2016  
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15.001 Internet-System-Vertrag
 
  1. BGH,     U, 08.01.15,     – VII_ZR_6/14 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW-RR__15,469 -72 = MDR_15,325 -26 = K&R_15,202 -05 = JZ_15,27 = CR_15,187 -88 = MMR_15,235 -37

  3. BGB_§_631, BGB_§_649 S.2

  4. Revision-zurückgewiesen

 

1) Haben die Parteien eines BGB-Werkvertrages Voraus- oder Abschlagszahlungen vereinbart, folgt ein etwaiger Rückzahlungsanspruch aufgrund eines sich nach einer Abrechnung ergebenden Überschusses aus dem Vertrag (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22.November 2007 VII_ZR_130/06, BauR_08,540 = NZBau 2008,256; Urteil vom 24.Januar 2002 VII_ZR_196/00, BauR_02,938 = NZBau 2002,329).

 

2) Zur Darlegung eines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB bei einem vor der Erbringung von Leistungen gekündigten "Internet-System-Vertrag".

§§§

15.002 Textberichterstattung
 
  1. BGH,     U, 13.01.15,     – VI_ZR_386/13 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW_15,776 -78 = MDR_15,333 -34 = K&R_15,194 -96 = JZ_15,155 = GRUR_15,293 -95 = VersR_15,336

  3. BGB_§_823

  4. Revision-erfolgreiche

Abs.7

Zum Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer identifizierenden Textberichterstattung.

* * *

T-15-01Identifizierende Textberichtserstattung

7

"a) Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist allerdings betroffen.

8

aa) Dies ergibt sich noch nicht alleine aus dem Umstand, dass der Kläger im angegriffenen Artikel überhaupt namentlich erwähnt wird. Denn anders als bei der Veröffentlichung eines Bildes einer Person, die eine grundsätzlich rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeits-rechts begründet, die unabhängig davon ist, ob die Person in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen und in vorteilhafter oder unvorteilhafter Weise abgebildet ist, ist dies bei personenbezogenen Wortberichten nicht ohne Weiteres der Fall. Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG bietet nicht schon davor Schutz, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten (Senatsurteil vom 26.Oktober 2010 - VI_ZR_230/08, BGHZ_187,200 Rn.8 ff.; BVerfG, NJW_12,1500 Rn.35; NJW_11,740 Rn.52).

9

bb) Betroffen ist der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, das über den Schutz der Privatsphäre hinausgeht und sich als Befugnis des Einzelnen darstellt, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl zB Senatsurteile vom 23.September 2014 - VI_ZR_358/13, VersR_14,1465 Rn.26, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; vom 29.April 2014 - VI_ZR_137/13, VersR_14,968 Rn.6; vom 23.Juni 2009 - VI_ZR_196/08, BGHZ_181,328 Rn.28; vom 13. November 1990 - VI_ZR_104/90, VersR_91,433, 434). Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl Senatsurteile vom 23.September 2014 - VI_ZR_358/13, aaO; vom 23.Juni 2009 - VI_ZR_196/08, aaO). In dem angegriffenen Artikel wird dem Leser mitgeteilt, dass der Kläger Benjamin S. beschäftigt. Dass dieser Umstand der beruflichen Sphäre des Klägers zuzuordnen ist, steht der Annahme eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen (vgl Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI_ZR_358/13, aaO, Rn.35; vom 23.Juni 2009 - VI_ZR_196/08, aaO Rn.29; vgl ferner Senatsurteil vom 21. November 2006 - VI_ZR_259/05, VersR_07,511 Rn.11 f.; noch zweifelnd: Senatsurteil vom 13.November 1990 - VI_ZR_104/90, VersR_91,433, 434).

10

cc) Darüber hinaus ist die ebenfalls vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte (BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I_ZR_216/92, NJW-RR_95,301, 303; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5.Aufl, Kap.5 Rn.94) Geschäftsehre des Klägers tangiert. Zwar wird dem Kläger selbst kein Vorwurf gemacht. Er wird aber worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat insbesondere durch die Gestaltung der Überschrift, in der bereits sein Name genannt wird, in einen Zusammenhang mit den "Hells Angels" gebracht. Die im Artikel dabei enthaltene Aussage, in seinem Geschäft arbeite mit Bäenjamin S. eine Person, die einer gemeinsam mit zwei Mitgliedern der "Hells Angels" begangenen Straftat verdächtig sei, ist für das Ansehen und den geschäftlichen Erfolg des Klägers abträglich, da sich Kunden aufgrund dieses Umstandes möglicherweise veranlasst sehen, auf einen Besuch in einem Geschäft des Klägers zu verzichten, weil sie mit vermeintlichen Straftätern und den "Hells Angels" nichts zu tun haben wollen.

11

dd) Von der angegriffenen Berichterstattung nicht betroffen ist indes die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre des Klägers. Denn der Kläger wird allein als Arbeitgeber des Benjamin S. und damit ausschließlich in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit, die der Sozialsphäre zuzurechnen ist, erwähnt.

12

b) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist aber nicht rechtswidrig.

13

aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (stRspr, vgl. nur Senatsurteil vom 30.September 2014 - VI_ZR_490/12, AfP_14,534, 536 mwN).

14

bb) Im Streitfall sind das durch Art.2 Abs.1, Art.1 Abs.1 (auch in Verbindung mit Art.12 Abs.1 GG) und Art.8 Abs.1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten mit dem in Art.5 Abs.1 GG und Art.10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Diese Abwägung ergibt - anders als das Berufungsgericht meint -, dass die geschützten Interessen der Beklagten diejenigen des Klägers überwiegen.

15

(1) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - VI_ZR_211/12, BGHZ_199,237 Rn. 23 mwN). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts sind die im angegriffenen Artikel der Beklagten aufgestellten Tatsachenbehauptungen wahr. Ob dies auch für die Behauptung gilt, bei Benjamin S. handle es sich um den Filialleiter der "Kudamm-Filiale", kann dahinstehen. In welcher Funktion Benjamin S. tätig ist, als Filialleiter oder als Verantwortlicher am Empfang, hat für die den Kläger betreffende Abwägung keine Bedeutung.

16

(2) Besondere Umstände, aufgrund derer die Abwägung trotzdem zulasten der Meinungs- und Medienfreiheit der Beklagten ausfallen könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht für ein Überwiegen der geschützten Interessen der Beklagten auch der Umstand, dass die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in seiner beruflichen Sphäre betrifft. Schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, wie sie nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 20.Dezember 2011 - VI_ZR_262/10, ZUM-RD 2012, 253 Rn.12; vom 17.November 2009 - VI_ZR_226/08, VersR_10,220 Rn.21; vom 23.Juni 2009 - VI_ZR_196/08, BGHZ_181,328 Rn.31) erforderlich wären, um an Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre negative Sanktionen knüpfen zu können, drohen nicht. Die angegriffene Berichterstattung belastet den Kläger nur in geringem Maße. Insbesondere drohen - in Bezug auf den Kläger - weder soziale Ausgrenzung noch Stigmatisierung oder Prangerwirkung.

17

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann eine stigmatisierende Wirkung des Artikels in Bezug auf den Kläger nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass über ihn im Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Verfahren berichtet wird. Zwar mag es - wie die Revisionserwiderung annimmt - durchaus zutreffen, dass im Zusammenhang mit einem Strafverfahren bereits die namentliche Nennung einer Person stigmatisierend wirken kann. Im Streitfall ist dies in Bezug auf den Kläger aber gerade nicht der Fall. Es wird im angegriffenen Artikel nämlich in keiner Weise behauptet, der Kläger sei in das möglicherweise strafrechtlich relevante Geschehen in irgendeiner Weise involviert gewesen.

18

Darüber hinaus entfaltet die angegriffene Berichterstattung in Bezug auf den Kläger auch keine Prangerwirkung. Eine solche kommt wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkannt hat in Betracht, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (BVerfG, VersR_10,1194 Rn.25). Dies ist hier nicht der Fall. Der angegriffene Artikel enthält keinerlei gegen den Kläger gerichtete Vor-würfe. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Nennung des Namens des Klägers im Zusammenhang mit dem Umstand, dass "(s)ein 'Filialleiter' mit 'Hells Angels' verhaftet wurde", stehe dem Vorwurf eines beanstandungswürdigen Verhaltens im Sinne der Prangerwirkung gleich, teilt der erkennende Senat nicht. Auch wenn die im Artikel enthaltene Aussage - wie dargelegt - die Geschäftsehre des Klägers berührt, entspricht die von ihr ausgehende Ehrbeeinträchtigung weder hinsichtlich ihrer Qualität noch ihrer Intensität den an die Annahme einer unzulässigen Prangerwirkung zu stellenden Anforderungen. Der von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang betonte Umstand, der Kläger sei von Kunden auf die im Artikel thematisierten Vorgänge angesprochen worden, geht über eine bloße Unannehmlichkeit nicht hinaus. Eine tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Beeinträchtigung, die das Gewicht des Eingriffs verstärken könnte, macht der Kläger selbst nicht geltend.

19

(3) Weiter ändert am Ergebnis der Abwägung und der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Veröffentlichung auch der Umstand nichts, dass über die Festnahme des Benjamin S. und deren Hintergründe auch hätte berichtet wer-den können, ohne den Kläger zu erwähnen. Es gehört zum Kern der Meinungs- und Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses auch unter dem Gesichtspunkt des "Aufmachers" - wert halten und was nicht. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (Senatsurteil vom 29.April 2014 - VI_ZR_137/13, VersR_14,968 Rn.23 mwN). Im Übrigen kann ein objektives Informationsinteresse an der Berichterstattung darüber, dass der prominente Kläger Benjamin S. trotz seiner "schwierigen Vergangenheit" beschäftigt, nicht verneint werden.

20

(4) Zuletzt greift der Einwand der Revisionserwiderung nicht, die namentliche Nennung des Klägers in der angegriffenen Berichterstattung sei auch deshalb unzulässig, weil sie im Zusammenhang mit einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung erfolgt sei. Dabei kann offenbleiben, ob in Bezug auf Benjamin S. tatsächlich von einer unzulässigen identifizierenden Verdachtsberichterstattung ausgegangen werden kann. Denn jedenfalls könnte der Kläger daraus nichts für sich herleiten. Dass Benjamin S. in - unterstellt - unzulässiger Weise identifizierbar dargestellt wurde, bedeutet nicht, dass auch der Kläger in diesem Zusammenhang nicht hätte namentlich erwähnt werden dürfen."

 

Auszug aus BGH U, 13.01.15, - VI_ZR_386/13 -, www.BVerwG.de,  Abs.7 ff

§§§

15.003 Löschung zweier E-Mails
 
  1. BGH,     B, 13.01.15,     – VI_ZB_29/14 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW_15,787 -88 = MDR_15,230 = K&R_15,192 -94 = JZ_15,157 = GRUR_15,298 -99 = CR_15,250 -51 = VersR_15,471

  3. BGB_§_823 Abs.1, BGB_§_1004; ZPO_§_511 Abs.2 Nr.1; GG_Art.1, GG_Art,2, GG_Art.5

  4. Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen

 

Zur Beschwer des Beklagten, der zur Löschung zweier mehr als drei Jahre alter E-Mails von seiner Internetseite verurteilt worden ist.

§§§

15.004 Motorradteile
 
  1. BGH,     U, 15.01.15,     – I_ZR_148/13 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com = GRUR_15,780 = MDR_15,904

  3. BGB_§_199 Abs.1; UrhG_§_13 S.1, UrhG_§_97, UrhG_§_102 S.2

  4. Revision-teilweise erfolgreich

 

1) Eine rechtsverletzende Dauerhandlung (hier das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen von Fotografien im Internet) ist zur Bestimmung des Beginns der Verjährung gedanklich in Einzelhandlungen (also in Tage) aufzuspalten, für die jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist läuft.

 

2) Mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB kann die Herausgabe des durch die Verletzung eines Urheberrechts erlangten Gebrauchsvorteils im Wege der Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr verlangt werden.

 

3) Wegen einer Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 Satz 1 UrhG) kann nach § 97 Abs.2 UrhG sowohl der Ersatz materiellen Schadens als auch der Ersatz immateriellen Schadens beansprucht werden. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Urheber nach § 97 Abs.2 Satz 4 UrhG eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dies setzt voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Nur wegen des Schadens, der Vermögensschaden ist, kann der Urheber seinen Schadensersatzanspruch nach § 97 UrhG auch auf der Grundlage des Betrages berechnen, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei kann die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines durch die fehlende Urheberbenennung verursachten Schadens geschuldet ist, in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung (hier das öffentliche Zugänglichmachen von Fotografien) zu zahlen ist.

§§§

15.005 Privatanschrift eines Arztes
 
  1. BGH,     U, 20.01.15,     – VI_ZR_137/14 –

  2. www.BGH.de = JurPc Web-Dok 87/2015

  3. BGB_§_242; BDSG_§_32 Abs.1 S.1

 

Zur Frage der Auskunftspflicht des Klinikträgers über die Privatanschrift eines bei ihm angestellten Arztes.

§§§

15.006 Einbürgerungsakte
 
  1. VG Wiesb,     U, 20.01.15,     – 6_K_1567/14 –

  2. JurPC = openJur

  3. VwGO_§_99 Abs.1; VwVfG_§_3a; E-GovernmentG_§_7; LDSG_§_6 (he)

 

1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden und Akten verpflichtet. Verfügt die Behörde über elektronische Dokumente, so ist sie zur Übermittlung der elektronischen Dokumente verpflichtet. Die Vorlage einer sogenannte "PDF-Akte" in ausgedruckter Form reicht dazu nicht aus.

 

2) Elektronische Dokumente müssen mit einer qualifizierten Signatur nach dem Signaturgesetz versehen sein. Einfach eingescannte Unterlangen haben den Wert einer einfachen Kopie.

 

3) Eine Kopie erweckt zwar den Anschein, Abbild des Originals zu sein, ihre inhaltliche Unverfälschtheit steht aber nicht fest. Kopien können manipuliert oder in anderer Form elektronisch erzeugt worden sein.

 

4) Spätestens zum Zeitpunkt der Verarbeitung (Erhebung, Verarbeitung, Nutzung) muss das Verfahrensverzeichnis - die Meldung - in vollständiger Form vorzuliegen.

 

5) Bei den besonderen Arten personenbezogener Daten (wie Gesundheitsdaten, strafrechtliche Verurteilungen, Betreuungsverhältnisse) sind besondere Sicherungen erforderlich, wie z.B. gesonderte Unterakten, die nur beschränkt einsichtsfähig sind und ggf. früher gelöscht werden können.

 

6) Bei der Auftragsdatenverarbeitung ist der Auftrag zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer schriftlich zu erteilen. Fehlt diese, so dürfen dem Auftragnehmer keine Daten übermittelt werden, andernfalls sind sie zu löschen. Die derzeit in Hessen praktizierte elektronische Einbürgerungsakte (PDF-Akte) ist rechtlich mehr als höchst bedenklich, ja in der Form, in der diese derzeit betrieben wird, unzulässig.

 

8) Die semi-professionelle Handhabung rechtlicher Bedingungen, an welche sowohl der Beklagte, als auch die vorgesetzte Behörde, gebunden sind, kann nicht zum Nachteil der Einbürgerungsbewerber gereichen.

 

9) Mangels eines Verfahrensverzeichnisses gemäß § 6 HDSG und damit dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Meldung sind die Daten, welche über das Digi-Fax empfangen werden, nicht verwertbar.

§§§

15.007 Buchungsgebühr
 
  1. BGH,     U, 27.01.15,     – XI_ZR_174/13 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW_15,1440 -42 = MDR_15,348 -49 = JZ_15,222 -23 = WM_15,519 -21 = JuS_15,743

  3. BGB_§_307 Abs.1 S.1 + Abs.3 S.1, BGB_§_675y

  4. Revision-erfolgreiche

 

Die unterschiedslos auf sämtliche Buchungen bezogene Bestimmung in dem Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank

"Preis pro Buchungsposten 0,35 EUR"

ist nach § 307 Abs.3 Satz 1 BGB kontrollfähig und nach § 307 Abs.1 Satz 1 BGB gegenüber Verbrauchern unwirksam, weil sie zu deren Nachteil von § 675y BGB abweicht.

§§§

15.008 Protololle der BaFin
 
  1. OVG BBg,     U, 28.01.15,     – 12_B_2.13 –

  2. JurPc Web-Dok 79/2015

  3. IFG_§_3 Nr.4

 

Die Protokolle und Sitzungsniederschriften des Verwaltungsrats der BaFin unterliegen nach § 6 Abs.1 Satz 2 der als Rechtsverordnung vom Bundesministerium der Finanzen erlassenen Satzung der BaFin, der die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Verwaltungsrats anordnet, einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflicht im Sinne des § 3 Nr.4 IFG. Bei der Satzungsregelung handelt es sich um eine auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhende Rechtsvorschrift des Bundes, die materiellen Geheimhaltungsinteressen dient und den Anforderungen des Ausschlussgrundes genügt.

§§§

15.009 Dashcam-Aufzeichnung
 
  1. LG Heilb,     U, 03.02.15,     – I_3_S_19/14 –

  2. JurPc Web-Dok 45/2015

  3. BDSG_§_6b Abs.1 Nr.3; KUG_§_22 S.1

 

Aufzeichnungen einer in einem Pkw installierten Dashcam können im Zivilprozess nicht als Beweismittel zum Hergang eines Unfalls verwertet werden.

§§§

15.010 Autoreply-E-Mail
 
  1. LG Stut,     U, 04.02.15,     – 4_S_165/14 –

  2. www.RA.de

  3. BGB_§_823 Abs.1, BGB_§_1004;

 

1) Eine Autoreply-E-Mail mit Werbung im Footer verletzt den Empfänger nicht in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, denn es fehlt hierfür an der notwendigen Erheblichkeits des Eingriffs.

 

2) Eine Autoreply-E-Mail ist nicht vergleichbar mit dem klassischen Fall einer unverlangt zugesandt Spam-Mail.

§§§

15.011 Kinderhochstühle im Internet
 
  1. BGH,     U, 05.02.15,     – I_ZR_240/12 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW_15,2122 = K&R_15,326 -331 = JZ_15,223 -24 = GRUR_15,485 -93 = CR_15,386 -89

  3. MarkenG_§_14 Abs.2 Nr.1 + Abs.5; TMG_§_7 Abs.2 S.1; GemeinschaftsmarkenVO_Art.9 Abs.1 S.2 Buchst.a

  4. Revision-teilweise erfolgreich

 

1) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet, Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren einzustellen, kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er Anzeigen im Internet geschaltet hat, die über einen elektronischen Verweis zu Angebotslisten führen, in denen auch die Marken der Klägerin verletzende Angebote enthalten sind.

 

2) Beschränkt der Markeninhaber den gegen den Marktplatzbetreiber wegen markenrechtsverletzender Verkaufsangebote Dritter gerichteten Unterlassungsanspruch nicht auf die konkrete Verletzungsform, hat er auch vorzutragen, dass die von ihm im Klageantrag genannten abstrakten Kriterien es dem Marktplatzbetreiber ermöglichen, problemlos und zweifelsfrei festzustellen, ob ein Handeln des Anbieters im geschäftlichen Verkehr vorliegt.

 

3) Stellt der Betreiber eines Internetmarktplatzes dem Nutzer eine Funktion zur automatischen Unterrichtung über neue Angebote durch EMails zur Verfügung, löst dies keine gesteigerten Überwachungspflichten aus.

§§§

15.012 Ausgleichsanspruch
 
  1. BGH,     U, 05.02.15,     – VII_ZR_315/13 –

  2. www.BGH.de

  3. HGB_§_89b

  4. Revision-zurückgewisen

 

Ein Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des 89b HGB steht dem Vertragshändler nicht zu, wenn der Hersteller oder Lieferant nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des Vertragshändlers zu löschen (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. April 1996 - VIII_ZR_5/95, NJW 1996, 2159).

§§§

15.013 Ordnungsmittelantrag
 
  1. BGH,     B, 19.02.15,     – I_ZB_55/13 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW_15,1829 -30 = MDR_15,674 -75 = K&R_15,391 -92 = JZ_15,285 = WM_15,1022 -24 = GRUR_15,511 -12

  3. ZPO_§_92, ZPO_§_891 S.3

  4. Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen

 

Ein Teilunterliegen im Sinne von § 92 ZPO des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 Abs.1 ZPO ist anzunehmen, wenn der Gläubiger in seinem Antrag einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes nennt und das Gericht einen geringeren Betrag festsetzt.

§§§

15.014 Vergleichsmarktbetrachtung
 
  1. BVerwG,     U, 25.02.15,     – 6_C_37.13 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = NVwZ_15,1136 -43 = K&R_15,432 -33 = JZ_15,336 = DÖV_15,673

  3. (04) TKG_§_12, TKG_§_15, TKG_§_28, TKG_§_31, TKG_§_33, TKG_§_35, TKG_§_136; VwVfG_§_39; RL-Nr.2002/21/EG_Art.4

  4. Drittanfechtung einer Entgeltgenehmigung / Wettbewerber; fehlende Vertragsbeziehung / Klagebefugnis / Bestandskraft des regulierten Vergleichsentgelts / Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse / Inzidentkontrolle des Vergleichsentgelts / Konsulationsverfahren / Konsolidierungsverfahren / Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung / Kostenmodell / Mobilfunk-Terminierungsentgelt / schmale Vergleichsbasis / Teilaufhebung einer Entgeltgenehmigung / Vergleichsmarktbetrachtung.

 

1) Wettbewerber ohne direkte Vertragsbeziehung mit dem regulierten Unternehmen können im Rahmen einer Drittanfechtungsklage gegen eine telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung nicht die Einhaltung des in § 31 TKG normierten Entgeltmaßstabs der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung sowie die Einhaltung der in § 35 TKG geregelten Entgeltermittlungsmethoden, sondern lediglich Verstöße gegen das Verbot des Behinderungsmissbrauchs gemäß § 28 Abs.1 Satz 2 Nr.2 TKG geltend machen.

 

2) Bei einer Vergleichsmarktbetrachtung im telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigungsverfahren sind Vergleichsobjekte die auf den jeweiligen Märkten zu beobachtenden Preise und nicht die Kosten, die den dort tätigen Unternehmen entstehen.

 

3) Wird lediglich ein seinerseits regulierter Markt mit nur einem noch nicht bestandskräftig festgesetzten Entgelt, das gewichtige unternehmensübergreifende Kostenpositionen nicht berücksichtigt, zum Vergleich herangezogen, ist die Basis für den Vergleich zu schmal.

§§§

15.015 Entgeltgenehmigungsverfahren
 
  1. BVerwG,     B, 25.02.15,     – 6_C_33.13 –

  2. www.BVerwG.de = JURION = NVwZ_15,1143 -51 = JZ_15,307 = CR_15,374 -76

  3. GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.19 Abs.4 S.1, GG_Art.100 Abs.1; (04) TKG_§_12. TKG_§_15, TKG_§_31, TKG_§_33, TKG_§_35; VwGO_§_113 Abs.5, VwGO_§_123

  4. Bestandskraft des regulierten Vergleichsentgelts / Berufsausübungsfreiheit / Beurteilungsspielraum / effektiver Rechtsschutz / Inzidentkontrolle des Vergleichsentgelts / Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung / Kostenmodell / Mobilfunkterminierungsentgelt / schmale Vergleichsbasis / Vergleichsmarktbetrachtung / Vorlagebeschluss.

 

1) Bei einer Vergleichsmarktbetrachtung im telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigungsverfahren sind Vergleichsobjekt die auf den jeweiligen Märkten zu beobachtenden Preise und nicht die Kosten, die den dort tätigen Unternehmen entstehen.

 

2) Wird lediglich ein seinerseits regulierter Markt mit nur einem noch nicht bestandskräftig festgesetzten Entgelt, das gewichtige, unternehmensübergreifende Kostenpositionen nicht berücksichtigt, zum Vergleich herangezogen, ist die Basis für den Vergleich zu schmal.

 

3) § 35 Abs.5 Satz 2 und 3 TKG ist mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art.19 Abs.4 Satz 1 GG) und mit der Berufsausübungsfreiheit (Art.12 Abs.1 GG) nicht vereinbar (vgl Vorlagebeschlüsse vom 26. Februar 2014 - 6_C_3.13 - BVerwGE_149,94 und vom 10. Dezember 2014 - 6_C_16.13 - und - 6_C_18.13 - jeweils juris).

§§§

15.016 Verkauf wertloser Aktien
 
  1. BGH,     U, 17.03.15,     – VI_ZR_11/14 –

  2. www.BGH.de = JURION = NJW-RR_15,941 -44 = MDR_15,509 -10 = WM_15,819 -22 = JZ_15,282

  3. BGB_§_626; ZPO_§_513 Abs.2, ZPO_§_545 Abs.2; LuGÜ-II_Art.5 Nr.3

  4. Revison-erfolgreich

 

1) § 513 Abs.2 ZPO und § 545 Abs.2 ZPO finden Anwendung, wenn die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts nicht von denselben Voraussetzungen abhängt, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.

 

2) Zu den Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB wegen der Ausgabe völlig wertloser Aktien.

§§§

15.017 Hotelbewertungsportal
 
  1. BGH,     U, 19.03.15,     – I_ZR_94/13 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com

  3. UWG_§_2 Abs.1 Nr.1 + 3, UWG_§_3, UWG_§_4 Nr.8, UWG_§_8 Abs.3 Nr.1; TMG_§_2 Nr.1, TMG_§_7-10

  4. Revision-zurückgewiesen

 

1) Zwischen dem Betreiber eines Hotels und dem Anbieter eines Online-Reisebüros, das mit einem Hotelbewertungsportal verknüpft ist, besteht im Hinblick auf den Betrieb des Hotelbewertungsportals ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.3 UWG. Zwischen der vorteilhaften Wirkung des Hotelbewertungsportals für die Attraktivität des Online-Reisebüros und dem Absatznachteil, der einem Hotelbetreiber aus einer im Bewertungsportal verzeichneten negativen Hotelbewertung zu erwachsen droht, besteht eine für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses hinreichende Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Wettbewerb des Online-Reisebüros gefördert und derjenige des Hotelbetreibers beeinträchtigt werden kann.

Abs.22

2) Der Betreiber eines Hotelbewertungsportals macht sich erkennbar von Dritten in das Portal eingestellte Äußerungen nicht im Sinne des § 4 Nr.8 UWG als Tatsachenbehauptung zu Eigen, wenn er die Äußerungen nicht inhaltlich-redaktionell aufbereitet oder ihren Wahrheitsgehalt überprüft, sondern die An-wendung eines automatischen Wortfilters sowie ggf. eine anschließende manuelle Durchsicht lediglich dem Zweck dienen, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßende Einträge (etwa Formalbeleidigungen oder von Hotelbetreibern abgegebene Eigenbewertungen) von der Veröffentlichung auszuschließen. Eine inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung stellt es mangels inhaltlicher Einflussnahme nicht dar, wenn die von Nutzern vergebenen "Noten" durch die Angabe von Durchschnittswerten oder einer "Weiterempfehlungsrate" statistisch ausgewertet werden.

 

3) Durch die Aufnahme von Äußerungen Dritter in ein Hotelbewertungsportal werden fremde Tatsachenbehauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr.8 UWG "verbreitet", sofern der Betreiber des Portals seine neutrale Stellung nicht aufgibt und spezifische Prüfungspflichten nicht verletzt. Der Betreiber verlässt seine neutrale Stellung nicht, wenn er Nutzerangaben statistisch auswertet oder einen Wortfilter sowie ggf. eine manuelle Nachkontrolle einsetzt, um die Einhaltung der Nutzungsbedingungen sicherzustellen. Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber einer Internet-Bewertungsplattform erst, wenn er - nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist - die betroffene Angabe nicht unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch zukünftig unterbleibt.

* * *

T-15-02Zur Haftung eines Portalbetreibers

22

d) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe die unwahren Tatsachen nicht im Sinne des § 4 Nr.8 UWG behauptet.

23

aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, die Beklagte habe mit den angegriffenen Äußerungen keine eigene Tatsachenbehauptung wiedergegeben, da diese von einer Nutzerin des Hotelbewertungsportals stammten.

24

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich die Beklagte die beanstandeten Äußerungen auch nicht zu Eigen gemacht hat. Das hält den Angriffen der Revision stand.

25

(1) Eine Behauptung im Sinne des § 4 Nr.8 UWG kann anzunehmen sein, wenn der Handelnde sich eine fremde Behauptung zu Eigen macht (vgl zu § 824 BGB BGH, Urteil vom 20.Juni 1969 VI_ZR_234/67, NJW_70,187, 188 Hormoncreme; zu § 186 StGB BGH, Urteil vom 30. Januar 1996 VI_ZR_386/94, BGHZ_132,13, 18 f. Polizeichef, mwN; Palandt/Sprau, BGB, 73.Aufl.,§ 824 Rn.5; vgl auch MünchKomm.UWG/Brammsen/Doehner, 2. Aufl,§ 4 Nr.8 Rn.57). Im Bereich des Internets gehören zu den zur Nutzung bereitgehaltenen eigenen Informationen, für die Diensteanbieter also natürliche oder juristische Personen die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzun bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln (§ 2 Nr.1 TMG) gemäß § 7 Abs.1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind, auch solche fremden Informationen, die sich Diensteanbieter zu Eigen machen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 I_ZR_102/05, GRUR_08,534 Rn.20 = WRP 2008,771 ueber18.de). Der Betreiber einer Internet-Seite macht sich Inhalte zu Eigen, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremde Inhalten (BGH, Urteil vom 12.November 2009 I_ZR_166/07, GRUR_10,616 Rn.24, 27 = WRP 2010,922 marions-kochbuch.de; vgl auch Urteil vom 30.Juni 2009 VI_ZR_210/08, GRUR_09,1093 Rn.19 = WRP 2009, 1262 Focus Online). Ob ein Zu-Eigen-Machen vorliegt, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen (BGH, GRUR_10,616 Rn.23 marions-kochbuch.de; BGH, Urteil vom 27.März 2012 VI_ZR_144/11, GRUR_12,751 Rn.11 RSS-Feeds). Dafür, dass der Diensteanbieter sich die fremden Informationen zu Eigen gemacht hat, spricht, dass der Anbieter die von Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder auswählt oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet (vgl. BGH, GRUR_10,616 Rn.25 f. marions-kochbuch.de; BGH, Urteil vom 12.Juli 2012 I_ZR_18/11, BGHZ_194,339 Rn.28 Alone in the Dark; Urteil vom 19.Mai 2011 I_ZR_147/09, GRUR_12,74 Rn.15, 38 = WRP 2012, 77 Coaching Newsletter; BGH, GRUR_12,751 Rn.11 RSS-Feeds; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33.Aufl § 8 Rn.2.27; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn.115a). Allerdings ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, GRUR_09,1093 Rn.19 Focus Online; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn.2.27).

26

(2) Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die beanstandeten Äußerungen nicht zu Eigen gemacht.

27

Einer Haftung der Beklagten steht zwar nicht entgegen, dass sie in ihren Nutzungsbedingungen erklärt, sich veröffentlichte Inhalte nicht zu Eigen machen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 25.April 1958 I_ZR_97/57, GRUR_58,448, 449 = WRP 1958, 208 Blanko-Verordnung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn.8.18; abweichend OLG Stuttgart, MMR_14,203, 204). Durch eine solche salvatorische Klausel kann der Diensteanbieter eine Haftung nicht ausschließen, wenn er sich nach den Gesamtumständen die fremde Information zu Eigen macht.

28

Jedoch ist bei einer Würdigung sämtlicher Umstände aus Sicht eines verständigen Internetnutzers die Annahme fernliegend, die Beklagte wolle sich die beanstandeten Äußerungen zu Eigen machen (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, MMR_14,203, 204; LG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2009 27_O_536/09, juris Rn.42; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO 4.8 Rn.8/14a, § 8 Rn.115a; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn.8.9a; aA LG Hamburg, WRP 2012,94, 96 f.; Vonhoff, MMR_12,571, 572). Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals der Beklagten erwecken nicht den Eindruck, die Beklagte identifiziere sich mit den veröffentlichten Angaben Dritter. Dass die Beklagte eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, die im Gegenteil gerade die unzu-reichende Überprüfung vor einer Veröffentlichung im Internet beanstandet. Die statistische Auswertung zu bestimmten Durchschnittswerten und einer Weiterempfehlungsrate ist nicht mit einer inhaltlich-redaktionellen Kontrolle vergleichbar, da die Beklagte dadurch keinen Einfluss auf den Inhalt der Bewertungen ihrer Nutzer nimmt. Entsprechendes gilt für die der Veröffentlichung vorgeschaltete Prüfung eingehender Bewertungen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist deren automatische Überprüfung durch einen Wortfilter darauf ausgerichtet, Formalbeleidigungen oder unzulässige Eigenbewertungen zu finden. Bei der sich gegebenenfalls anschließenden manuellen Durchsicht erfolgt keine inhaltliche Kontrolle der Bewertungen auf Richtigkeit, sondern lediglich eine weitere Überprüfung auf Einhaltung der Nutzungsbedingungen und etwaiger eigener Rechtspflichten.

29

e) Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die beanstandeten Behauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr.8 UWG verbreitet hat. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, eine Verbreitungshandlung liege darin, dass die Beklagte den Nutzern ihres Bewertungspor-tals durch die Freigabe der streitgegenständlichen Äußerungen die Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme verschafft habe.

30

aa) Nach der zu § 14 UWG aF ergangenen Rechtsprechung des Senats verbreitet eine fremde Tatsachenbehauptung, wer diese weitergibt und so Dritten die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen; nicht erforderlich ist es, dass die verbreitende Person sich die Tatsachenbe-hauptung zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 I_ZR_75/93, GRUR_95,427, 428 = WRP 1995, 494; vgl zu § 14 UWG aF auch BGH, GRUR_58,448, 449 Blanko-Verordnungen; ebenso zu § 4 Nr.8 UWG Brammsen/Doehner in MünchKomm.UWG aaO § 4 Nr.8 Rn.57; Bruhn in Harte/Henning, UWG, 3.Aufl § 4 Nr.8 Rn.25; Fezer/Nordemann, UWG, 2.Aufl.,§ 4-8 Rn.45; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO §4 Rn.8.18; GK-UWG/Toussaint, 2.Aufl, § 4 Nr.8 Rn.57; abweichend Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn.8/14).

31

Im Falle der Weitergabe von Tatsachenbehauptungen über ein Bewertungsportal im Internet muss der weite Begriff des Verbreitens eingeschränkt werden. Der Betreiber eines Internet-Bewertungsportals könnte einer Verbrei-tungshaftung ansonsten nur durch eine umfassende inhaltliche Überprüfung der von Nutzern in das Portal eingestellten Beiträge vor deren Veröffentlichung ent-gehen. Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs.2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicher-ten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art.15 Abs.1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwa-chungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereit-gestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, Urteil vom 18.November 2010 I_ZR_155/09, GRUR_11,617 Rn.40 = WRP 2011,881 Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 12.Juli 2011 C324/09, Slg. 2011, I6011 = GRUR_11,1025 Rn.109 ff, 139, 144 = WRP 2011, 1129 L'Oréal/eBay; Urteil vom 24.November 2011 C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR_12,265 Rn.36 ff. Scarlet/SABAM; Urteil vom 16.Februar 2012 C360/10, GRUR_12,382 Rn.34 ff. = WRP 2012, 429 SABAM/Netlog; vgl BGH, Urteil vom 17.August 2011 I_ZR_57/09, BGHZ_191,19 Rn.22 ff. Stiftparfüm). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Tatbestands des § 4 Nr.8 UWG, so dass ein Verbreiten von Tatsachenbehauptungen im Sinne dieser Vorschrift im Falle des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals nur angenommen werden kann, wenn spezifische Überwachungspflichten verletzt werden.

32

bb) Bei Anwendung der vorstehenden Maßstäbe hat die Beklagte die beanstandeten Tatsachenbehauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr.8 UWG verbreitet.

33

(1) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr.1, § 10 Satz 1 Nr.1 TMG. Die von ihr gespeicherten Daten sind keine eigenen Informationen der Beklagten, die sie zur Nutzung durch Dritte bereithält und für die sie gemäß § 7 Abs.1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich ist, sondern vielmehr fremde Informationen im Sinne des § 10 Satz 1 TMG (so Rn.23).

34

(2) Die im Hinblick auf § 7 Abs.2 Satz 1 TMG einschränkende Auslegung des § 4 Nr.8 UWG kommt im Falle eines Internet-Bewertungsportals allerdings nur in Betracht, wenn dessen Betreiber sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. März 2010 C236/08 bis C-238/08, Slg. 2010, I-2417 = GRUR_10,445 Rn.114, 120 Google und Google France; EuGH, GRUR_11,1025 Rn.109 ff. L'Oréal/eBay). Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Ver-mittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, kann eine Haftung nach § 4 Nr.8 UWG gerechtfertigt sein (vgl zu § 7 Abs.2 TMG BGHZ_191,19 Rn.23 Stiftparfüm).

35

Die Beklagte hat keine aktive Rolle hinsichtlich der Veröffentlichung der beanstandeten unwahren Tatsachenbehauptungen auf ihrem Portal eingenommen. Dass die Beklagte zur Förderung bestimmter Hotelbetriebe selbst eine Auswahl der veröffentlichten Bewertungen vorgenommen hätte, hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Die statistische Auswertung von Bewertungen sowie der Einsatz eines Wortfilters zum Auffinden von rechtsverletzenden Inhalten und die nach Ansprechen des Wortfilters vorgenommene Überprüfung der Beiträge durch Mitarbeiter der Beklagten begründet ebenfalls keine aktive Rolle der Beklagten, weil eine über die Aussonderung gegen die Nutzungsbedingungen verstoßender Beiträge hinausgehende inhaltliche Einflussnahme nicht erfolgt (vgl auch Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn.8.9, § 8 Rn.2.28; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn.135a). Durch die bei Ansprechen des automatischen Wortfilters von der Beklagten vorgenommene manuelle Durchsicht von Äußerungen der Nutzer verlässt die Beklagte ihre neutrale Position nicht, weil sie hierdurch keine Kenntnis von der etwaigen Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung erlangt.

36

(3) Die Beklagte hat vorliegend keine spezifische Überwachungspflicht verletzt. Die Bestimmung der im Falle eines Internet-Bewertungsportals anwendbaren spezifischen Überwachungspflicht richtet sich danach, ob und inwieweit dem Betreiber nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.April 2008 I_ZR_73/05, GRUR_08,702 Rn.50 = WRP 2008, 1104 Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 I_ZR_121/08, BGHZ_185,330 Rn.19 Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR_11,617 Rn.37 Sedo). Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher oder tatsächlicher Prüfung festgestellt werden kann (BGH, Urteil vom 10.Oktober 1996 I_ZR_129/94, GRUR_97,313, 316 = WRP 1997,325 Architektenwettbewerb; BGH, Urteil vom 22.Juli 2010 - I_ZR_139/08, GRUR_11,152 Rn.39 ff. = WRP 2011, 223 Kinderhochstühle im Internet I) oder ob sie für den Betreiber offenkundig oder unschwer zu erkennen ist (BGH, Urteil vom 19.April 2007 I_ZR_35/04, BGHZ_172,119 Rn.46 Internetversteigerung II). Für eine erhöhte Prüfungspflicht spricht es, wenn der Betreiber bei seiner Tätigkeit Rechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet oder sie durch eigene Maßnahmen fördert (vgl BGH, Urteil vom 15.August 2013 I_ZR_80/12, GRUR_13,1030 Rn.44 = WRP 2013, 1348 File-Hosting-Dienst; Urteil vom 15.August 2013 I_ZR_79/12, ZUM-RD 2013,565 Rn.31 Prüfpflichten).

37

Die Beklagte geht wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat als Diensteanbieter einer mit der Rechtsordnung grundsätzlich in Einklang stehenden Geschäftstätigkeit nach. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, dass die Beklagte im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schafft, wenn sie Internetnutzern die Möglichkeit bietet, sich unter einem Pseudonym wertend über diese Unterneh-men und ihre Leistungen zu äußern. Zu Recht hat jedoch das Berufungsgericht angenommen, dass auch unter Berücksichtigung dieser Umstände der Beklagten keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden dürfen, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdeten oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwerten (vgl BGHZ_172,119 Rn.147 Internetversteigerung II; BGH, Urteil vom 12.Juli 2007 - I_ZR_18/04, BGHZ_173,188 Rn.39 Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR_11,617 Rn.45 Sedo; BGHZ_194,339 Rn.28 - Alone in the Dark). Das Interesse der Klägerin am Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen könnte nur durch eine vollständige inhaltli-che Kontrolle durch Mitarbeiter der Beklagten gewahrt werden, die der Beklagten unzumutbar wäre. Erst, wenn der Betreiber einer Internethandels- oder Bewertungsplattform auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wird, muss er nicht nur das konkrete Angebot oder die konkrete Bewertung unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ_191,19 Rn.21, 39 Stiftparfüm).

38

(4) Tatsachenbehauptungen werden mithin erst im Sinne des § 4 Nr.8 UWG über ein Internetportal verbreitet, wenn der Betreiber vom Vorliegen einer klaren Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt hat. Weil die Beklagte die beanstandete Bewertung, von deren Rechtswidrigkeit sie zuvor keine Kenntnis hatte, nach Eingang der Abmahnung endgültig entfernt hat, liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr.8 UWG nicht vor.

39

2. Hatte die Beklagte im Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Kenntnis von dem rechtsverletzenden Inhalt der beanstandeten Äußerungen, kommt auch eine Gehilfenhaftung, die neben einer objektiven Haupttat zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraussetzt (BGH, Urteil vom 11.März 2004 I_ZR_304/01, BGHZ_158,236, 250 Internet-Versteigerung I; BGHZ_172,119 Rn.31 Internet-Versteigerung II), nicht in Betracht. Allein das Bewusstsein, dass möglicherweise fremde Informationen auf dem Bewertungsportal die Rechte Dritter verletzen, genügt nicht (vgl BGH, Urteil vom 11.März 2009 I_ZR_114/06, BGHZ_180,134 Rn.14 Halzband).

40

3. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Beklagten wegen der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten verneint.

41

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte im Hinblick auf die betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenquelle schafft, wenn sie Internetnutzern die Möglichkeit bietet, sich anonym wertend über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Die Grenze zumutbarer Überwachungspflichten sei aber erreicht, wenn wie vorliegend keine Merkmale vorhanden seien, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eigneten. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Allerdings kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Zumutbarkeit eines Suchsystems im Streitfall nicht weiter an, da es bereits an einer für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr fehlt.

42

b) Der Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind (vgl BGHZ_173,188 Rn.36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbe-werbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 18.Juni 2014 I_ZR_242/12, BGHZ_201,344 Rn.21 f. Geschäftsführerhaftung, mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersu-chen (oben Rn.31). Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederho-lungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 I_ZR_69/08, BGHZ_185,291 Rn.39 Vorschaubilder; BGHZ_191,19 Rn.21, 39 Stiftparfüm; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 VI_ZR_93/10, BGHZ_191,219 Rn.24 Blog-Eintrag, jeweils mwN). In derjenigen Handlung, die Gegenstand einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber der Internet-Plattform erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, liegt also keine Verletzungshandlung, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die Annahme von Wiederho-lungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (vgl BGHZ_173,188 Rn.53 Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ_191,19 Rn.39 Stiftparfüm; BGHZ:194,339 Rn.28 Alone in the Dark; BGH, GRUR_13,1030 Rn.45 File-Hosting-Dienst). Hieran fehlt es im Streitfall, weil die Beklagte die beanstandete Bewertung nach Eingang der Abmahnung entfernt hat."

43

c) Es liegt auch keine Erstbegehungsgefahr vor. Umstände, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte werde künftig nicht gegen ihr zur Kenntnis gebrachte rechtsverletzende Inhalte vorgehen, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BGHZ_191,19 Rn.44 f. Stiftparfüm)." ?

 

Auszug aus BGH U, 19.03.15, - I_ZR_94/13 -, www.BGH.de,  Abs.22 ff

§§§

15.018 Insolenzverfahren-Aufhebung
 
  1. OLG Fr,     U, 19.03.15,     – 7_U_187/13 –

  2. Hessenrecht = JurPc = ZIO_15,888

  3. BDSG_§_35 Abs.2 Nr.4; InsO_§_258;

 

Die Information über die Aufhebung eines Insolvenzverfahrens kann nach § 258 InsO ohne die Folge einer Verkürzung der Prüffrist des § 35 Abs.2 Nr.4 BDSG gespeichert werden.

§§§

15.019 Green-IT
 
  1. BGH,     U, 19.03.15,     – I_ZR_4/14 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com

  3. ZPO_§_524: UrhG_§_69 Nr.3 S.2, UrhG_§_69d Abs.1; EGV-Nr.207/2009_Art.13 Abs.2

  4. Revison teilweise erfolgreich / Symantec Norton 360 / Box-Produkt / Retail-Ware / Bulk-Ware / Green-IT-Ware

 

1) Verfolgt der in erster Instanz erfolgreiche Kläger mit einem erstmals im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag dasselbe Klageziel wie mit dem erstinstanzlich erfolgreichen Hauptantrag, stellt dies keine Klageerweiterung dar, die mit der Anschlussberufung geltend gemacht werden muss (Fortführung von BGH, Urteil vom 22.Januar 2015 - I_ZR_127/13, NJW_15,1608).

 

2) Räumt der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm dem Erwerber einer Programmkopie das Recht zur Nutzung für die gesamte Zeit der Funktionsfähigkeit des Computerprogramms ein, liegt eine Veräußerung im Sinne von § 69c Nr.3 Satz 2 UrhG vor, die zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der Programmkopie führen kann.

 

3) Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an der Kopie eines Computerprogramms gemäß § 69c Nr.3 Satz 2 UrhG erstreckt sich auf das Recht zum Weiterverbreiten der Programmkopie sowohl durch Weitergabe eines die Programmkopie enthaltenden Datenträgers als auch durch Bekanntgabe eines zum Herunterladen des Programms erforderlichen Produktschlüssels. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Weiterverkäufer die "erschöpfte" Kopie des Computerprogramms seinerseits von dem Verkäufer durch Übergabe eines Datenträgers oder durch Bekanntgabe des Produktschlüssels erhalten hat.

 

4) Wird die "erschöpfte" Kopie eines Computerprogramms durch Bekanntgabe des Produktschlüssels weiterverkauft, setzt die Berechtigung des Nacherwerbers zum Herunterladen und damit Vervielfältigen des Computerpro-gramms nach § 69d Abs.1 UrhG voraus, dass der Vorerwerber seine Kopien dieses Programms zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht hat.

 

5) Der Markeninhaber muss es nach Art.13 Abs.2 GMV nicht hinnehmen, dass seine Marke für den weiteren Vertrieb der von ihm oder mit seiner Zustimmung unter dieser Marke in Verkehr gebrachten Kopie eines Computerprogramms verwendet wird, wenn die ernstliche Gefahr besteht, dass der Erwerber der Kopie das Urheberrecht am Computerprogramm verletzt (Anschluss an BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 I_ZR_6/10, GRUR_12,392 = WRP 2012, 469 - Echtheitszertifikat).

§§§

15.020 Schufa-Hinweis
 
  1. BGH,     U, 19.03.15,     – I_ZR_157/13 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com = ZIP_15,1998

  3. UWG_§_4 Nr.1, UWG_§_8 Abs.2; BDSG_§_28a Abs.1 S.1 Nr.4

  4. Revision-zurückgewiesen

Abs.21

Ein in der Mahnung eines Mobilfunkunternehmens erfolgter Hinweis auf die bevorstehende Übermittlung der Daten des Schuldners an die SCHUFA steht nur im Einklang mit der Bestimmung des § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 BDSG, wenn nicht verschleiert wird, dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten zu verhindern.

* * *

T-15-03Ankündigung nach 28a Abs.1 BDSG

21

"b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die im Streitfall beanstandete Ankündigung nicht den Voraussetzungen des § 28a Abs.1 BDSG entspricht.

22

aa) Nach dieser Bestimmung ist die Übermittlung personenbezogener Daten über eine Forderung an Auskunfteien nur zulässig, soweit die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht ist, die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich ist und die weiteren in § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.1 bis 5 BDSG geregelten Voraussetzungen vorliegen. Die Bestimmung des § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 Buchst.a bis d BDSG die vorliegend allein in Betracht kommt verlangt, dass der Betroffene nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist (Buchst.a), zwischen der ersten Mahnung und der Übermittlung mindestens vier Wochen liegen (Buchst.b), die verantwortliche Stelle den Betroffenen rechtzeitig vor der Übermittlung der Angaben, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet hat (Buchst.c) und der Betroffene die Forderung nicht bestritten hat (Buchst.d).

23

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass eine Aussage über die Verpflichtung zur Mitteilung offener Forderungen an die SCHUFA nur von der Hinweispflicht nach § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 Buchst.c BDSG gedeckt sei, wenn dem Verbraucher die Voraussetzungen für die Übermittlung verdeutlicht würden. Durch das Fehlen eines hinreichend klaren Hinweises, dass der Verbraucher mit dem bloßen Bestreiten der Forderung eine Mitteilung an die SCHUFA verhindern könne, werde der unzutreffende Eindruck erweckt, die Mitteilung erfolge im Falle der Nichtzahlung zwangsläufig oder liege allein im Ermessen der Beklagten.

24

cc) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

25

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass mit der dem Datenschutz dienenden Hinweispflicht gemäß § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 Buchst.c BDSG dem Gläubiger kein Druckmittel in die Hand gegeben worden ist, Schuldner zur Begleichung von eventuell sogar fragwürdigen Forderungen zu veranlassen (vgl. Bull, ZRP 2008,233, 236). Mit den in § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 BDSG geregelten Anforderungen an die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten wollte der Gesetzgeber vielmehr sicherstellen, dass der Betroffene vor der Meldung der Forderung an eine Auskunftei ausreichende Gelegenheit erhält, die Forderung zu begleichen oder das Bestehen der Forderung zu bestreiten (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks.16/10529, S.14). Die Unterrichtung des Betroffenen soll deshalb nicht nur die erforderliche Transparenz im Hinblick auf die bevorstehende Datenübermittlung herstellen. Sie dient auch dazu, dem Betroffenen, der die geltend gemachte Forderung für unbegründet hält und deshalb keine Veranlassung sieht, auf die Mahnungen zu reagieren, an seine Obliegenheit zu erinnern, die Forderung zu bestreiten, um eine Datenübermittlung zu verhindern (vgl. Kamp in BeckOK, Datenschutzrecht, Stand 1. Februar 2015, § 28a Rn.91). Diesen Anforderungen wird nur eine Unterrichtung gerecht, mit der nicht verschleiert wird, dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten an die SCHUFA zu verhindern.

26

dd) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Ankündigung der Beauftragten der Beklagten genüge nicht den Anforderungen an einen deutlichen Hinweis auf die Möglichkeit des Betroffenen, durch ein bloßes Bestreiten der Forderung die Übermittlung der Forderungsdaten an die SCHUFA verhindern zu können.

27

(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die in dem Mahnschrei-ben verwendete Formulierung, wonach die Beklagte verpflichtet sei, der SCHUFA "die unbestrittene Forderung" mitzuteilen, sei nicht ausreichend, um dem in der Regel juristisch nicht vorgebildeten Adressaten zu verdeutlichen, er habe es in der Hand, durch ein einfaches Bestreiten der Forderung den angedrohten SCHUFA-Eintrag zumindest zunächst abzuwenden. Für erhebliche Teile des Verkehrs werde mit der Wendung "unbestrittene Forderung" nicht eine Forderung beschrieben, die der Schuldner selbst nicht bestritten habe. Der Verbraucher müsse nicht wissen, wann eine Forderung "unbestritten" sei. Der Begriff könne von einem juristischen Laien dahingehend verstanden werden, die Berechtigung der Forderung sei aus Sicht der Beklagten nicht bestreitbar oder die Forderung sei von einer wie auch immer gearteten Aufsichtsbehörde nicht beanstandet worden.

28

(2) Die gegen diese Würdigung des Berufungsgerichts angeführten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg.

29

Soweit die Revision geltend macht, die von dem Inkassounternehmen als Beauftragten der Beklagten im Sinne von § 8 Abs.2 UWG verwendete Formulierung "unbestrittene Forderung" sei lediglich eine sprachlich kürzere und damit elegantere Variante der vom Berufungsgericht als zulässig angesehenen Formulierungen ("die von Ihnen nicht bestrittene Forderung" und "die Forderung, die Sie nicht bestritten haben"), ersetzt sie lediglich die tatrichterliche Würdigung durch ihre eigene, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Entgegen der Ansicht der Revision fehlen im Streitfall auch Anhaltspunkte dafür, dass das Berufungsgericht seiner Beurteilung ein veraltetes Verbraucherleitbild zugrundegelegt hat. Soweit sie geltend macht, ein durchschnittlich informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher werde die im Streitfall verwendete Formulierung "unbestrittene Forderung" synonym für "Forderung, die Sie nicht bestritten haben" verstehen, zeigt die Revision keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf. Sie setzt vielmehr erneut in unzulässiger Weise ihre eigene Auffassung an die Stelle der-jenigen des Tatrichters.

30

c) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, der beanstandete Hinweis auf die Möglichkeit der Übermittlung von Daten an die SCHUFA könne selbst dann nicht als unlauter angesehen werden, wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgehen wollte, für erhebliche Teile des Verkehrs sei die Wendung "unbestrittene Forderung" kein Synonym für eine Forderung, die der Schuldner selbst nicht bestritten hat. Die Beklagte habe ein berechtigtes Interesse an der Erfüllung der offenen Forderung; die Drohung mit der Datenübermittlung stelle unabhängig von den Voraussetzungen des § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 BDSG ein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks dar.

31

Dem kann nicht zugestimmt werden. Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der Bestimmung des § 4 Nr.1 UWG gemäß Art.9 Buchst.e der Richtlinie 2005/29 EG kommt es darauf an, ob sich die im Streitfall vorliegende Drohung auf eine Handlung bezieht, die rechtlich unzulässig ist. Die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 28a Abs.1 BDSG lässt es für die Zulässigkeit der Übermittlung von personenbezogenen Daten über eine Forderung an eine Auskunftei aber gerade nicht ausreichen, dass die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten im Sinne von § 28a Abs.1 Satz 1 Halbsatz 1 BDSG erforderlich ist. Vielmehr ist die Übermittlung nur unter den weiteren, in § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.1 bis 5 BDSG angeführten Voraussetzungen zulässig. Erfolgt die Übermittlung nach § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 BDSG, muss der in § 28a Abs.1 Satz 1 Nr.4 Buchst.c BDSG vorgesehene Hinweis in einer Weise erfolgen, die den Umstand, dass der Verbraucher die Forderung bestreiten kann, nicht verschleiern darf.

32

5. Da das Unternehmen, welches den im Streitfall unlauteren Passus verwendet, von der Beklagten mit dem Inkasso ihrer Forderungen beauftragt wurde, ist sie gemäß § 8 Abs.2 UWG für den Unterlassungsanspruch auch passivlegitimiert. Dagegen hat die Revision keine Beanstandungen erhoben.

33

II. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ergibt sich aus § 12 Abs.1 Satz 2 UWG. Die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288 Abs.1 BGB."

 

Auszug aus BGH U, 19.03.15, - I_ZR_157/13 -, www.BGH.de,  Abs.21 ff

§§§

15.021 Staubsaugerbeutel im Internet
 
  1. BGH,     U, 02.04.15,     – I_ZR_167/13 –

  2. www.BGH.de = MIR

  3. UWG_§_6 Abs.2 Nr.4

  4. Revision-zurückgewiesen

 

Es stellt für sich allein keine unlautere Rufausnutzung dar, wenn eine fremde Marke in einem Internet-Verkaufsangebot im Rahmen einer vergleichenden Werbung verwendet wird, um Kunden, die sich einer Suchmaschine bedienen, auf das eigene Produkt aufmerksam zu machen.

 

MIR-LS 1) Nach § 6 UWG ist vergleichende Werbung grundsätzlich erlaubt. Sie stellt ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung der Verbraucher über Eigenschaften und Vorteile einer Ware oder Dienstleistung dar, wenn sie wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften der in die Gegenüberstellung einbezogenen konkurrierenden Produkte vergleicht und nicht irreführend ist. Dabei kann es für eine wirksame vergleichende Werbung unerlässlich sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers dadurch erkennbar zu machen, dass auf eine ihm gehörende Marke oder auf seinen Handelsnamen Bezug genommen wird (vgl. Erwägungsgründe 8 und 14 f. der Richtlinie 2006/114/EG). Eine solche Bezugnahme verletzt das fremde Kennzeichenrecht nicht, wenn sie unter Beachtung der in der Richtlinie 2006/114/EG aufgestellten Bedingungen erfolgt und das fremde Zeichen verwendet wird, um auf den Bestimmungszweck des angebotenen Produkts hinzuweisen. Der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung ist daher nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-487/07 - L'Oréal/Bellure; BGH, Urteil vom 28.09.2011 - I_ZR_48/10, MIR_11,Dok.088 - Teddybär). Dabei ist zu beachten, dass die vergleichende Werbung in der Richtlinie 2006/114/EG eine abschließende unionsrechtliche Regelung erfahren hat, so dass sie nur aus den in 6 Abs.2 UWG abschließend aufgeführten Gründen unlauter sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2011 - I_ZR_48/10, MIR_11,Dok.088 - Teddybär). Soweit keines der Unlauterkeitsmerkmale des § 6 Abs.2 UWG vorliegt, ist eine vergleichende Werbung markenrechtlich zulässig.

§§§

15.022 Goldrapper
 
  1. BGH,     U, 16.04.15,     – I_ZR_225/12 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com

  3. UrhG_§_2 Abs.1 Nr.1 + 2, UrhG_§_8 Abs.1, UrhG_§_9, UrhG_§_23 S.1, UrhG_§_24 Abs.1, UrhG_§_97 Abs.1 + 2; ZPO_§_286 Abs.1; RVG_§_14 Abs.2

  4. Revison-erfolgreich / Bushido / Übernahme von kurzen Musiksequenzen als Hintergrund-Loops für Rap-Stücke / gesampelt

 

1) Bei Musikstücken liegt die für die Annahme eines urheberrechtlich geschütztengeschützten Werks erforderliche Werks erforderliche schöpferische Eigentümlichkeit in ihrer individuellenen Ausdruckskraft. Eine individuelle ästhetischen Ausdruckskraft. Eine individuelle schutzfähige Leistung kannzu muss das Berufungsurteil eine sich nicht nur aus der Melodie und dem Einsatz der musikalischen Ausdrucksmittelvor allem, dass der für die der Rhythmik, des Tempos, der Harmonik und des Arrangements ergeben, sondern auch aus der Art und Weise des Einsatzes der einzelneniehbar dargelegt werden. Instrumente, also der Durchführung der Instrumentierung und Orchestrierung. Nicht dem Urheberrechtsschutz zugänglich ist demgegenüber das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen oder die wie Tonfolgen einfachster Art oder bekannte rhythmische Strukturen sonst zum musikalischen Allgemeingut gehören.

 

2) Die für die Prüfung der Urheberrechtsschutzfähigkeit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und ihre Würdigung liegen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie sind in der Revisionsinstanz jedoch darauf hin zu überprüfen, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts von den von ihm getroffenen Feststellungen getragen wird. Hierzu muss das Berufungsurteil eine revisionsrechtlich nachprüfbare Begründung enthalten. Erforderlich ist vor allem, dass der für die Feststellung der Schutzfähigkeit entscheidende Gesamteindruck und die ihn tragenden einzelnen Elemente nachvollziehbar dargelegt werden.

 

3) Für die Beurteilung der schöpferischen Eigentümlichkeit eines Musikstücks und die insoweit maßgebliche Abgrenzung von nicht dem Urheberrechtsschutz zugänglichem rein handwerklichem Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen oder die sonst zum musikalischen Allgemeingut gehören, reicht das bloße Anhören eines Tonträgers durch die Tatrichter grundsätzlich nicht aus; es wird vielmehr im Regelfall die Hilfe eines Sachverständigen unerlässlich sein.

§§§

15.023 Tagesschau-App
 
  1. BGH,     U, 30.04.15,     – I_ZR_13/14 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com

  3. ZPO_§_50; UWG_§_4 Nr.11; RStV_§_11d Abs.2 S.1 Nr.3 Teilsatz 3, RStV_§_11f

  4. Revision-erfolgreich / tageschau.de

 

1) Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) ist in Rechtsstreitigkeiten, die die Erfüllung der den Rundfunkanstalten zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben betreffen (hier die Bereitstellung eines Telemedienangebots), nicht gemäß § 50 ZPO parteifähig.

 

2) Die Vorschrift des § 11d Abs.2 Satz 1 Nr.3 Teilsatz 3 RStV, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote in Telemedien untersagt, ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr.11 UWG.

 

3) Die Beurteilung eines Telemedienkonzepts als nicht presseähnlich durch das zuständige Gremium (§ 11f Abs.4 bis 6 RStV) und die Freigabe dieses Telemedienkonzepts durch die Rechtsaufsichtsbehörde (§ 11f Abs.7 RStV) entfalten keine Tatbestandswirkung für die Beurteilung der Presseähnlichkeit eines konkreten Telemedienangebots.

 

4) Unter einem Angebot im Sinne von § 11d Abs.2 Satz 1 Nr.3 Teilsatz 3 RStV, dessen Presseähnlichkeit zu beurteilen ist, ist grundsätzlich das gesamte Telemedienangebot zu verstehen, das auf einem entsprechenden Telemedienkonzept beruht. Besteht ein Telemedienangebot sowohl aus nichtsendungsbezogenen als auch aus sendungsbezogenen Inhalten, ist bei der Prüfung der Presseähnlichkeit allein auf die Gesamtheit der nichtsendungsbezogenen Beiträge abzustellen. Stehen bei einem Telemedienangebot "stehende" Texte und Bilder deutlich im Vordergrund, deutet dies auf die Presseähnlichkeit des Angebots hin.

§§§

15.024 Digibet II
 
  1. BGH,     B, 07.05.15,     – I_ZR_171/10 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com = GRUR_15,820 = NJW-RR_15,954 = WM_15,1542 = MDR_15,850

  3. ZPO_§_565 S.2

  4. Revision-zurückgenommen

 

Die Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO setzt voraus, dass die mündliche Verhandlung nach der Veröffentlichung der Änderung des § 565 ZPO am 16.Oktober 2013 (BGBl.I 2013,3786) stattgefunden hat.

§§§

15.025 Eigentümererklärung
 
  1. BGH,     U, 08.05.15,     – V_ZR_62/14 –

  2. www.BGH.de = lexitus,com = MDR_15,883

  3. BGB_§_566, TKG_§_45a Abs.4

  4. Revision-erfolgreiche

 

1) Die in § 45a Abs.4 TKG angeordnete entsprechende Anwendung von § 566 BGB gilt auch für vor dem Inkrafttreten der Vorschrift am 24.Februar 2007 abgegebene Eigentümererklärungen oder vergleichbare Nutzungsverträge. Die Eigentumsübertragung muss aber nach dem Inkrafttreten der Vorschrift erfolgt sein.

 

2) Hat der Eigentumsübergang vor dem Inkrafttreten von § 45a Abs.4 TKG stattgefunden, ist der Grundstückseigentümer nicht nach § 566 BGB an die von seinem Rechtsvorgänger abgegebene Eigentümererklärung oder an einen von diesem geschlossenen vergleichbaren Nutzungsvertrag gebunden.

 

3) Wird ein Grundstück geteilt, auf dem ein Telekommunikationsdienstleister aufgrund eines Nutzungsvertrags durch den Grundstückseigentümer eine Anschlusslei-tung an sein Netz verlegt hat, und sind die Eigentümer der neu entstandenen Grundstücke an den Vertrag gebunden, können sie ein Kündigungsrecht nur gemeinsam ausüben.

§§§

15.026 Einspeiseentgelt
 
  1. BGH,     U, 16.06.15,     – KZR_83/13 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com = K&R_15,582

  3. RStV_§_52b, RStV_§_52d; LMG_§_33

  4. Revision-erfolgreiche / Kabelnetze

 

1) Den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags lässt sich keine Aussage darüber entnehmen, ob der Betreiber einer Plattform, der der Pflicht zur Übertragung der beitragsfinanzierten Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nachkommt, von diesen hierfür ein Entgelt verlangen kann.

 

2) Die Kündigung eines Vertrags ist grundsätzlich unwirksam, wenn sie in Ausführung einer Vereinbarung oder Abstimmung erfolgt, die vom Verbot des § 1 GWB erfasst wird.

§§§

15.027 Lieferung von Heizöl
 
  1. BGH,     U, 17.06.15,     – VIII_ZR_249/14 –

  2. www.BGH.de = MIR

  3. BGB_§_312d Abs.4 Nr.6 (2/04)

  4. Revision-erfolgreiche

 

Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Heizöl ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht nach § 312d Abs.4 Nr.6 BGB aF ausgeschlossen, denn kennzeichnend für diese Ausnahmevorschrift ist, dass der spekulative Charakter den Kern des Geschäfts ausmacht. Einen solchen spekulativen Kern weist der Ankauf von Heizöl durch den Verbraucher jedoch nicht auf.

 

MIR-LS 1) Nach § 312d Abs.4 Nr.6 BGB aF besteht das Widerrufsrecht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen, die die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, Anteilsscheinen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden, und anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivat en oder Geldmarktinstrumenten.

 

MIR-LS 2) Der Sinn und Zweck von § 312d Abs.4 Nr.6 BGB aF besteht darin, das Risiko eines wenigstens mittelbar finanzmarktbezogen spekulativen Geschäfts nicht einseitig dem Unternehmer aufzubürden, sondern mit seinem Abschluss in gleicher Weise auf beide Parteien zu verteilen (BGH, Urteile vom 27.11.2012 - XI_ZR_439/11 und XI_ZR_384/11 jeweils mwN). Kennzeichnend für den Ausnahmetatbestand von § 312d Abs.4 Nr.6 BGB aF ist im Wesentlichen, dass der spekulative Charakter den Kern des Geschäfts ausmacht (BGH, Urteile vom 27.11.2012 - XI_ZR_439/11 und XI_ZR_384/11 jeweils mwN; vgl. dazu auch BT-Drucks.14/2658, S.44; BT-Drucks.15/2946, S.22). Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, der nicht auf Kosten des Unternehmers spekulieren soll, ist unter solchen Umständen für den Unternehmer nicht zumutbar. Nach dieser Maßgabe besteht kein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen über basiswertabhängige Finanzinstrumente.

§§§

15.028 Güteverfahren
 
  1. BGH,     U, 18.06.15,     – III_ZR_198/14 –

  2. www.BGH.de = openJur

  3. BGB_§_199 Abs.3 S.1 Nr.1, BGB_§_204 Abs.1 Nr.4; ZPO_§_561

  4. Revision-zurückgewiesen

 

1) Die mit der Einleitung eines Güteverfahrens verbundene Hemmungswirkung erfasst den Streitgegenstand insgesamt und somit auch alle materiell-rechtlichen Ansprüche, die zum Streitgegenstand gehören. Demgemäß erstreckt sich, wenn der Streitgegenstand der Schadensersatzklage eines Anlegers hinreichend individualisiert ist, die Hemmungswirkung auf alle im Rahmen der Anlageberatung unterlaufenen Beratungsfehler und nicht nur auf solche Pflichtverletzungen, die der Anleger zur Begründung seines Schadensersatzbegehrens im Güteantrag aufgeführt hat (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22.Oktober 2013 - XI_ZR_42/12, BGHZ_198,294 und Beschluss vom 21.Oktober 2014 - XI_ZB_12/12, BGHZ_203,1 ).

 

2) Zu den Anforderungen an die erforderliche Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs in einem Güteantrag nach § 204 Abs.1 Nr.4 BGB.

 

3) Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist.

§§§

15.029 Lieferung Trinkwasser
 
  1. BGH,     U, 08.07.15,     – VIII_ZR_106/14 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com = MDR_15,1121

  3. BGB_§_315, BGB_§_433; GG_Art.3, GG_Art.20 Abs.3; AVBWasserV_§_2, AVBWasserV_§_4; KAG_§_6 (NW)

  4. Revision-zurückgewiesen

 

1) Ein Wasserversorgungsunternehmen, das in seinem Versorgungsgebiet die Anschlussnehmer auf privatrechtlicher Grundlage versorgt, kann bei seiner Tarifgestaltung für die Lieferung von Trinkwasser neben verbrauchsabhängigen Entgelten zugleich verbrauchsunabhängige Grundpreise zur Abgeltung der durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Versorgungseinrichtungen entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten in Ansatz bringen (Bestätigung der Senatsurteile vom 20.Mai 2015 - VIII_ZR_136/14 und VIII_ZR_164/14).

 

2) Es ist auch nicht unbillig im Sinne von § 315 BGB, wenn das Versorgungsunternehmen in Abkehr von einer ursprünglichen Grundpreisbemessung nach Zählergröße den Grundpreis nach Nutzergruppen bestimmt und dabei zwischen einem (privaten) Haushaltsbedarf und einem Bedarf für gewerbliche, berufliche oder sonstige Zwecke differenziert. Ebenso wenig ist es unbillig, wenn das Versorgungsunternehmen bei dem Bedarf für gewerbliche Zwecke nicht noch zusätzlich nach der Größe des an die Wasserversorgung angeschlossenen Gewerbes unterscheidet und für diese Nutzergruppe keine weiteren Untergruppen bildet, sofern einem besonders großen Vorhaltebedarf in anderer Weise Rechnung getragen ist.

§§§

15.030 Videoüberwachung
 
  1. LG Detm,     U, 08.07.15,     – 10_S_52/15 –

  2. NRWE = JurPc

  3. BDSG_§_6b

 

Durch die Installation einer Videoüberwachungsanlage auf dem Nachbargrundstück wird in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Nachbarn eingegriffen.

§§§

15.031 Schweindelunternehmen
 
  1. BGH,     U, 14.07.15,     – VI_ZR_463/14 –

  2. www.BGH.de = ZHW

  3. BGB_§_826

  4. Revision-erfolgreich

 

Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder (faktische) Geschäftsleiter einer Gesellschaft haften nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich mithin um ein "Schwindelunternehmen" handelt.

§§§

15.032 Unrichtige Auskunft
 
  1. BGH,     U, 23.07.15,     – III_ZR_196/14 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com

  3. BGB_§_195, BGB_§_199 Abs.1, BGB_§_839; SGB-IV_§_28h, ,

 

Zur Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs, der aus der Erteilung einer unrichtigen Auskunft (hier: der Einzugsstelle über den Fortbestand der Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht) hergeleitet wird, wenn ein sozialgerichtliches Verfahren mit dem Ziel geführt worden ist, einen im Widerspruch zu jener Auskunft ergangenen belastenden Verwaltungsakt (hier: Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung von Arbeitslosengeld) zu beseitigen (Fortführung von BGH, Urteile vom 6. Mai 1993 - III_ZR_2/92, BGHZ_122,317 und vom 12. Oktober 2000 - III_ZR_121/99, WM_01,145).

§§§

15.033 Rufbeeinträchtigung
 
  1. BGH,     U, 28.07.15,     – VI_ZR_340/14 –

  2. www.BGH.de = lexetius.com = MDR_15,1065 = WM_15,1664 = VersR_15,1295

  3. GG_Art.1 Abs.1, GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.5 Abs.1; BGB_§_823 Abs.1, BGB_§_1004 Abs.1 S.1;

  4. Revision teilweise erfolgreich / Internetveröffentlichung - Klageerbebung / Abgrenzung Tatsachenbehauptung - Werturteil / Störerhaftung

Abs.22

1) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.

 

2) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist.

 

3) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.

* * *

T-14-04Zur Störterhaftung

22

"c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in entsprechender Anwendung der § 1004 Abs.1 Satz 2, § 823 Abs.1, Abs.2 BGB iVm § 186 StGB, § 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte verantwortlich ist.

23

aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren.

24

(1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom 16.Dezember 2014 - VI_ZR_39/14, AfP_15,41 Rn.8 mwN). Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art.5 Abs.1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl Senatsurteile vom 29.Januar 2002 - VI_ZR_20/01, AfP_02,169, 170; vom 11.März 2008 - VI_ZR_189/06, AfP_08,193 Rn.12, 18; vom 22.September 2009 - VI_ZR_19/08, AfP_09,588 Rn.11; BGH, Urteil vom 24.Januar 2006 - XI_ZR_384/03, BGHZ_166,84 Rn.70; BVerfGE_85,1, 15; BVerfG, NJW_08,358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17.Dezember 1991 - VI_ZR_169/91, AfP_92,75, 78; vom 28.Juni 1994 - VI_ZR_252/93, AfP_94,218 f.; vom 27.April 1999 - VI_ZR_174/97, NJW-RR_99,1251, 1252 f.; vom 16.November 2004 - VI_ZR_298/03, AfP_05,70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl Senatsurteil vom 16.Dezember 2014 - VI_ZR_39/14, AfP_15,41 Rn.9 mwN).

25

(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerun-gen überlagert und geprägt würde.

26

Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe, zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.

27

bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art.2 Abs.1 iVm Art.19 Abs.3 GG, Art.8 Abs.1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl Senatsurteile vom 3.Juni 1986 - VI_ZR_102/85, BGHZ_98,94, 97; vom 8.Februar 1994 - VI_ZR_286/93, AfP_94,138 f.; vom 11.März 2008 - VI_ZR_7/07, AfP_08,297 Rn.9; vom 16.Dezember 2014 - VI_ZR_39/14, AfP_15,41 Rn.12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.

28

cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.

29

(1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschen-rechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014,325 Rn.8; vom 17.Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30.September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014,534, 536).

30

(2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art.5 Abs.1 GG, Art.10 Abs.1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.

31

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiede-ne Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvor-gang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16.Dezember 2014 - VI_ZR_39/14, AfP_15,41 Rn.21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW_12,1643 Rn.33; NJW_13,217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl Senatsurteile vom 30.Oktober 2012 - VI_ZR_4/12, AfP_13,50 Rn.12 mwN; vom 16.Dezember 2014 - VI_ZR_39/14, AfP_15,41 Rn.21; BVerfG, NJW_12,1643 Rn.33).

32

Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl Senatsurteil vom 16.Dezember 2014 - VI_ZR_39/14, AfP_15,41 Rn.23 mwN). ]A2) 33 ]A2[ dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich. ]A3) 34 ]A3[ (1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl Senatsurteile vom 14.Mai 2

33

dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich.

34

(1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl Senatsurteile vom 14.Mai 2013 - VI_ZR_269/12, BGHZ_197,213 Rn.24; vom 30.Juni 2009 - VI_ZR_210/08, AfP_09,494 Rn.13; vom 18.November 2014 - VI_ZR_76/14, AfP_15,36 Rn.37; BGH, Urteil vom 17.Dezember 2010 - V_ZR_44/10, AfP_11,156 Rn.10 ff, jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl Urteil vom 19. April 2007 - I_ZR_35/04, BGHZ_172,119 Rn.34 - Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 5.Februar 2015 - I_ZR_240/12, GRUR_15,485 Rn.49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des 1004 BGB auch derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl Senatsurteile vom 30.Juni 2009 - VI_ZR_210/08, AfP_09,494 Rn.13; vom 14.Mai 2013 - VI_ZR_269/12, BGHZ_197,213 Rn.24; BGH, Urteil vom 24.Juni 2003 - KZR_32/02, BGHZ_155,189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2.Aufl, Vor § 823 ff Rn.83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, S.84 f.; Ingendaay, AfP 2011,126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014,8, 15 ff.).

35

(2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe, allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.

36

(a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungs-zustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl Senatsurteil vom 3.Februar 1976 - VI_ZR_23/72, NJW_76,799, 800).

37

(b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl Senatsurteile vom 17.Dezember 2013 - VI_ZR_211/12, BGHZ_199,237 Rn.55 f.; vom 11.November 2014 - VI_ZR_18/14, AfP_15,33 Rn.21).

38

d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt. ]A8) 39 ]A8[ aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18.September 2014 - I_ZR_76/13, GRUR_15,258 Rn.62 ff; Ott, WRP 2007,605, 608; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33.Aufl, § 8 Rn.1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn.26).

39

aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18.September 2014 - I_ZR_76/13, GRUR_15,258 Rn.62 ff; Ott, WRP 2007,605, 608; Bornkamm in Köhler/ Bornkamm, UWG, 33.Aufl, § 8 Rn.1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn.26).

40

bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung, den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen, schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18.September 2014 - I_ZR_76/13, GRUR_15,258 Rn.70; Ott, WRP 2007,605, 608; Teplitzky, aaO; Art.17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11.Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf ; Wybitul/ Fladung, BB 2012,509, 511 f). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs- oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl BGH, Urteil vom 18.September 2014 - I_ZR_76/13, GRUR_15,258 Rn.70; OLG Köln, GRUR-RR_08,365; MMR_10,782, 783; Ott, WRP 2007,605, 608; Teplitzky, aaO; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33.Aufl § 12 Rn.6.7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteile vom 22.Oktober 1976 - V_ZR_36/75, BGHZ_67,252, 253; vom 12.Dezember 2003 - V_ZR_98/03, VersR_04,797, 798; BVerfG, NJW_10,220 Rn.26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33.Aufl, § 8 Rn.1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn.66 (Stand: 01.02.2015)).

41

3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in den Prozess eingeführt hat (vgl BGH, Urteil vom 20.August 2009 - VII_ZR_205/07, BGHZ_182,158 Rn.71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl BGH, Urteile vom 4.Februar 2015 - VIII_ZR_175/14, NJW_15,1296 Rn.14; vom 19.März 2004 - V_ZR_104/03, NJW_04,2152,2154; vom 27.September 2006 - VIII_ZR_19/04, NJW_07,2414 Rn.8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl BGH, Urteil vom 30.Mai 1956 - I_ZR_43/55, BGHZ_21,8, 13; Musielak/Ball, ZPO, 12.Aufl, § 533 Rn.4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (vgl BGH, Urteil vom 22.Januar 2015 - I_ZR_127/13, NJW_15,1608 )."

 

Auszug aus BGH U, 28.07.15, - VI_ZR_340/14 -, www.BVerwG.de,  Abs.22 ff

§§§

15.034 Posterlounge
 
  1. BGH,     U, 30.07.15,     – I_ZR_104/14 –

  2. www.BGH.de

  3. MarkenG_§_14 Abs.6; TMG_§_7 Abs.1; EGV-207/2009_Art.9 Abs.1 S.2 Buchst.b + Abs.2, EGV-207/2009_Art.102 Abs.1

  4. Revison-teilweise erfolgreich

 

Programmiert der Betreiber einer Verkaufsplattform die auf seiner Internetseite vorhandene interne Suchmaschine so, dass Suchanfragen der Nutzer (hier: "Poster Lounge") automatisch in einer mit der Marke eines Dritten (hier: "Posterlounge") verwechselbaren Weise in den Quelltext der Internetseite aufgenommen werden, ist er als Täter durch aktives Tun dafür verantwortlich, dass eine Internetsuchmaschine (hier: Google) aus der im Quelltext aufgefundenen Begriffskombination einen Treffereintrag generiert, der über einen elektronischen Verweis (Link) zur Internetplattform des Betreibers führt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 4.Februar 2010 - I_ZR_51/08, GRUR_10,835 - POWER BALL).

§§§

15.035 Kind-Persönlichkeitsrecht
 
  1. BGH,     U, 15.09.15,     – VI_ZR_175/14 –

  2. www.BGH.de

  3. BGB_§_823 Abs.1, BGB_§_1004 Abs.1 S.2; GG_Art.1 Abs.1, GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.5 Abs.1 + 3

  4. Revison tielweise erfolgreich

 

1) Die öffentliche Bekanntgabe der von einem namentlich benannten Kind in der Grundschule gezeigten konkreten Verhaltensweisen und Fähigkeiten beeinträchtigt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf ungestörte kindgemäße Entwicklung.

 

2) Die durch die Preisgabe nicht in die Öffentlichkeit gehörender Lebenssachverhalte bewirkte Persönlichkeitsrechtsverletzung entfällt nicht dadurch, dass sich der Verletzte oder sein Erziehungsberechtigter nach der Verletzung ebenfalls zu den offenbarten Umständen äußert.

 

3) Zur Reichweite des Schutzbereichs der Kunstfreiheit (Art.5 Abs.3 GG).

§§§

  IT-Recht - 2016 [  ›  ]

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§§§