2014   (3)  
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14.061 Sitzzuteilung

  1. VerfGH,     B, 07.04.14,     – Lv_19/13 –

  2. VerfGH

  3. GG_Art.21 Abs.1 S.1; SVerf_Art.12, SVerf_Art.60;

  4. Partei / im Landtag nicht vertreten / Verfahren der Sitzzuteilung

 

Eine im Landtag nicht vertretene politische Partei ist durch das wahlrechtlich vorgesehene Verfahren der Sitzzuteilung grundsätzlich nicht verletzt oder unmittelbar gefährdet.

§§§

14.062 Einstellungsentscheidung

  1. VerfGH,     B, 07.04.14,     – Lv_4/14 –

  2. VerfGH

  3. StPO_§_153; VerfGHG_§_55 Abs.3 S.1 VerfGHG_§_26 Abs.4; SVerf_Art.14 Abs.2

  4. Ermittlungsverfahren / Einstellung / Verfassungsbeschwerde / Dienstaufsichstsbeschwerde / Subsidiarität / Unschuldsvermutung

 

1) Ist ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft nach § 153 StPO eingestellt worden, ist eine Verfassungsbeschwerde des Beschuldigten gegen die Einstellungsentscheidung der Dienstaufsichts-Einstellungsbeschwerde gegenüber subsidiär.

 

2) Die Einstellungsentscheidung berührt die Unschuldsvermutung nicht, wenn sie Schuld nicht endgültig zuweist.

§§§

14.063 Darlegungslast bei Schadensersatz

  1. LArbG SB,     U, 09.04.14,     – 2_Sa_145/13 –

  2. EsG

  3. AGG_§_15 Abs.2; ArbZG_§_3 S.2; RL-3003/88/EG; EU-GRCharta_Art.31 Abs.2

  4. Keine Sanktion geregelt in RL 2003/88/EG / Schadensersatzanspruch grundsätzlich nicht ohne Darlegung eines Schadenseintritts

 

1) Zur Darlegungslast bei einer auf Schadensersatz in Geld gerichteten Anspruchsstellung zählt in aller Regel (Ausnahme zB § 15 Abs.2 AGG) der Vortrag von Tatsachen, aus denen sich bei Anwendung der als verletzt bezeichneten Norm ableiten lässt, dass die Verletzungshandlung adäquat kausal zu einem Schaden beim Anspruchsteller geführt hat.

 

2) § 3 S.2 ArbZG dient der Flexibilisierung der Arbeitszeitvorgaben innerhalb eines Arbeitsverhältnisses. Nach Ablösung der AZO im Jahr 1994 durch das ArbZG ist der 8-Stunden-Tag nicht mehr als Regelarbeitstag zu betrachten. Es wird weiterhin hinsichtlich der in einer Woche maximal zulässigen Arbeitszeit nach §§ 1, 3 ArbZG am Werktag und nicht am individuellen Einsatztag des Arbeitnehmers angeknüpft. 2) § 3 S.2 ArbZG dient der Flexibilisierung der Arbeitszeitvorgaben innerhalb eines Arbeitsverhältnisses. Nach Ablösung der AZO im Jahr 1994 durch das ArbZG ist der 8-Stunden-Tag nicht mehr als Regelarbeitstag zu betrachten. Es wird weiterhin hinsichtlich der in einer Woche maximal zulässigen Arbeitszeit nach §§ 1, 3 ArbZG am Werktag und nicht am individuellen Einsatztag des Arbeitnehmers

 

3) Die RL 3003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) enthält für Verletzungen ihrer Vorgaben keine unmittelbar zwischen Personen auf privatrechtlicher Ebene anzuwendenden Sanktionsvorgaben (vgl EuGH Urteil v 25.11.2010 - C_429/09 - in NZA 2011, S.53-60 - Rn.44, 98 bei juris)

 

4) Zur Darlegungslast für einen Schadensersatzanspruch bei behaupteter Verletzung von Bestimmungen aus dem ArbZG sowie der RL 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) und des Art.31 Abs.2 EU-GRCharta

§§§

14.064 Gleichstellungsabrede

  1. LArbG SB,     U, 09.04.14,     – 2_Sa_143/13 –

  2. EsG

  3. BGB_§_613a Abs.1 S.1; TVG_§_3, TVG_§_4 Abs.5, TVG_§_5

  4. Altvertrag / Betriebsübergang / dynamische Bezugnahmeklausel / Gleichstellungsabrede / Nachbindung / Nachwirkung / Tarifvertrag / Verbandsaustritt

 

1) Ein Betriebsübergang führt nach § 613a Abs.1 S.1 BGB nur zur Auswechselung des Arbeitgebers, lässt aber den Arbeitsvertrag sonst textlich und inhaltlich unverändert.

 

2) Bei seit Nov.1994 unverändertem Arbeitsvertragstext und zweimaligem Betriebsübergang (1999 und zum 01.02.2006) sowie zum Ablauf des 31.12.2007 erfolgtem Verbandsaustritt auf Arbeitgeberseite verbleibt es aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in die langjährige gefestigte Rechtsprechung des BAG bis zur Änderungsankündigung am 14.12.2005 sowie die darauf basierende Praxis in der Beratung durch Verbände und Gewerkschaften bei der Auslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge als Gleichstellungsabrede in von tarifgebundenen Arbeitgebern vorgegebenen vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen Altverträgen. [in Anlehnung an BAG Urteil v. 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - in NZA 2006, 607-611 = ZTR 2006, 500-503 - Rn 19-23 bei juris; BAG Urteil v. 17.11.2010 - 4 AZR 127/09 - in NZA 2011, 457 - 460 = BB 2011, 1149-1151; BAG Urteil v. 14.12.2012 - 4 AZR 79/10 - in beck RS 2012, 69243 = EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr 53; BAG Urteil v. 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - in NZA 2007, 965-972 - Rn 43-44 sowie 45 ff bei juris

 

3) Wirkung einer dynamischen Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge im Verkehrsgewerbe des Saarlandes in einem Altvertrag (vor 01.01.2002) auch nach zweimaligem Betriebsübergang (1999, 01.02.2006) und späterem Verbandsaustritt (zum 31.12.2007) als Gleichstellungsabrede.

§§§

14.065 Nutzungsuntersagung eines über Jahre geduldeten Bordells

  1. OVG Saarl,     B, 14.04.14,     – 2_B_207/14 –

  2. EsG

  3. LBO_§_63, LBO_§_82 Abs.2; SVwVfG_§_39, SVwVG_§_19 Abs.1 S.2

  4. Nutzungsuntersagung bei formeller Baurechtswidrigkeit eines über Jahre geduldeten Bordells

 

1) Bereits die sich aus dem Nichtvorliegen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die konkrete Nutzung einer baulichen Anlage ergebende formelle Illegalität rechtfertigt den Erlass einer Nutzungsuntersagung auf der Grundlage des § 82 Abs.2 LBO 2004, weil der Landesgesetzgeber bei Erlass dieser Ermächtigungsgrundlage insbesondere auch die Einhaltung des baurechtlichen Genehmigungserfordernisses im Blick hatte.

 

2) Der Hinweis der Bauaufsichtsbehörde auf das Fehlen einer "Baugenehmigung" und eine sich daraus herleitende "formelle Illegalität" begründet allerdings in Fällen, in denen die Nutzung in einem nach Maßgabe des § 63 LBO 2004 genehmigungsfrei zu errichtenden Gebäude im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans ausgeübt wird, nicht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 82 Abs.2 LBO 2004.

 

3) Soweit die Bauaufsichtsbehörde allgemein zutreffend die Nichtbeachtung des Genehmigungserfordernisses zum Anlass für den Erlass einer Nutzungsuntersagung nimmt, sind grundsätzlich auch an die Ausübung des Entschließungsermessens und deren Begründung (§ 39 SVwVfG) geringe Anforderungen zu stellen. In der Regel genügt auch insoweit ein Verweis auf das Vorliegen des formellen Gesetzesverstoßes.

 

4) Da bauaufsichtsbehördliche Einschreitensbefugnisse grundsätzlich auch keiner Verwirkung unterliegen, begründet das bloße Nichteinschreiten der Bauaufsichtsbehörde gegen ihr bekannte illegale bauliche Anlagen oder deren Nutzung auch über einen längeren Zeitraum für sich genommen kein im Rahmen der Ermessensausübung beim Erlass einer Nutzungsuntersagung beachtliches schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen.

 

5) Sofern die beanstandete Nutzung des Gebäudes - hier als Bordell - nicht nur unstreitig über Jahrzehnte und offenbar beanstandungsfrei "unter den Augen" verschiedener Ordnungsbehörden erfolgt ist, sondern die jeweiligen Betreiber auch über einen langen Zeitraum zur Zahlung von Gewerbesteuern veranlagt worden sind, liegt es zumindest nahe, dem Betreiber im Rahmen des Vollzugs der Anordnung eine großzügigere "Abwicklungsfrist" (§ 19 Abs.1 Satz 2 SVwVG) einzuräumen, um ihm die Klärung der materiell-rechtlichen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Bordells an diesem Standort in dem einschlägigen bauaufsichtlichen Verfahren zu ermöglichen.

§§§

14.066 Obdachlosenunterbringung

  1. OVG Saarl,     B, 14.04.14,     – 1_B_213/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.2 Nr.4; SPolG_§_8, SPolG_§_6 Abs.1 Nr.3; SVwVfG_§_48

  4. Obdachlosenunterbringung / Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

 

Zu den Anforderungen an eine Nichtstörer in Anspruch nehmende Beschlagnahmeverfügung im Falle unfreiwilliger Obdachlosigkeit

§§§

14.067 Zwischenregelung im Eilrechtsschutzverfahren

  1. OVG Saarl,     B, 15.04.14,     – 2_B_201/14 –

  2. EsG

  3. GG_Art.19 Abs.4; VwGO_§_80 Abs.5; BauGB_§_212a

  4. Zwischenregelung im baunachbarlichen Eilrechtsschutzverfahren

 

1) Einem Antrag auf Zwischenregelung, der im Baunachbarsstreit für das erstinstanzlichen Eilrechtsschutzverfahren (§§ 80 Abs.5 Satz 1, 80a Abs.3, 123 Abs.1 VwGO) gestellt wurde, ist mit Blick auf die verfassungsrechtliche Vorgabe effektiven Rechtsschutzes auch vor dem Hintergrund des § 212a Abs.1 BauGB unter unmittelbarem Rückgriff auf die Gewährleistung des Art.19 Abs.4 GG zu entsprechen, wenn jedenfalls auf den ersten Blick keine offensichtliche Aussichtslosigkeit des Begehrens des sich gegen ein Bauvorhaben wendenden Nachbarn feststellbar ist und außerdem befürchtet werden muss, dass bis zu einer gerichtlichen Entscheidung im Aussetzungs- beziehungsweise Anordnungsverfahren vollendete Tatsachen geschaffen werden.

 

2) Nach dem geltenden Verwaltungsprozessrecht kann allerdings auch im baurechtlichen Nachbarstreit ungeachtet der objektiven Rechtswidrigkeit im Einzelfall bekämpfter Verwaltungsentscheidungen generell keine von der subjektiven Rechtsposition des um Rechtsschutz Ersuchenden losgelöste Beurteilung vorgenommen werden. Das gilt auch für solche Zwischenregelungen nach Art.19 Abs.4 GG.

 

3) Nicht jede weitere zu erwartende Bautätigkeit während eines von Nachbarn eingeleiteten Eilrechtsschutzverfahrens schafft bereits vollendete oder nur schwer rückgängig zu machende Tatsachen und rechtfertigt deshalb von vorneherein den Erlass einer solchen Vorabentscheidung. Von einer Schaffung "vollendeter Tatsachen" kann vielmehr erst ab einem gewissen Baufortschritt ausgegangen werden (hier bejaht für den Zeitpunkt der Fertigstellung des überdachten Rohbaus).

§§§

14.068 Akteneinsichtsrecht

  1. OVG Saarl,     B, 16.04.14,     – 8_F_222/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_100

  4. Zum Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO / Geheimhaltungsbedürftigkeit bestimmter Aktenteile

 

Hat die Behörde die Verwaltungsakten dem Gericht umfassend vorgelegt, unterliegen diese prinzipiell dem Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO. Bezeichnet die Behörde (nachträglich) bestimmte Aktenteile als geheimhaltungsbedürftig, ist das Gericht nicht befugt, diese selbst auszusondern oder zu schwärzen.

§§§

14.069 Änderung der Prüfungsordnung

  1. VG Saarl,     U, 25.04.14,     – 1_K_734/12 –

  2. EsG

  3. Prüfungso_§_9 Abs.3; SVwVfG_§_49, SVwVfG_§_48, SVwVfG__§_51

  4. Prüfungsrechts / Anhebung der Gesamtnote / Änderung der Prüfungsanordnung

 

Die Bestehens- bzw Notengrenzen universitärer Prüfungsordnungen können für die Zukunft geändert werden. Der gewählte Stichtag muss die Interessen der Betroffenen angemessen erfassen. Die Bewertung der Interessen setzt die Bildung von Vergleichsgruppen voraus.

§§§

14.070 Abschiebung eines Asylbewerbers

  1. OVG Saarl,     B, 25.04.14,     – 2_B_215/14 –

  2. EsG

  3. AsylVfG_§_34a; AufenthG_§_60 Abs.2, AufenthG_§_38 Abs.2, AufenthG_§_28

  4. Vorläufiger Rechtsschutz gegen Abschiebung eines Asylbewerbers nach Schweden nach Bestandskraft der Abschiebungsanordnung

 

1) Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG ist, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, also tatsächlich möglich und rechtlich zulässig ist. Daher hat das Bundesamt bei seiner Entscheidung auf der Grundlage dieser Vorschrift - anders als bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.2 - 7 Aufenthaltsgesetz im Zusammenhang mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung - nicht nur zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, sondern auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60a Abs.2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) umfassend zu prüfen; insofern bleibt kein Raum für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde. Dies gilt auch dann, wenn der Duldungsgrund erst nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden ist. 1) Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG ist, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, also tatsächlich möglich und rechtlich zulässig ist. Daher hat das Bundesamt bei seiner Entscheidung auf der Grundlage dieser Vorschrift - anders als bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.2 - 7 Aufenthaltsgesetz im Zusammenhang mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung - nicht nur zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, sondern auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60a Abs.2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines

 

2) Einzelfall einer irakischen Asylbewerberin, die gegen ihre Rückführung gemäß Dublin II VO nach Schweden , wo zwei ihrer Kinder mit schwedischer Staatsangehörigkeit leben, einwendet, ihr stehe ein Anspruch auf Familiennachzug nach §§ 38 Abs.2, 28 Abs.4 AufenthG zu ihrer - mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden - in Deutschland lebenden Tochter, hilfsweise ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs.5 AufenthG wegen aufgrund behandlungsbedürftiger PTBS und Suizidgefahr bestehender Reiseunfähigkeit zu.

§§§

14.071 Befahren einer Fußgängerzone

  1. OVG Saarl,     B, 25.04.14,     – 1_A_401/13 –

  2. EsG

  3. GG_Art.14 Abs.1; StVO_§_45

  4. Straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung für einen Anlieger zum Befahren einer Fußgängerzone

 

Die uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit zu einem Grundstück, in dem der Eigentümer auch wohnt, bis "unmittelbar vor die eigene Haustür" gehört im städtischen Ballungsgebiet einer Fußgängerzone nicht zu dem durch Art.14 Abs.1 GG geschützten Kernbereich des Anliegergebrauchs. Die Straßenverkehrsbehörde darf den Anliegerverkehr im Fußgängerbereich vielmehr aufgrund der Ermächtigung des § 45 StVO insoweit zulassen oder einschränken, als dies bei Berücksichtigung der straßenverkehrsrechtlichen Belange einerseits und der Interessen des Anliegers andererseits mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.

§§§

14.072 Aussetzung der Abschiebung

  1. VG Saarl,     B, 28.04.14,     – 6_L_465/14 –

  2. EsG

  3. GG_Art.1 Abs.1, GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.6

  4. Ausländerrechts / aufschiebende Wirkung / Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers bei Risikoschwangerschaft der deutschen Ehefrau

 

1) Eine Vaterschaft des Ausländers hinsichtlich des noch ungeborenen Kindes einer deutschen Staatsangehörigen entfaltet für sich genommen noch keine aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen in Ansehung des Schutzes von Ehe und Familie nach Art.6 GG.

 

2) Eine Ausnahme ist dann anzunehmen, wenn die zwangsweise Beendigung des Aufenthalts des Ausländers eine Verletzung der Rechtsposition der zurückbleibenden Mutter oder des ungeborenen Kindes, insbesondere aus Art.2 Abs.1 GG und Art.1 Abs.1 GG, konkret befürchten lässt.

§§§

14.073 Zulässigkeit der Beschwerde

  1. OVG Saarl,     B, 29.04.14,     – 5_B_188/14 –

  2. EsG

  3. SPersVG_§_113 Abs.2; ArbGG_§_85 Abs.2; ZPO_§_922, ZPO_§_936

  4. Zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde gegen eine Entscheidung in Personalvertretungssachen

 

Eine Beschwerde, die in einem personalvertretungsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren allein zu dem Zweck eingelegt wird, das Verfahren für erledigt zu erklären, ist unzulässig.

§§§

14.074 Rechtsschutz gegen Zwangsgeldfestsetzung

  1. OVG Saarl,     B, 02.05.14,     – 2_B_225/14 –

  2. EsG

  3. GG_Art.19 Abs.4; VwGO_§_80 Abs.2 + 5, AGVwGO_§_20; SVwVG_§_15, SVwVG_§_20 SVwVG_§_18 Abs.1, SVwVG_§_19, SVwVG_§_10 Abs.1 Nr.4 + Abs.2

  4. Vorläufiger Rechtsschutz gegen Zwangsgeldfestsetzung / Zwischenregelung

 

1) Bei der in Verfahren auf Anordnung der nach den §§ 80 Abs.2 VwGO, 20 AGVwGO bei Rechtsbehelfen gegen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung ergehende Verwaltungsakte - hier konkret die Androhung beziehungsweise Festsetzung von Zwangsgeldern (§§ 19, 20 SVwVG) - jedenfalls in Fällen offener Erfolgsaussicht in der Hauptsache gebotenen Interessenabwägung kommt eine Aussetzungsentscheidung mit Blick auf den nur vorübergehenden Verlust der Dispositionsmöglichkeiten des Vollstreckungsschuldners hinsichtlich des Betrags des Zwangsgeldes regelmäßig nicht in Betracht. Diese Erwägungen gelten für die Entscheidung über lediglich eine Zwischenregelung für das Eilrechtsschutzverfahren mit absehbar deutlich geringerer Dauer als der Anfechtungsstreit in der Hauptsache erst Recht.

 

2) Eine solche Regelung unter Rückgriff auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art.19 Abs.4 GG) kommt daher allenfalls in Fällen in Betracht, in denen bereits der vergleichsweise kurzfristige Verlust des Geldbetrages bei dem Pflichtigen (§ 15 SVwVG) zu einem irreparablen Schaden führt.

 

3) Die Frage der materiellen inhaltlichen Rechtmäßigkeit eines sofort vollziehbaren Grundverwaltungsakts ist vollstreckungsrechtlich in aller Regel nicht von Belang. Das ergibt sich ohne weiteres aus dem die Voraussetzungen für die Anwendung von Verwaltungszwang insoweit grundsätzlich regelnden § 18 Abs.1 SVwVG.

 

4) Eine nachträgliche Erledigung der Anordnung im Grundverwaltungsakt durch Befolgung kann allenfalls im Rahmen der Geltendmachung eines Anspruchs auf Vollstreckungsschutz gegen die Vollstreckungsbehörde auf Einstellung weiterer, noch nicht umgesetzter Vollstreckungsmaßnahmen, hier der Beitreibung der festgesetzten Zwangsgelder, wegen "Zweckerreichung" auf der Grundlage des § 10 Abs.1 Nr.4, Abs.2 SVwVG Bedeutung erlangen.

§§§

14.075 Entziehung der Fahrerlaubnis

  1. VG Saarl,     B, 02.05.14,     – 6_L_481/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; StVG_§_3 Abs.1, FeV_§_46 Abs.1, FeV_Anl_4 Ziff.9.1

  4. Fahrerlaubnis / aufschiebende Wirkung / Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums

 

Die Behauptung einer unbewussten Drogeneinnahme ist nur glaubhaft, wenn überzeugend dargelegt werden kann, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper des betroffenen Fahrerlaubnisinhaber ein Kontakt zu Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, diesem heimlich Drogen zu verabreichen und es ferner naheliegt, dass von dem Betroffenen selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels unbemerkt blieb.

§§§

14.076 Aussetzung eines Gebührenbescheides

  1. OVG Saarl,     B, 08.05.14,     – 2_B_190/14 –

  2. EsG

  3. SGebG_§_6 Abs.3, GebVerzBauaufsicht_Nr.22.1 - 22.3; BauGB_§_31 Abs.2

  4. Aussetzung eines Gebührenbescheids für die Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs.2 BauGB, Vorteilsabschöpfung

 

1) Die Gebührenregelungen Nrn.22.1 bis 22.3 des Besonderen Gebührenverzeichnisses der Bauaufsichtsbehörden - GebVerzBauaufsicht -, für die sich die Höhe der Befreiungsgebühr aus dem Produkt aus Flächenvorteil, Bodenrichtwert und einem dort variabel ausgewiesenen nutzungsabhängigem Prozentsatz ergibt, stehen mit § 6 Abs.3 SGebG im Einklang.

 

2) Neben dem - mit jeder Gebührenerhebung zu verfolgenden - Gebührenzweck der Kostendeckung darf auf gesetzlicher Grundlage auch der der Vorteilsabschöpfung verfolgt und die Gebührenerhebung ferner zur Verhaltenssteuerung eingesetzt werden.

 

3) Mit den Befreiungsgebühren soll offensichtlich ein Anreiz geschaffen werden, entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu bauen; insofern wird eine begrenzte Verhaltenssteuerung angestrebt.

 

4) Da dem Bauherrn durch eine Befreiung von einer Festsetzung des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs.2 BauGB eine ansonsten nicht zulässige Bebauung erlaubt wird und dieser Vorteil entsprechend dem Ausmaß der erteilten Befreiung/en und dem Bodenwert des Vorhabengrundstücks zunimmt, ist gegen die insofern angeordnete Vorteilsabschöpfung insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das GebVerzBauaufsicht in Nr.22 zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine doppelte Kappungsgrenze enthält, nichts einzuwenden. Dieser abschöpfbare Vorteil besteht unabhängig davon, ob das Baugrundstück im konkreten Fall durch die erteilte Baugenehmigung eine Wertsteigerung erfährt.

 

5) Durch eine Befreiung (§ 31 Abs.2 BauGB) wird keine ganz allgemeine Befugnis des Bauherrn begründet, mit einem beliebigen Vorhaben die jeweils betroffene Festsetzung eines Bebauungsplans nicht zu beachten. Der jeweilige Dispens betrifft notwendig immer nur ein ganz bestimmtes, von dem Bauherrn konkretisiertes Vorhaben. Eine solche Befreiung beinhaltet daher nicht gewissermaßen eine "Aufhebung" von Festsetzungen im Bebauungsplan "inter partes".

 

6) Es ist nicht ersichtlich, dass eine Ermäßigungsregelung in den für die Befreiungsgebühren geltenden Gebührenregelungen für den Fall eines Nichtgebrauchmachens von einer Baugenehmigung unter Verhältnismäßigkeitsaspekten erforderlich wäre, da der Nutzen für den Gebührenschuldner bereits mit Erteilung der Baugenehmigung und nicht erst mit dem Gebrauchmachen eintritt.

§§§

14.077 Einschreiten gegen Wahlplakate

  1. OVG Saarl,     B, 14.05.14,     – 1_D_272/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_123, VwGO_§_166, VwGO_§_42 Abs.2; ZPO_§_114 S.1

  4. Einstweilige Anordnung / Antragsbefugnis / Einschreiten gegen Wahlplakate

 

Zur Antragsbefugnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs.1 VwGO auf Verpflichtung zum ordnungsbehördlichen Einschreiten gegen Wahlplakate

§§§

14.078 Abhilfebescheid-Abwassergebühren

  1. OVG Saarl,     B, 14.05.14,     – 1_E_212/14 –

  2. EsG

  3. GKG_§_52 Abs.3

  4. Streitwert bei inzidenter Feststellung, dass es auch Veranlagungsbescheiden früherer Jahre an einer wirksamen Rechtsgrundlage gefehlt hat

 

Einzelfall eines Abhilfebescheids, der das Abwassergebührenschuldverhältnis über einen zurückliegenden, mehrere Veranlagungsjahre umfassenden Zeitraum rückwirkend neu regelt.

§§§

14.079 Elektronischer Fristenkalender

  1. OVG Saarl,     B, 20.05.14,     – 1_A_458/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_124a Abs.4 S.4, VwGO_§_60 Abs.1; VwGO_§_173 S.1; ZPO_§_85 Abs.2

  4. Umfang der anwaltlichen Sorgfaltspflicht bei Führen eines elektronischen Fristenkalenders

 

Ein Rechtsanwalt, der die Fristennotierung und -kontrolle mittels eines elektronischen Fristenkalenders abwickelt, ist aufgrund seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht ua gehalten, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass sowohl einem versehentlichen Löschen von Fristen durch sein Büropersonal als auch einem hierdurch bedingten Versäumen der fristwahrenden Handlung effektiv entgegengewirkt wird.

§§§

14.080 Ehe mit deutschem Staatsangehörigen

  1. OVG Saarl,     B, 26.05.14,     – 2_B_226/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_123 Abs.1 S.1; AufenthG_§_60a Abs.2 S.1, AufenthG_§_28 Abs.1 Nr.1, AufenthG_§_5 Abs.2 S.1, AufenthG_§_95

  4. Abschiebungsschutz / Visumsverfahren / Ehe mit deutschem Staatsangehörigen / Geldmangel

 

Eine Ausländerin, die jahrelang illegal in Deutschland bei ihrer Familie lebte und nunmehr hier einen deutschen Staatsangehörigen geheiratet hat, kann auf die Nachholung des Visumsverfahrens auch dann verwiesen werden, wenn beide zwar derzeit von öffentlichen Leistungen leben, aber alles dafür spricht, dass im Bundesgebiet lebende Familienangehörige ihr die fehlenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellen würden.

§§§

14.081 Befreiung von der Grundflächen-Festsetzung

  1. OVG Saarl,     B, 26.05.14,     – 2_A_345/13 –

  2. EsG

  3. BauGB_§_12 Abs.1, BauGB_§_31 Abs.2; BauNVO_§_19 Abs.4 S.2; VwGO_§_124a Abs.4 S.4 + Abs.5 S.2

  4. Befreiung von der Grundflächen-Festsetzung / Grundzüge der Planung / Garage / Maß der baulichen Nutzung

 

Einzelfall, in dem ein Bauherr die Erteilung einer Befreiung von der Grundflächen-Festsetzung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gemäß § 31 Abs.2 BauGB für den Bau einer Garage und eines Verbindungsgangs zu einem "Ferienwohnhaus" begehrt

§§§

14.082 Baugenehmigung für Mehrfamilienhaus

  1. OVG Saarl,     U, 27.05.14,     – 2_A_2/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_162 Abs.2 S.2; (90) BauNVO_§_16 Abs.2, BauNVO_§_23 Abs.2 - 5; BauGB_§_34 Abs.1 S.1; SVwVfG_§_41, SVwVfG_§_43; GG_Art.14 Abs.1

  4. Klage der Gemeinde gegen Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus / Entsprechung von Drittwidersprüchen / maßgebliche Sach- und Rechtslage / Ersetzung des Einvernehmens der Standortgemeinde / Frage des Einfügens im Sinne von BauGB § 34 Abs.1 S.1 / Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche / Schaffung von Einsichtnahmemöglichkeiten und Rücksichtnahmegebot / Bestimmung der maßgeblichen, das Baugrundstück prägenden Umgebungsbebauung / Kriterium des Maßes der baulichen Nutzung / Ausspruch nach VwGO § 162 Abs.2 S.2 gegenüber Bauherrn als Beigeladenem des Widerspruchsverfahrens

 

1) Im öffentlichen Baurecht wirft die in den Fällen erfolgreicher so genannter Drittwidersprüche, seien es Rechtsbehelfe privater Nachbarn oder - wie hier - einer Standortgemeinde gegen den stattgebenden Widerspruchsbescheid gerichtete Klage des durch die angefochtene Baugenehmigung begünstigten Bauherrn oder der Bauherrin ungeachtet objektiver Rechtsverstöße bei deren Erteilung die Frage auf, ob die Widerspruchsbehörde dem Rechtsbehelf des oder der Dritten zu Recht entsprochen hat.

 

2) Nach allgemeinen Grundsätzen für den baurechtlichen Nachbarstreit ist für diese Beurteilung in materiell-rechtlicher Hinsicht primär auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Baugenehmigung (§§ 41, 43 SVwVfG) abzustellen, da der Bauherr dadurch eine unter dem Schutz des Art.14 Abs.1 GG stehende Rechtsposition erlangt hat, die durch spätere Änderungen der Rechtslage nicht mehr entzogen werden kann. Spätere, gegebenenfalls auch erst im Verlaufe gerichtlicher Auseinandersetzungen über die Genehmigung eintretende Veränderungen der Beurteilungsgrundlagen und -maßstäbe sind mit Blick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie zusätzlich allerdings zu berücksichtigen, wenn sie sich zugunsten des Bauherrn oder der Bauherrin auswirken.

 

3) Die Standortgemeinde hat einen Anspruch darauf, dass die Baugenehmigungsbehörde keine Vorhaben unter Ersetzung ihres (verweigerten) Einvernehmens genehmigt, die den planungsrechtlichen Vorgaben - hier - des § 34 BauGB nicht entsprechen.

 

4) Zur Beantwortung der Frage des Einfügens im Sinne von § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB ist zunächst erstens - jeweils gesondert bezogen auf das untersuchte städtebauliche Kriterium - eine Qualifizierung der "näheren" Umgebung des Baugrundstücks anhand einer Bewertung der in ihr vorhandenen baulichen Gegebenheiten vorzunehmen, zweitens im Anschluss daran nach den Maßstäben wechselseitiger Prägung die "Eigenart" des so abgegrenzten baulichen Umfelds zu bestimmen und drittens das konkrete Bauvorhaben zu diesem Umgebungsrahmen "vergleichend" in Bezug zu setzen.

 

5) Bei dem Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche, das den Standort des Bauvorhabens im Sinne von § 23 BauNVO 1990 betrifft, stellt das Städtebaurecht Anforderungen an die räumliche Lage der Baukörper auf den Grundstücken und fordert im Rahmen des § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB eine Prüfung, ob sich der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung Beschränkungen in Form faktischer Baulinien (§ 23 Abs.2 BauNVO) und/oder Baugrenzen (§ 23 Abs.3 BauNVO) entnehmen lassen, welche bei der Realisierung eines hinzutretenden Bauvorhabens beachtet werden müssen. Dabei ist hinsichtlich so genannter faktischer rückwärtiger Baugrenzen entsprechend dem Rechtsgedanken des § 23 Abs.4 Satz 2 BauNVO die vorhandene Bebauungstiefe von der tatsächlichen Grenze der jeweils als Erschließungsanlage gewählten öffentlichen Straße aus in Orientierung an dem jeweiligen Straßenverlauf zu ermitteln. Dabei kommt es auf die Verläufe der katastermäßigen, in der Örtlichkeit als solche nicht in Erscheinung tretenden Grundstücks- und Parzellengrenzen nicht an. Entsprechend der Wertungsvorgabe in § 23 Abs.5 Satz 1 BauNVO sind dabei in rückwärtigen Grundstücksteilen vorfindliche Gebäude, die räumlich und funktional als untergeordnete Nebenanlagen (§ 14 BauNVO) zu qualifizieren sind beziehungsweise die nach dem - hier einschlägigen - saarländischen Bauordnungsrecht (§ 8 Abs.2 Satz 1 Nr.7 und Sätze 3 bis 7 LBO 2004) abstandsflächenrechtlich privilegiert sind (§ 23 Abs.5 Satz 2 BauNVO 1990), nicht in die Betrachtung mit einzubeziehen.

 

6) Weder aus der Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude noch allgemein aus einer Schaffung oder Erweiterung vorhandener Einsichtsmöglichkeiten durch die Verwirklichung eines Bauvorhabens lässt sich eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Nachbarn herleiten. Die Eigentümer von Grundstücken in innerörtlichen Lagen haben generell keinen Anspruch auf die Vermeidung der Schaffung solcher Einsichtsmöglichkeiten in ihr Grundstück.

 

7) Bei der Bestimmung der maßgeblichen, das Baugrundstück prägenden Umgebungsbebauung (Rahmen) sind solche Anlagen außer Betracht zu lassen, die zwar diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten, jedoch in der konkreten Umgebung als "Fremdkörper" erscheinen. Letzteres setzt voraus, dass die in Rede stehende Nutzung nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der ansonsten in der Umgebung anzutreffenden Bebauung heraus fällt, beispielsweise, wenn eine singuläre Anlage in einem "auffälligen Kontrast" zur übrigen Bebauung steht.

 

8) Bei dem Kriterium des Maßes der baulichen Nutzung ist für die Beurteilung nach dem § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB zwar im Grundsatz auf die konkretisierenden Merkmale des § 16 Abs.2 BauNVO 1990 zurückzugreifen. Da der § 34 BauGB eine an der tatsächlich vorhandenen Bebauung orientierte faktische Betrachtung erfordert, ist dabei auf die Maße abzustellen, die einerseits bei dem hinzutretenden Bauvorhaben und andererseits bei der maßgeblichen Umgebungsbebauung für den Betrachter nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten. Daher kommt es vordringlich auf die in dem § 16 Abs.2 BauNVO 1990 genannten "absoluten" Größenmaße des Baukörpers wie die aus Länge und Breite zu ermittelnde Grundfläche, die erkennbar in Erscheinung tretende Geschosszahl und die Höhe der jeweiligen Gebäude an. Bei der vergleichenden Betrachtung der Rahmen bildenden Gebäude in der näheren Umgebung und des Bauvorhabens nach diesen Kriterien, insbesondere Grundfläche und Höhe, sind die vorhandenen Gebäude nicht isoliert voneinander im Hinblick auf jeweils nur eines dieser Merkmale, sondern vielmehr insgesamt in den Blick zu nehmen.

 

9) Für einen Ausspruch nach § 162 Abs.2 Satz 2 VwGO besteht regelmäßig kein Anlass, wenn der beteiligte Bauherr nur Beigeladener des Widerspruchsverfahrens war und sich nicht unmittelbar gegen eine ihn belastende Entscheidung zur Wehr setzen musste, sondern insoweit neben die sach- und fachkundige Untere Bauaufsichtsbehörde als Widerspruchsgegnerin trat.

§§§

14.083 Abgeltung krankheitsbedingten Erholungsurlaubs

  1. OVG Saarl,     B, 27.05.14,     – 1_A_433/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_124 Abs.2 Nr.1 + 4; RL-2003/88/EG_Art.7 Abs.1 + 2

  4. Abgeltung von krankheitsbedingt nicht genommenem Erholungsurlaub bei Eintritt in den Ruhestand / keine Übertragung auf Vergütung von Mehrarbeit

 

1) Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Art.7 Abs.2 RL 2003/88/EG ist auf die sich aus Art.7 Abs.1 RL 2003/88/EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub im Jahr beschränkt. Bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche nach Art.7 Abs.1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wieviel Urlaub der Betroffene im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder (übertragenen) alten Urlaub aus dem Vorjahr handelt.

 

2) Eine Übertragung der für die finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht genommenem Erholungsurlaub bei Eintritt in den Ruhestand geltenden Maßstäbe auf die Vergütung von Mehrarbeit findet wegen des unterschiedlichen Zweckes von Erholungsurlaub und Freizeitausgleich nicht statt.

§§§

14.084 Befreiung von der Zweitwohnungssteuer

  1. OVG Saarl,     B, 28.05.14,     – 1_A_432/13 –

  2. EsG

  3. GG_Art.3 Abs.1

  4. Zweitwohnung / Beschäftigungsort / keine vorwiegende Nutzung / Behinderung / Satzung / Befreiung / Wohnung in Pflegeheime / Gleichbehandlung

 

Wer an seinem Beschäftigungsort zur Vermeidung der körperlichen Belastung durch tägliches Pendeln eine Zweitwohnung unterhält, die er nicht vorwiegend nutzt, weil er die infolge einer Behinderung notwendige medizinisch-therapeutische Betreuung weiterhin an seinem Hauptwohnsitz wahrnehmen will, hat keinen aus Art.3 Abs.1 GG herleitbaren Anspruch darauf, dass eine in der kommunalen Zweitwohnungssteuersatzung vorgesehene Befreiung für Wohnungen in Pflegeheimen oder sonstigen Einrichtungen, die der Betreuung pflegebedürftiger oder behinderter Menschen dienen bzw aus therapeutischen oder sozialpädagogischen Gründen entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, auch in seinem Fall Anwendung findet.

§§§

14.085 Verspätete Beförderung

  1. VG Saarl,     U, 03.06.14,     – 2_K_769/12 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_42 Abs.1; SG_§_82 Abs.1; SG_§_31; WBO_§_17 Abs.1, WBO_§_23 Abs.1; BGB_§_278, BGB_§_276 Abs.2

  4. Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Beförderung

 

Wurde ein Soldat während einer Gefechtsübung verletzt und war für die die Ausbildung verantwortlich leitenden Offiziere im Unfallzeitpunkt eine Gefahrenlage bzw ein Anlass für Maßnahmen der Dienstaufsicht nicht (rechtzeitig) erkennbar, realisiert sich für den betroffenen Soldaten ein Restrisiko, welches ihm der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht weder abnehmen kann noch muss, so dass Schadenersatz wegen einer Fürsorgepflichtverletzung nicht verlangt werden kann.

§§§

14.086 Überzahlte Versorgungsbezüge

  1. VG Saarl,     U, 03.06.14,     – 2_K_1117/12 –

  2. EsG

  3. SBeamtVG_§_52 Abs.2 S.1, SBeamtVG_§_55 Abs.1 + Abs.2 Nr.2; BGB_§_199 Abs.1 Nr.2, BGB_§_812 Abs.1 S.1, BGB_§_820 Abs.1 S.1, BGB_§_818 Abs.4

  4. Rückforderungsanspruch / Behörde / grobfahrlässige Unkenntnis / Verjährung.

 

Zur Frage der grobfahrlässigen Unkenntnis der Behörde vom Bestehen des Rückforderungsanspruchs (§ 199 Abs.1 Nr.2 BGB) (Anschluss an OVG Hamburg, Urteil vom 30.11.2012, 1 Bf 41/12)

 

LB 2) Gemäß § 199 Abs.1 Nr.2 BGB beginnt die Verjährung nicht erst mit der positiven Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen zu laufen, sondern bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruchsinhaber ohne grobe Fahrlässigkeit von seinem Anspruch wissen müsste. Erforderlich ist hierbei nur die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen; nicht erforderlich ist hingegen, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.

 

Rechtsmittel-AZ: 1 A 307/14

§§§

14.087 Rechtswirkung einer Exmatrikulation

  1. VG Saarl,     U, 05.06.14,     – 1_K_1954/13 –

  2. EsG

  3. ImmatrikulationsO_§_17 Abs.1 Ziff.2; SVwVfG_§_35

  4. Rechtswirkung einer Exmatrikulation

 

Die Exmatrikulation ist kein auf der Zeitachse teilbarer Dauerverwaltungsakt.

§§§

14.088 Mitarbeiterbeteiligung

  1. OVG Saarl,     B, 05.06.14,     – 1_A_441/13 –

  2. EsG

  3. DBGrG_§_19 Abs.1 + 2, DBGrG_§_12 Abs.2;

  4. Anspruch eines zugewiesenen Beamten auf Mitarbeiterbeteiligung

 

Zur Frage eines Anspruchs eines der Deutschen Bahn AG zugwiesenen Beamten auf Gewährung einer tarifvertraglich geregelten Mitarbeiterbeteiligung.

§§§

14.089 Tätigwerden der Stiftungsaufsicht

  1. VG Saarl,     U, 11.06.14,     – 1_K_772/13 –

  2. EsG

  3. SStiftG_§_15

  4. Tätigwerden der Stiftungsaufsicht

 

1) § 15 SStiftG beinhaltet als gesetzliche Vorgabe die Erforderlichkeit des Tätigwerdens der Stiftungsaufsicht.

 

2) Erforderlich ist deren Tätigwerden nur, wenn die Stiftung nicht aus sich heraus ordnungsgemäße Zustände schaffen kann.

§§§

14.090 Verbale Begründungspflicht

  1. VG Saarl,     B, 12.06.14,     – 2_L_634/14 –

  2. EsG

  3. GG_Art.33 Abs.2

  4. Dienstliche Beurteilung / Gesamtnote / Begründungspflicht

 

Es ist rechtlich unbedenklich, wenn in einer dienstlichen Beurteilung enthaltene zusammenfassende Werturteile allein durch eine Punktzahl oder das Ankreuzen eines Kästchens zum Ausdruck gebracht werden (keine verbale Begründungspflicht)

§§§

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§§§