung der Rechtsprechung aus - 2_W_64/94 -, 2_W_9/96 - und 2_5_6/98 -). (vgl OVG Saarl, B, 06.05.1998, - 2_5_10/98- SKZ_98,247 (L) = SörS-Nr.98.072)

§§§


Rücksichtnahmegebot

  1. Erfüllt eine Garage die für ihre Zulassung an der Grenze erforderlichen Voraussetzungen, so genügt sie hinsichtlich der durch die Grenzabstandsbestimmungen geschützten Belange ohne weiteres den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots. (vgl OVG Saarl, U, 19.11.84, - 2_R_140/83- AS_19,192 -197 = SKZ_85,163/19 (L) = NJW 85,2439 -2440 = Juris = SörS-Nr.84.084)


  2. Die von einer Einzelgarage üblicherweise ausgehenden Geruchs- und Geräuschimmissionen sind als unvermeidbare Auswirkungen menschlichen Zusammenlebens von dem betroffenen Nachbarn regelmäßig hinzunehmen. (vgl OVG Saarl, U, 19.11.84, - 2_R_140/83- AS_19,192 -197 = SKZ_85,163/19 (L) = NJW 85,2439 -2440 = Juris = SörS-Nr.84.084 )


  3. Ein Stall für zwei Reitpferde in einem gemischt genutzten Dorfbereich unterhalb eines sich auf einer Geländestufe unmittelbar anschließenden allgemeinen Wohngebiets kann zulässig sein und braucht mit Blick auf das Rücksichtnahmegebot Nachbarrechte des Eigentümers eines zu der Anlage hin am Rande der Geländestufe stehenden Wohnhauses nicht zu verletzten. (vgl OVG Saarl, U, 01.03.90, - 2_R_8/89- BRS_50_Nr.190 = BRS_51_Nr.1826 (L) = Juris = SörS-Nr.90.025)

§§§


Ermessen

  1. Die Aufsichtsbehörde betätigt ihr Entschließungsermessen nicht gleichheitswidrig, wenn sie gegen solche Verletzungen der Grenzabstandsvorschriften, die das öffentliche Interesse wenig berühren, nur auf Nachbarbeschwerden hin einschreitet. (vgl OVG Saarl, E, 10.12.91, - 2_R_29/90- SKZ_92,111/31 (L) = SörS-Nr.91.195)


  2. Jeder Miteigentümer eines Grundstücks ist befugt, hinsichtlich seines Anteilsrechts, bei Bruchteilseigentum darüber hinaus gemäß § 1011 BGB im Außenverhältnis in Ansehung der ganzen Sache, selbständig und ohne Mitwirkung der übrigen Miteigentümer nachbarliche Abwehrrechte gegen ein Bauvorhaben geltend zu machen. (vgl OVG Saarl, B, 08.01.96, - 2_W_46/95- SKZ_96,265/19 (L) = Juris = SörS-Nr.96.002 )


  3. Eine behördliche Handhabung, die dahin geht, gewissermaßen als Zwischenregelung die Nutzung einer rechtswidrigen Anlage bis zu deren gleichfalls angeordneter Beseitigung zu unterbinden, ist nach der Rechtsprechung des Senats mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbaren. (vgl OVG Saarl, B, 10.07.1998, - 2_Q_5/98- SKZ_99,120-51 = SörS-Nr.98.103)


  4. Eine bloß teilweise Unterbindung von Bauarbeiten kommt nicht in Betracht, wenn der festgestellte Nachbarrechtsverstoß einen Bauteil betrifft, der integrierter Bestandteil eines Raumes ist, dessen Fertigstellung wiederum Voraussetzung für die zweckentsprechende Nutzung des Gebäudes ist (hier: den Mindestgrenzabstand überschreitender Vorbau als Teil des Wohnzimmers eines Einfamilienhauses). (vgl OVG Saarl, B, 19.09.97, - 2_V_10/97- SKZ_98,111/38 (L) = SörS-Nr.97.092)


  5. Die Praxis von Bauaufsichtsbehörden, eine Befreiung von der Beachtung der Abstandflächenbestimmungen ohne weiteres schon dann zu erteilen, wenn der von der Abweichung betroffene Grenznachbar zustimmt, entspricht nicht dem geltenden Recht. (vgl OVG Saarl, B, 30.09.1998, - 2_W_8/98- SKZ_99,121-56 = SKZ_00,61 -64 = SörS-Nr.98.165)


  6. Bei der Entscheidung über die Anordnung von einstweiligen Sicherungsmaßnahmen kann jedoch auch bei einem Vorhaben, das in technisch-konstruktiver Hinsicht eine Einheit darstellt, im Einzelfall dem Umstand Rechnung getragen werden, daß sich die festgestellte Rechtsverletzung auf einen bestimmten Bereich des Vorhabens (hier: Dachgeschoß) beschränkt und es zur Sicherung der verletzten Nachbarrechte genügt, in diesem Bereich einen weiteren Baufortschritt zu unterbinden. (vgl OVG Saarl, B, 23.02.94, - 2_W_5/94- SKZ_94,256/25 (L1-2) = BRS_56_Nr.184 + BRS_56_Nr.107 (L) = Juris (L1-4) = SörS-Nr.94.025)


  7. Liegen die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen für ein im behördlichen Ermessen stehendes Einschreiten gegen eine bauliche Anlage oder deren Nutzung vor, so muß der insoweit Verantwortliche entsprechende Maßnahmen bis hin gegebenenfalls zur zwangsweisen Durchsetzung in aller Regel als ermessensgerecht auch dann hinnehmen, wenn es dazu an (unmißverständlichen) Erwägungen in dem betreffenden Bescheid fehlt (Fortführung der ständigen Rechtsprechung des Senats etwa im Urteil vom 04.06.91 - 2_R_12/90 -). (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)


  8. Verletzt eine bauliche Anlage oder deren Nutzung Nachbarrechte, so ist die Bauaufsichtsbehörde regelmäßig verpflichtet, gegen den dafür Verantwortlichen einzuschreiten und die entsprechende Anordnung, wird sie vom Betroffenen nicht befolgt, auch zwangsweise durchzusetzen (Bestätigung der durch Urteil vom 07.09.88 - 2_R_422/86 - begründeten Rechtsprechung des Senats). (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)

§§§


Unterschrift

  1. Mit der vorbehaltlosen Unterzeichnung der zur Genehmigung gestellten Bauvorlagen durch den Nachbarn wird in aller Regel der Verzicht auf die Geltendmachung nachbarlicher Einwendungen erklärt (ständige Rechtsprechung des Senats). (vgl OVG Saarl, B, 08.01.96, - 2_W_46/95- SKZ_96,265/19 (L) = Juris = SörS-Nr.96.002 )


  2. Sind Eheleute Miteigentümer eines Nachbargrundstücks, so kann die vorbehaltlose Unterschrift des Ehemannes unter Bauvorlagen jedenfalls darin nicht auch der mitberechtigten Ehefrau als Zustimmung zugerechnet werden, wenn Behörde und Bauherr geltend machen, sie hätten deren Mitberechtigung nicht gekannt. (vgl OVG Saarl, B, 08.01.96, - 2_W_46/95- SKZ_96,265/19 (L) = Juris = SörS-Nr.96.002)


  3. Ein allgemeiner Rechts- oder Erfahrungssatz des Inhalts, daß ein Miteigentümer eines Grundstückes berechtigt ist, den oder die übrigen Miteigentümer zu vertreten, besteht nicht. Das gilt auch bei Ehegatten. (vgl OVG Saarl, B, 08.01.96, - 2_W_46/95- SKZ_96,265/19 (L) = Juris = SörS-Nr.96.002)


  4. Der im nachbarlichen Gegenseitigkeits- und Gemeinschaftsverhältnis herrschende Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet den Miteigentümer eines Grundstückes nicht dazu, im Falle der Einverständniserklärung eines anderen Miteigentümers selbst tätig zu werden und der Behörde mitzuteilen, daß eine Bevollmächtigung nicht besteht und die Erklärung nur für denjenigen gilt, der sie abgegeben hat. (vgl OVG Saarl, B, 08.01.96, - 2_W_46/95- SKZ_96,265/19 (L) = Juris = SörS-Nr.96.002)


  5. Zu den Anforderungen an die Wirksamkeit eines Verzichtes auf die Geltendmachung nachbarlicher Abwehrrechte durch Unterzeichnung von Bauvorlagen. (vgl OVG Saarl, B, 10.07.1998, - 2_Q_15/98- SKZ_99,120-49 = SörS-Nr.98.104)


  6. Hat der Nachbar im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Bau vorlagen eines früheren, für ihn eher "ungünstiger" ausgestatteten Vorhabens der Bauaufsichtsbehörde in einem Schreiben mitgeteilt, seine Zustimmung betreffe nur einen Teil des Vorhabens (hier: die vorgesehene Grenzgarage, nicht aber das Wohngebäude selbst), so kann diese Erklärung jedenfalls dann nicht als Einschränkung der Zustimmung zu einem ein halbes Jahr später zur Genehmigung gestellten geänderten Vorhaben verstanden werden, wenn dieses - gerade auch was die Betroffenheit seines Grundstückes anbelangt - günstiger ausgestattet ist und er sämtliche Bauvorlagen vorbehaltlos unterschrieben hat. (vgl OVG Saarl, B, 08.01.96, - 2_W_46/95- SKZ_96,265/19 (L) = Juris = SörS-Nr.96.002)


  7. Die mit ihrer Abgabe gegenüber der Baugenehmigungsbehörde wirksam werdende Verzichtserklärung des Nachbarn hinsichtlich materieller Abwehrrechte gegen ein Bauvorhaben muß vom Erklärungsinhalt her eindeutig und auf ein ganz bestimmtes Bauvorhaben bezogen sein. Die Bindungswirkung einer solchen Erklärung für den Nachbarn beschränkt sich regelmäßig immer nur - auf das jeweilige Genehmigungsverfahren, in dem sie abgegeben wurde; im Falle rechtsbeständiger Ablehnung dieses Bauantrages kann sich der Bauherr in einem späteren Genehmigungsverfahren (hier konkret: erneute Einreichung der vom Nachbarn unterschriebenen Baupläne nach mehreren Jahren) oder gegenüber der Nachbaranfechtung einer nun erteilten Bauerlaubnis nicht mehr mit Erfolg auf diese Erklärung berufen (im Anschluß an die Urteile des Senats vom 12.05.78 - 2_R_124/77 = BRS_33_Nr.178 und vom 14.03.83 - 2_R_14/82 = BRS_40_Nr.209). (vgl OVG Saarl, B, 05.04.95, - 2_W_10/95- SKZ_95,253/22 (L) = Juris = SörS-Nr.95.048)

§§§


Verwirkung

  1. Erklärt ein Nachbar im Rahmen eines Zivilprozesses, er erhebe keine Einwendungen gegen ein bestimmtes Bauvorhaben, so kann ein gleichwohl erhobener Widerspruch gegen die für dieses Vorhaben erteilte Baugenehmigung unter dem Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" unzulässig sein (im Anschluß an Beschluß des Senats vom 14.03.83, BRS_40_Nr.209 S.461 -). (vgl OVG Saarl, U, 29.05.96, - 2_R_24/95- SKZ_96,266/20 (L) = SörS-Nr.96.054)


  2. Ein durch nachbarliches Verhalten erzeugtes Vertrauen des Bauherrn, eine ihm bauaufsichtsbehördlich genehmigte Grenzgarage werde vom Nachbarn hingenommen, wird jedenfalls dann nicht bestätigt, wenn nicht die genehmigte Garage ins Werk gesetzt, sondern ein nach Höhe, Grundfläche und Standort von der Genehmigung abweichendes Bauwerk errichtet wird. In diesem Falle fehlt es an einer Vertrauensbetätigung als Voraussetzung der Verwirkung nachbarlicher Abwehrrechte. (vgl OVG Saarl, B, 10.07.1998, - 2_Q_15/98- SKZ_99,120-49 = SörS-Nr.98.104)


  3. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, daß ein Nachbar nach dem die gesamte Rechtsordnung und auch das nachbarliche Gegenseitigkeits- und Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens gehindert sein kann, öffentlich-rechtliche Abwehrrechte gegen ein Bauvorhaben geltend zu machen, das er aufgrund einer ihn bindenden zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrn hinnehmen muß. (vgl OVG Saarl, B, 30.09.1998, - 2_W_8/98- SKZ_99,121-56 = SKZ_00,61 -64 = SörS-Nr.98.165)


  4. Ein Nachbar ist gehalten, ihm zustehende Abwehrrechte ernsthaft und mit Nachdruck zu verfolgen, um zu verhindern, daß sein Untätigbleiben die Grundlage für Vertrauen des Bauherrn auf die endgültige Hinnahme des rechtswidrigen Bauzustandes schafft. Anfängliche nachbarliche Proteste oder Unmutsäußerungen oder auch Erkundigungen bei der Bauaufsichtsbehörde können nur über eine begrenzte Zeitspanne das Entstehen von Vertrauen verhindern. Die Vertrauen vereitelnde Wirkung solcher Aktivitäten entfällt jedenfalls dann, wenn sich hieran eine längere Zeitspanne der Untätigkeit anschließt (hier: 2 Jahre). (vgl OVG Saarl, B, 16.04.1998, - 2_Q_2/98- SKZ_98,249 (L) = SörS-Nr.98.058 )


  5. Da das durch die zeitliche Komponente der Verwirkung begründete Vertrauen des Bauherrn gerade dahin geht, der Nachbar werde das ihm zustehende Abwehrrecht nicht mehr ausüben, wird es zumindest im Regelfall in der Person des Bauherrn durch die Vorstellung bestimmt, daß ein solches Abwehrrecht besteht oder bestehen könnte, mithin sein Bauvorhaben rechtswidrig ist. (vgl OVG Saarl, B, 16.04.1998, - 2_Q_2/98- SKZ_98,249 (L) = SörS-Nr.98.058)


  6. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, daß ein eigener Grenzbau beziehungsweise ein die erforderlichen Abstandsflächen unterschreitendes Bauvorhaben den Nachbarn, nicht verpflichtet, eine Grenzbebauung oder Abstandsunterschreitung an anderer Stelle der gemeinsamen Grenze hinzunehmen. (vgl OVG Saarl, B, 11.11.1998, - 2_Q_20/98- SKZ_99,122-60 = SörS-Nr.98.193)

§§§


Schikaneverbot

§§§


Zivilrechtliche Vereinbarungen

  1. Ein im Wege einer Grunddienstbarkeit eingeräumtes Grenzbebauungsrecht ist jedenfalls dann hinreichend bestimmt, wenn der Umfang der Duldungspflicht aufgrund eines rechtskräftigen zivilrechtichen Urteils konkretisiert ist. (vgl OVG Saarl, B, 30.09.1998, - 2_W_8/98- SKZ_99,121-56 = SKZ_00,61 -64 = SörS-Nr.98.165)


  2. Hat ein Nachbar im Rahmen eines zivilrechtlich vereinbarten wechselseitigen und von ihm bereits ausgenutzten Grenzbebauungsrechts dem Eigentümer des Baugrundstücks die Befugnis zur Bebauung der gemeinsamen seitlichen Grenze eingeräumt, so kann er nach dem die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" gehindert sein, gegenüber einem Vorhaben die Unterschreitung der vorgeschriebenen Abstandsfläche einzuwenden, wenn diese hinter dem zurückbleibt, was bei vollständiger Ausnutzung des Grenzbebauungsrechts zu erwarten gewesen wäre. (vgl OVG Saarl, B, 23.02.94, - 2_W_5/94- SKZ_94,256/25 (L1-2) = BRS_56_Nr.184 + BRS_56_Nr.107 (L) = Juris (L1-4) = SörS-Nr.94.025 )

§§§


aufteilen
  • Allein die erklärte Bereitschaft eines Nachbarn, Abstandsflächen zu übernehmen oder einen entsprechenden Grundstücksteil zu übereignen, ändert nichts an der Unvereinbarkeit eines grenznahen Gebäudes mit den Bestimmungen über die Abstandsflächen. (vgl OVG Saarl, U, 14.12.93, - 2_R_46/92- SKZ_94,109/24 (L) = SörS-Nr. 93.186)


  • Verletzt eine bauliche Anlage oder deren Nutzung Nachbarrechte, so ist die Bauaufsichtsbehörde regelmäßig verpflichtet, gegen den dafür Verantwortlichen einzuschreiten und die entsprechende Anordnung, wird sie vom Betroffenen nicht befolgt, auch zwangsweise durchzusetzen (Bestätigung der durch Urteil vom 07.09.88 - 2_R_422/86 - begründeten Rechtsprechung des Senats). (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)


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