zu Art.85   GG  
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Bundesauftragsverwaltung der Länder   (Absatz 1)

  1. Im Bereich der Auftragsverwaltung nach Artikel 85 GG sind die Kompetenzen dergestalt verteilt, daß dem Land unentziehbar die Wahrnehmungskompetenz zusteht, die Sachkompetenz hingegen von vornherein nur unter dem Vorbehalt ihrer Inanspruchnahme durch den Bund. (vgl BVerfG, U, 22.05.90, - 2_BvG_1/88 - KKW Kalkar-II - BVerfGE_81,310 -347 = BVerfGA_Nr.40 = www.DFR/BVerfGE)

  2. Das Grundgesetz kennt nur die in Art.84 und 85 geregeltes ogenannte abhängige Bundesaufsicht, dh die Rüge von Mängeln bei der verwaltungsmäßigen Ausführung von Bundesgesetzen. Art.93 Abs.1 Nr.3 GG macht das Bundesverfassungsgericht allgemein zur Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder zuständig, wobei nur als eine Gruppe von Meinungsverschiedenheiten diejenigen hervorgehoben werden ("insbesondere"), die sich bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht ergeben können. (vgl BVerfG, U, 26.03.57, - 2_BvG_1/55 - Reichskonkordat - BVerfGE_6,309 = www.DFR/BVerfGE)

  3. Das föderalistische Prinzip des Grundgesetzes verlangt nicht stets die Anrufung des Bundesrats, bevor beim Bundesverfassungsgericht die Feststellung der Verletzung einer verfassungsrechtlichen Pflicht eines Landes beantragt werden kann. Der Bundesrat ist nur für die Rüge von Mängeln bei der verwaltungsmäßigen Ausführung eines Bundesgesetzes zwischengeschaltet. Im übrigen ist die unmittelbare Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zulässig. (vgl BVerfG, U, 26.03.57, - 2_BvG_1/55 - Reichskonkordat - BVerfGE_6,309 = www.DFR/BVerfGE)

§§§



Allgemeine Verwaltungsvorschriften   (Absatz 2)

  1. Allgemeine Verwaltungsvorschriften für den Vollzug der Bundesgesetze durch die Länder im Auftrage des Bundes können gemäß Art.85 Abs.2 Satz 1 GG ausschließlich von der Bundesregierung als Kollegium mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden (Abweichung von BVerfGE_26,338 <399>). (vgl BVerfG, B, 02.03.99, - 2_BvF_1/94 - Allg-Verwaltungsvorschrift - BVerfGE_100,249 = www.bverfg.de)

  2. Bundesgesetzliche Regelungen des Verwaltungsverfahrens im Bereich der Auftragsverwaltung nach Art.85 GG bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. (vgl BVerfG, B, 04.05.10, - 2_BvL_8/07 - Regelung des Verwaltungsverfahrens - = BVerfG-Nr.10.007 = www.BVerfG.de)

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Weisungsbefugnis   (Absatz 3)

  1. Umfang und Grenzen der Verbindlichkeit einer Weisung nach Art.85 Abs.3 GG folgen unmittelbar aus den kompetentiellen Rechten, die das Grundgesetz Bund und Ländern zuweist (vgl BVerfGE_81,310 <331 f>). Die Verletzung dieser Rechte kann nur im Bund-Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden. (vgl BVerfG, U, 10.04.91, - 2_BvG_1/91 - Schacht Konrad - BVerfGE_84,25 = www.DFR/BVerfGE)

  2. Die Weisung unterliegt dem Gebot der Weisungsklarheit: Die angewiesene Behörde muß unter Zuhilfenahme der ihr zur Gebot stehenden Erkenntnismöglichkeiten ihren objektiven Sinn ermitteln können. (vgl BVerfG, U, 22.05.90, - 2_BvG_1/88 - KKW Kalkar-II - BVerfGE_81,310 -347 = BVerfGA_Nr.40 = www.DFR/BVerfGE)

  3. Bei Ausübung einer Weisungskompetenz unterliegt der Bund der Pflicht zu bundesfreudlichem Verhalten. Er muß grundsätzlich - dh außer bei Eilbedüftigkeit - vor Weisungserlaß dem Land Gelegenheit zur Stellungsnahme geben, dessen Standpunkt erwägen und dem Land zu erkennen geben, daß der Erlaß einer Weisung in Betracht gezogen werde. (vgl BVerfG, U, 22.05.90, - 2_BvG_1/88 - KKW Kalkar-II - BVerfGE_81,310 -347 = BVerfGA_Nr.40 = www.DFR/BVerfGE)

  4. Das Land kann durch eine Weisung des Bundes nach Artikel 85 Abs.3 GG nur dann in seinen Rechten verletzt sein, wenn gerade die Inanspruchnahme der Weisungsbefugnis gegen die Verfassung verstößt. (vgl BVerfG, U, 22.05.90, - 2_BvG_1/88 - KKW Kalkar-II - BVerfGE_81,310 -347 = BVerfGA_Nr.40 = www.DFR/BVerfGE)

  5. Der Bund darf im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung (Art.85 GG) alle Aktivitäten entfalten, die er für eine effektive und sachgerechte Vorbereitung und Ausübung seines grundsätzlich unbeschränkten Direktions- und Weisungsrechts für erforderlich hält, soweit er dadurch die Wahrnehmungskompetenz der Länder nicht verletzt. (vgl BVerfG, U, 19.02.02, - 2_BvG_2/00 - AKW Biblis A - BVerfGE_104,249 = NVwZ_02,2002 = www.bverfg.de)

  6. Der Bund muß jedoch zuvor die ihm zunächst nur in Form einer "Reservezuständigkeit" verliehene Sachentscheidungsbefugnis erst aktualisieren, indem er diese auf sich überleitet. (vgl BVerfG, U, 19.02.02, - 2_BvG_2/00 - AKW Biblis A - BVerfGE_104,249 = NVwZ_02,2002 = www.bverfg.de)

  7. Bestandteil der Aktivitäten des Bundes zur Vorbereitung und Ausübung seines Direktions- und Weisungsrechts können auch unmittelbare Kontakte nach außen, einschließlich etwaiger informaler Absprachen sein. Allerdings ist dem Bund auch auf dem Feld informalen Handelns ein Selbsteintrittsrecht (vgl. BVerfGE 81, 310 <332>) verwehrt. (vgl BVerfG, U, 19.02.02, - 2_BvG_2/00 - AKW Biblis A - BVerfGE_104,249 = NVwZ_02,2002 = www.bverfg.de)

  8. Die Wahrnehmungskompetenz des Landes verletzt der Bund erst dann, wenn er nach außen gegenüber Dritten rechtsverbindlich tätig wird oder durch die Abgabe von Erklärungen, die einer rechtsverbindlichen Entscheidung gleichkommen, die Wahrnehmungskompetenz der Länder an sich zieht. (vgl BVerfG, U, 19.02.02, - 2_BvG_2/00 - AKW Biblis A - BVerfGE_104,249 = NVwZ_02,2002 = www.bverfg.de)

  9. Das Land hat dem Bund gegenüber keine einforderbares Recht, daß dieser seine im Einklang mit der Verfassung in Anspruch genommene Weisungsbefugnis inhaltlich rechtmäßig ausübt oder gar einen Verfassungsverstoß, insbesondere eine Grundrechtsverletzung, unterläßt. Eine Grenze ergibt sich in dem äußersten Fall, daß eine zuständige oberste Bundesbehörde unter grober Mißachtung der ihr obliegenden Obhutspflicht zu einem Tun oder Unterlassen anweist, welches im Hinblick auf die damit einhergehende allgemeine Gefährdung oder Verletzung bedeutender Rechtsgüter schlechterdings nicht verantwortet werden kann. (vgl BVerfG, U, 22.05.90, - 2_BvG_1/88 - KKW Kalkar-II - BVerfGE_81,310 -347 = BVerfGA_Nr.40 = www.DFR/BVerfGE)

  10. Aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Schranken für Einwirkungen des Staates in den Rechtskreis des Einzelnen sind im kompetenzrechtlichen Bund-Länder-Verhältnis nicht anwendbar. Dies gilt insbesondere für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (vgl BVerfG, U, 22.05.90, - 2_BvG_1/88 - KKW Kalkar-II - BVerfGE_81,310 -347 = BVerfGA_Nr.40 = www.DFR/BVerfGE)

  11. Zur Auslegung und Anwendung des Art.85 Abs.3 GG. (vgl BVerfG, U, 10.04.91, - 2_BvG_1/91 - Schacht Konrad - BVerfGE_84,25 = www.DFR/BVerfGE)

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Umfang der Bundesaufsicht   (Absatz 4)

    (Bisher kein Eintrag)

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