RsprS zu § 134 BGB
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  1. Die Zivilgerichte müssen - insbesondere bei der Konkretisierung und Anwendung von Generalklauseln wie § 138 und § 242 BGB - die grundrechtliche Gewährleistung der Privatautonomie in Art.2 Abs.1 GG beachten. Daraus ergibt sich ihre Pflicht zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner ungewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind. (vgl. BVerfG, E 19.10.93 - 1 BvR 567/89 - Privatautonomie, BVerfGE 89,214 = DB 93,2580 = FamRZ 94,151 = JR 95,59 = JuS 94,251 = = DNr.97.000)


  2. Eine Bestimmung in einem Vertrag über die Veräußerung einer Arztpraxis, die den Veräußerer auch ohne Einwilligung der betroffenen Patienten verpflichtet, die Patienten- und Beratungskartei zu übergeben, verletzt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten und die ärztliche Schweigepflicht (GG Art 2 Abs. 1, StGB § 203); sie ist wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (BGB § 134) nichtig (Abweichung BGH, 07.11.73, 8 ZR 228/72, NJW 74,602 ). (vgl. BGH, E 11.12.91 - 8 ZR 4/91 - Patientendaten, EBE/BGH 92,36 -38 = ZAP EN-Nr.192/92)


  3. (LF) Nichtig gemäß § 134 ist wegen Verstoßes gegen die ärztliche Schweigepflicht und das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten ein Vertrag, nach dem der Verkäufer bei Verkauf einer Zahnarztpraxis verpflichtet wird, die gesamte Patientenkartei ohne Beschränkung auf diejenigen Patienten, die zuvor zugestimmt haben zu übertragen. Trotz salvatorischer Klausel bleibt es bei der Gesamtnichtigkeit des Praxisübergabevertrages, wenn die Bestimmung über die Übergabe der Patientenkartei als "wesentlicher Bestandteil" des Vertrages bezeichnet ist. (vgl. KG, U 09.10.95 - 12 U 1926/92 - Praxisübergabevertrag, NJW-CoR 96,190 (L) = Be-KGR 95,253 = DNr.95.176)

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