§§§
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00.035 | Deutschland muß sterben |
| BVerfG, B, 03.11.00, 1_BvR_581/00 www.BVerfG.de = openJur = DVBl_00,278 -80
GG_Art.2, GG_Art.5; BVerfGG_§_93a, BVerfGG_§_93c; StGB_§_90a
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| LB 1) Das Lied "Deutschland muß sterben" der Hamburger Punkrock-Gruppe Slime ist Kunst im Sinne Art.5 Abs.3 GG. |
| LB 2) Die Kunstfreiheit schützt auch die Verbreitung des Liedes, also den Wirkbereich des Kunstwerks. |
| LB 3) Eine Gefährdung des Bestandes der rechtsstaatlichen verfassten Demokratie in der BRD kann zwar, da es sich um ein verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut handelt grundsätzlich eine Einschränkung der Kunstfreiheit rechtfertigen. Ob aber das einmalige Abspielen eines dreiminütigen Liedes vor 50 Versammlungsteilnehmern, die öffentlichtlich durchweg das Lied bereits kannten und mitsangen, die gebührende Achtung der Bürger vor dem Staat ausgehölt und untergraben werden kann, erscheint zumindest zweifelhaft.
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§§§
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00.036 | Kundenkonten |
| BVerfG, B, 15.11.00, 1_BvR_1213/00 www.BVerfG.de = openJur = NJW_01,811 -12
GG_Art.1 Abs.1, GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.19 Abs.3; (77) AO_§_93, AO_§_107
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| LB 1) Die Auskunftspflicht des § 93 AO 1977 beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage, ist durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls begründet und verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht. |
| LB 2) Die Pflicht der Energieversorgungsunternehmen, den Finanzämtern im Rahmen der Vollstreckung von Steuerforderungen nach § 93 AO 1977 Auskunft über die Kontoverbindungen ihrer Kunden zu erteilen ist eine zumutbare Belastung, die das Grundgesetz nicht verletzt. |
§§§
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00.037 | 1-Pfennig-Farbbild |
| BGH, U, 16.11.00, I_ZR_186/98 www.BGH.de = JURION = BGHR_01,252 = GRUR_01,446 -48 = MDR_01,762 -63 = NJW-RR_01,686 -87
UWG_§_1; PAngV_§_1 Abs.1 S.1
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| Wer eine aus einzelnen Bestandteilen zusammengesetzte Gesamtleistung anbietet, darf, wenn sich hierfür ein Gesamtpreis bilden läßt, nicht den besonders günstigen Preis einzelner Leistungsbestandteile herausstellen, sondern muß nach § 1 Abs.1 Satz 1 PAngV den Gesamtpreis angeben. |
§§§
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00.038 | Classe E |
| BGH, U, 23.11.00, I_ZR_93/98 www.BGH.de = JURION = BGHR_01,136 = GRUR_01,242 -46 = MDR_01,886 -87 = NJW-RR_01,975 -78
MarkenG_§_14 Abs.1 + 2, MarkenG_§_50 Abs.1 Nr.4; BGB_§_242
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| Zur Frage einer rechtsmißbräuchlichen Geltendmachung des markenrechtlichen Ausschließlichkeitsrechts nach § 14 Abs.1 MarkenG. |
§§§
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00.039 | Rückgaberecht |
| BGH, U, 28.11.00, I_ZR_201/98 www.BGH.de = JURION = BGHR_01,212 = GRUR_01,358 -61 = NJW-RR_01,624 -26 = WM_01,694 -96
ZugabeVO_§_1 Abs.1
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| Die Werbung mit einem auf 14 Tage befristeten Rückgaberecht beim Kauf von Fotoartikeln, Geräten der Unterhaltungselektronik und elektrischen Haushaltsgeräten stellt grundsätzlich kein Anbieten einer verbotenen Zugabe dar. |
§§§
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00.040 | Bankgeheimnis |
| FG SH, B, 28.11.00, 5_288/00
JURION = NJW_01,2350 -52
(77) AO_§_30a, AO_§_194 Abs.3
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| 1) Für rechswidrig ermittelte Daten besteht grundsätzlich keine Verwertungsbefugnis nach § 194 III AO 1977. Die Außenprüfung überschreitet die ihr zugewiesen Aufgaben, wenn sie ohne sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung gezielt nach Kontrollmaterial (hier: Transaktionen von Bankkunden nach Luxemburg) sucht. |
| 2) In den Schutzzweck des § 30a III 1977 AO fallen auch interne Zwischenkonten einer Bank, soweit sie nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschäftsvorfällen auf legitimationsgeprüften Kundenkonten enthalten. Kontrollmitteilungen können im Schutzbereich des § 30a III 1977 AO gefertigt werden, wenn dafür ein hinreichender Anlass besteht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist davon erst auszugehen, wenn die Feststellungen den konkreten Verdacht einer Steuerverkürzung begründen.
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§§§
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00.041 | Telefonsex |
| OLG Celle, U, 29.11.00, 21_U_36/00 OLG NS = openJur = OLG-Rep_01,LS29
TDG_§_1, TDG_§_2, TDG_§_3, TDG_§_5; TKV_§_15; BGB_§_147 Abs.1
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| 1) Nimmt der Kunde eines Mobilfunkunternehmens "Teledienste" in Anspruch, kommt durch telefonische Erklärung der Beteiligten oder durch schlüssiges Verhalten ein Teledienstevertrag zwischen Anrufer und Diensteanbieter zustande. Das Mobilfunkunternehmen ist in diesen Fällen gemäß § 15 Abs.1 TKV (Telekommunikationsverordnung) berechtigt und im Verhältnis zu anderen Netzanbietern (etwa Deutsche Telekom) verpflichtet, die Forderung des Diensteanbieters einzuziehen. |
| 2) Verträge, die darauf gerichtet sind, Telefonsex kommerziell zu fördern, sind sittenwidrig. Deswegen begründen Vereinbarungen über die Leistung von Telefonsex weder zwischen Diensteanbieter und Nutzer (§ 3 Nr.3 TDG) noch zwischen dem Mobilfunknetzbetreiber und dessen Vertragspartner wirksame Forderungen. Das gilt indes nicht für Dienste, die die Kontaktaufnahme mit einem zufälligen, ständig wechselnden Kreis von Teilnehmern zum Gegenstand haben. Hier übernimmt der Diensteanbieter nicht die Verpflichtung, die für die so genannten erotischen Echtzeitgespräche spezifischen sexualbezogenen Dienste zu leisten. Er stellt lediglich die Verbindung zwischen dem Anrufer und einem anderen Teilnehmer her, der die Inhalte des Gesprächs frei bestimmen kann. |
| 3) Die Nichtigkeit des Teledienstevertrages führt nicht zur Nichtigkeit des Telefonvertrages. Dieser ist auch dann weder ganz noch zum Teil sittenwidrig, wenn der Telefonkunde das Telefonnetz für erotische Eschtzeitgespräche nutzt. |
| 4) Die Nichtigkeit des Teledienstevertrages wegen Sittenwidrigkeit erstreckt sich auch auf das Rechtsverhältnis des Diensteanbieters zum Telefonnetzbetreiber. Das führt dazu, dass das Mobilfunkunternehmen dem Diensteanbieter und dem anderen Netzbetreiber (etwa Deutsche Telekom) die Nichtigkeit des Teledienstevertrages entgegenhalten kann.
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§§§
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00.042 | Richterlicher Hinweis |
| BGH, VU, 07.12.00, I_ZR_179/98 www.BGH.de = JURION = BGHR_01,485 = MDR_01,1009 = NJW_01,2548 -50
ZPO_§_139
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| Ein richterlicher Hinweis bzw eine Rückfrage des Gerichts ist auch dann geboten, wenn für das Gericht offensichtlich ist, daß der Prozeßbevollmächtigte einer Partei die von dem Prozeßgegner erhobenen Bedenken gegen die Fassung eines Klageantrags oder die Schlüssigkeit der Klage falsch aufgenommen hat. |
§§§
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00.043 | Zugangsstörung |
| BGH, U, 12.12.00, XI_ZR_138/00 www.BGH.de = lexetius.com = BGHZ_146,138 -44 = BGHR_01,206 -08 = CR_01,181 -83 = JZ_01,607 -09 = K&R_01,217 -19 = MDR_01,463 -64 = MMR_01,225 -27 = NJW_01,751 -53 = VersR_02,762 -63 = WM_01,196 -98
AGBG_§_8, AGBG_§_11 Nr.7
Revision-erfolgreiche
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| Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten, nach denen das Institut bei aus technischen und betrieblichen Gründen erfolgten, zeitweiligen Beschränkungen und Unterbrechungen des Zugangs zum Online-Service auch bei grobem Verschulden nicht haftet, verstoßen gegen § 11 Nr.7 AGBG. |
§§§
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00.044 | Ausschwitzlüge |
| BGH, U, 12.12.00, 1_StR_184/00 www.BGH.de = HRR-Strafrecht.de = BGHSt_46,212 -25 = CR_01,260 -62 = JZ_01,1194 -98 = MMR_01,228 -32 = NJW_01,624 -28
StGB_§_9 Abs.1, StGB_§_130
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| Stellt ein Ausländer von ihm verfaßte Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung im Sinne des § 130 Abs.1 oder des § 130 Abs.3 StGB erfüllen ("Auschwitzlüge"), auf einem ausländischen Server in das Internet, der Internetnutzern in Deutschland zugänglich ist, so tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg ( § 9 Abs.1 3. Alternative StGB) im Inland ein, wenn diese Äußerungen konkret zur Friedensstörung im Inland geeignet sind. |
| HRR-LS 2) Die Volksverhetzung nach § 130 Abs.1 und Abs. 3 StGB ist ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt. Solche Gefährdungsdelikte sind eine Untergruppe der abstrakten Gefährdungsdelikte (BGH NJW 1999, 2129). (Bearbeiter)
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| HRR-LS 3) Bei abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikten ist ein Erfolg im Sinne des § 9 StGB dort eingetreten, wo die konkrete Tat ihre Gefährlichkeit im Hinblick auf das im Tatbestand umschriebene Rechtsgut entfalten kann. Bei abstrakten Gefährdungsdelikten ist ein "zum Tatbestand gehörender Erfolg" im Sinne des § 9 StGB möglich. (Bearbeiter) |
| HRR-LS 4) Das Merkmal "zum Tatbestand gehörender Erfolg" im Sinne des § 9 StGB ist nicht ausgehend von der Begriffsbildung der allgemeinen Tatbestandslehre zu ermitteln. (Bearbeiter) |
| HRR-LS 5) Für die Eignung zur Friedensstörung genügt es, daß berechtigte - mithin konkrete - Gründe für die Befürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern. Für die Eignung zur Friedensstörung ist der Eintritt einer konkreten Gefahr nicht erforderlich. Notwendig ist allerdings eine konkrete Eignung zur Friedensstörung. Sie darf nicht nur abstrakt bestehen und muß wenn auch aufgrund generalisierender Betrachtung konkret festgestellt sein. Vom Tatrichter verlangt wird die Prüfung, ob die jeweilige Handlung bei genereller Betrachtung gefahrengeeignet ist. Der Gegenbeweis der nicht gegebenen Eignung zur Friedensstörung im Einzelfall bleibt möglich. (Bearbeiter) |
| HRR-LS 6) Eine jedem Internet-Nutzer in Deutschland zugängliche Publikation, die geeignet war, das gedeihliche Miteinander zwischen Juden und anderen Bevölkerungsgruppen empfindlich zu stören und die Juden in ihrem Sicherheitsgefühl und in ihrem Vertrauen auf Rechtssicherheit zu beeinträchtigen, genügt grundsätzlich für die Eignung zur Friedensstörung. (Bearbeiter) |
| HRR-LS 7) Das deutsche Strafrecht gilt für die Erfolgsdelikte der Beleidigung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in den Internet-Fällen. Die Ehrverletzung tritt jedenfalls mit der Kenntniserlangung des ermittelnden Polizeibeamten ein (vgl BGHSt_9,17 ), soweit es sich hierbei nicht um vertrauliche Äußerungen handelte, von denen sich der Staat Kenntnis verschafft handelte (vgl. BVerfGE_90,255 ). (Bearbeiter) |
| HRR-LS 8) Eine presserechtliche Verjährung kommt bei Internetveröffentlichungen über homepages von ausländischen Servern nicht in Betracht (kein Presseinhaltsdelikt; vgl. BGH NStZ_96,492). (Bearbeiter) |
| HRR-LS 9) Die Verfügung des Vorsitzenden, durch die ein Verteidiger bestellt wird, unterliegt als Vorentscheidung gemäß § 336 StPO unmittelbar der Überprüfung durch das Revisionsgericht, weil das Urteil auf ihr beruhen kann. Die Statthaftigkeit einer solchen Rüge hängt nicht davon ab, daß der Angeklagte zuvor eine Entscheidung des Gerichts herbeigeführt hat. Dies gilt in gleicher Weise für eine Entscheidung des Vorsitzenden, mit der die Zurücknahme der Bestellung abgelehnt worden ist ( BGHSt_39,310, 311). (Bearbeiter)
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| HRR-LS 10) Als wichtiger Grund für die Bestellung oder die Zurücknahme der Bestellung kommt jeder Umstand in Frage, der den Zweck der Verteidigung, dem Beschuldigten einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährdet. Die Fürsorgepflicht gegenüber dem Angeklagten wird es dem Vorsitzenden regelmäßig verbieten, einen Verteidiger zu bestellen, der die Verteidigung wegen eines Interessenkonflikts möglicherweise nicht mit vollem Einsatz führen kann (BVerfG Kammer - NJW_98,444 ). (Einzelfall der Verletzung der §§ 140, 141 StPO und des Rechtes auf wirksame Verteidigung; Bestellung eines Pflichtverteidigers, der Furcht vor eigener Bestrafung hegt - Volksverhetzung). (Bearbeiter) |
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00.045 | Schockwerbung |
| BVerfG, U, 12.12.00, 1_BvR_1762/95 wwww.BVerfG.de = DFR = NJW_01,591 = JuS_01,601 -04
GG_Art.5 Abs.1 + 2: UWG_§_1;
Benetton
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| 1) Die Pressefreiheit eines Zeitschriftenverlegers kann verletzt werden, wenn ihm die Veröffntlichung von Werbeanzeigen untersagt wird, für die der Werbende den Schutz der Meinungsfreiheit genießt. |
| 2) Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Imagewerbung mit gesellschaftskritischen Themen (Benetton-Werbung). |
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00.046 | Telefonsex |
| OLG Saarl, U, 19.12.00, 7_U_160/00-42 JurPc = Dialer&Recht = OLG-Rep_01,123 -24 = MMR_01,703 -04
BGB_§_134, BGB_§_138
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| 1) §§ 134 und 138 BGB stehen der vertraglichen Verpflichtung des Kunden gegenüber dem Telekommunikationsunternehmen, über den Service 0190 angebotene Telefonverbindungen, die Telefonsex zum Gegenstand haben, zu vergüten, nicht entgegen. |
| 2) Bei Ansprüchen - wegen der Inanspruchnahme von Telefonsexdienstleistungen über 0190-Nummern - aus einem Telekommunikationsvertrag ist § 138 BGB nur anwendbar, wenn alle Beteiligten subjektiv sittenwidrig handeln. Das ist auf der Seite des Telekommunikationsdienstleistungsanbieters nicht der Fall, da für diesen nicht erkennbar ist, ob sich hinter einer Telefonnummer ein Telefonsexanbieter verbirgt. Selbst wenn von einer Sittenwidrigkeit von Telefonsexdienstleistungen auszugehen wäre, würde sich die Sittenwidrigkeit nicht auf alle in engerem oder weiterem Zusammenhang stehenden Rechtsbeziehungen erstrecken. Die Leistung des Telekommunikationsdienstleistungsanbieters stellt sich vielmehr als wertneutrales Hilfsgeschäft dar, ähnlich der Zimmervermietung an Prostituierte. (LS JurPC) |
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00.047 | Internetanschluss |
| OVG MV, B, 21.12.00, 2_M_64/00 JurPc = JURION = JurPC-Web-Dok.209/2001
(MV) LBG_§_57, LBG_§_60, LBG_§_63 Abs.1; PersVG_§_70 Abs.1 Nr.2; DSG_§_8 Abs.1
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| Zum Beweisverwertungsverbot im Verfahren wegen des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte (§ 63 Abs.1 LBG M-V) wegen privater Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses bei unterlassener Beteiligung des Personalrats bei der Einführung von Internetanschlüssen mit systemimmanenter Verlaufsprotokollierung. |
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