2014   (1)  
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14.001 Abschiebungshindernisse

  1. VG Saarl,     B, 06.01.14,     – 3_L_2146/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.7; AsylVfG_§_27a, AsylVfG_§_34a; GG_Art.6

  4. Verbot der Abschiebung in für das Asylverfahren zuständigen Staat bei Abschiebungshindernissen, -verboten oder Duldungsgründen

 

Bei Fällen, in denen der Asylbewerber in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, hat das Bundesamt vor Erlass einer Abschiebungsanordnung auch zu prüfen, ob Abschiebungshindernisse- bzw Verbote oder Duldungsgründe vorliegen.

§§§

14.002 Posttraumatische Belastungsstörung

  1. VG Saarl,     B, 07.01.14,     – 3_L_2175/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.7; VwGO_§_123; AufenthG_§_60 Abs.2 - 7; VwVfG_§_51 Abs.2

  4. Anforderungen an die Bescheinigung einer PTBS

 

Mit Rücksicht auf die Unschärfen und vielfältigen Symptome die das Krankheitsbild gerade einer posttraumatischen Belastungsstörung hat, müssen vorgelegte fachärztliche Bescheinigungen nach der ständigen Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl Urteil vom 22.08.2013 - 3_K_183/13 - juris) gewissen Mindestanforderungen genügen (im Einzelfall nicht ausreichende Bescheinigung).

§§§

14.003 Prüfingenieur für Brandschutz

  1. VG Saarl,     B, 08.01.14,     – 5_L_2155/13 –

  2. EsG

  3. PPVO_§_12 Abs.2, PPVO_§_16, PPVO_§_18; VwGO_§_123 Abs.1 S.2; LBO_§_67 Abs.1; GG_Art.12

  4. Vorläufige Zulassung zum weiteren Prüfungsverfahren für die Anerkennung als Prüfingenieur für Brandschutz aufgrund einer Interessenabwägung

 

LB 1) Zu den Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung zur Teilnahme an einer Prüfung.

 

LB 2) Dem Interesse des Antragstellers, vorläufig an der schriftlichen und im Bestehensfalle an der mündlichen Prüfung teilzunehmen, steht kein vergleichbares staatliches Interesse gegenüber, dem Antragsteller diese Chance zu nehmen.

* * *

Entscheidungsformel:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren 5 K 2040/13 die weitere Teilnahme am laufenden Prüfungsverfahren zur Anerkennung als Prüfingenieur/Prüfsachverständiger für Brandschutz zu gestatten.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt (§§ 52, 53, 63 Abs.2 GKG).

§§§

14.004 Baugenehmigung für ein Bordell

  1. OVG Saarl,     B, 08.01.14,     – 2_A_437/13 –

  2. EsG

  3. BauGB_§_34; VwGO_§_124 Abs.2 Nr.2; BauNVO_§_7 Abs.2 Nr.2

  4. Baugenehmigung für Bordell / Einordnung der Umgebungsbebauung als berufungsbegründende "Besondere Schwierigkeit"/ Wohnungsprostitution setzt Wohnung voraus / Bordell als (baurechtliche) Vergnügungsstätte im baurechtlichen Sinne

 

1) Eine möglicherweise "besonders schwierige" Einordnung der maßgeblichen Umgebungsbebauung eines Bauvorhabens im Verständnis des § 34 BauGB begründet für sich genommen keine "besondere Schwierigkeit" der Sache im Verständnis von § 124 Abs.2 Nr.2 VwGO, wenn es aus der insoweit zunächst maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichts auf die Beantwortung der Frage nicht ankommt, weil sich das Vorhaben im Ergebnis als nach allen Alternativen nicht genehmigungsfähig erweist.

 

2) Der Umstand, dass die Einordnung einer als Rahmen für die Beurteilung nach § 34 BauGB zugrunde zu legenden Umgebungsbebauung die Verschaffung eines Eindrucks von den konkreten örtlichen Gegebenheiten voraussetzt und daher von einem Rechtsmittelgericht auch im Zulassungsverfahren bis auf Ausnahmefälle nicht abschließend nur auf Grund der Aktenlage beurteilt werden kann, rechtfertigt nicht bereits die Bejahung besonderer Schwierigkeit (§ 124 Abs.2 Nr.2 VwGO) der Sache oder die Annahme, das auf einer Ortsbesichtigung beruhende Ergebnis der Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterläge ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit (§ 124 Abs.2 Nr.1 VwGO). Hat sich das Verwaltungsgericht einen Eindruck von dem "Baugrundstück" und seiner Umgebung, insbesondere auch von der baulichen Situation auf benachbarten Grundstücken, verschafft und anschließend eine nach den Maßstäben der Rechtsprechung nachvollziehbare Bewertung vorgenommen, so ist die Zulassung der Berufung nur geboten, wenn das Antragsvorbringen besondere Aspekte des Falles aufzeigt, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses begründen können.

 

3) Die Annahme einer unter dem ursprünglich polizeirechtlich entwickelten Begriff in Mischgebieten potentiell zulässigen Wohnungsprostitution setzt voraus, dass das betroffene Gebäude nach außen nur "wohnähnlich" in Erscheinung tritt und nach "innen" die Prostitution dem Gebäude nicht das "Gepräge" gibt, zunächst aber einmal schon begrifflich, dass die Prostituierten in dem Haus wohnen. Wo niemand "wohnt" gibt es (auch) im bauplanungsrechtlichen Sinne keine "Wohnung" und daher auch keine "Wohnungsprostitution". Der fehlende Wohnungscharakter lässt sich nicht durch den Hinweis auf ein vom Optischen her und von den bisher nicht aufgetretenen "Unruhen" nach außen hin "wohnähnliches" Erscheinungsbild eines Bordells kompensieren.

 

4) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist ein Bordell beziehungsweise ein "bordellartiger" Betrieb zumindest seit der Neufassung der Baunutzungsverordnung (1990), die nunmehr einen eigenständig und für alle Baugebiete durchgängig definierten Begriff der Vergnügungsstätte (§ 7 Abs.2 Nr.2 BauNVO) enthält, exklusiv dieser Nutzungskategorie zuzuordnen und nicht (mehr) der Nutzungsart des Gewerbebetriebs "sonstiger Art" unterzuordnen.

§§§

14.005 Einstellung eines Bußgeldverfahrens

  1. VerfGH,     U, 08.01.14,     – Lv_14/13 –

  2. VerfGH

  3. GG_Art.103 Abs.1; SVerf_Art.21 S.2, SVerf_Art.60 Abs.1, SVerf_Art.110 S.2, SVerf_Art.1 S.1, SVerf_Art.2 S.1, SVerf_Art.12 Abs.1

  4. Bu0geldverfahren / Einstellung / notwendige Auslagen / Verdacht einer Ordnungswidrigkeit

 

Wird ein Bußfeldverfahren eingestellt und sieht das Gericht davon ab, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen, weil ein Verdacht einer Ordnungswidrigkeit bestanden hat - ohne dass die Schuld festgestellt wird - ist das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

LB 2) Die Verfassung des Saarlandes kennt zwar nicht ausdrücklich ein Grundrecht auf rechtliches Gehör.

 

LB 2) Die Verfassung des Saarlandes bindet die rechtsprechende Gewalt jedoch an rechtsstaatliche Grundsätze (Art.21 S.2, 60 Abs.1, 110 S.2 SVerf). Die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebote für die gerichtliche Verfahrensgestaltung umfasst auch den Anspruch auf rechtliches Gehör. Das damit auch von der Verfassung des Saarlandes gewährleistete Grundrecht auf rechtliches Gehör verbürgt allerdings - nicht anders als Art.103 Abs.1 GG - nur, dass das Vorbringen einem Betroffenen in einem gerichtlichen Verfahren ermöglicht, dass es zur Kenntnis genommen und dass es bei der gerichtlichen Entscheidung in Erwägung gezogen wird ( BVerfGE_83,24, 85).

 

LB 3) Es verbürgt keine Bescheidung von Argumenten und Einwendungen im Einzelfall.

 

LB 4) Von einer Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör ist daher nur dann auszugehen, wenn besondere Umstände erkennen lassen, dass tatsächliches oder rechtliches Vorbringen ersichtlich nicht wahrgenommen oder ersichtlich nicht bedacht worden ist.

§§§

14.006 Schwerbehinderter Bewerber

  1. LArbG SB,     U, 08.01.14,     – 1_Sa_61/22 –

  2. EsG

  3. AGG_§_1, AGG_§_6, AGG_§_7, AGG_§_22, AGG_§_15 Abs.2; ArbGG_§_61b Abs.1; SGB_IX_§_82 S.2 + 3, SGB_IX_§_81 Abs.1 S.4, SGB_IX_§_95 Abs.2; GG_Art.33 Abs.2

  4. Unterbliebene Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch

T-14-01

1) Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch ausschließlich andere Gründe als die Behinderung maßgeblich waren, können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur solche Gründe herangezogen werden, die weder einen Bezug zu der Behinderung des Bewerbers aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren.

 

2) Schließt ein öffentlicher Arbeitgeber einen schwerbehinderten Bewerber aus dem Auswahlverfahren aus, weil er ihn für überqualifiziert hält und er Stellen aufgrund von personalpolitischen Erwägungen nicht mit überqualifizierten Bewerbern besetzen möchte, so handelt es sich dabei nicht um eine Frage der fachlichen Eignung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

 

Revision ist beim BAG eingelegt unter dem Aktenzeichen 8_AZR_194/14.

* * *

T-14-01Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

1

"Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zusteht. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und die von der Kammer durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigen keine andere Beurteilung.

I.

2

Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist es, Benachteiligungen unter anderem wegen einer Behinderung zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). Nach § 7 Absatz 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe benachteiligt werden. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 15 Absatz 1 AGG). Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte nach § 15 Absatz 2 AGG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wobei die Entschädigung, wenn sich der Beschäftigte auf eine ausgeschriebene Stelle beworben hatte, aber nicht eingestellt wurde, auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt ist, wenn der oder die Beschäftigte auch bei einer benachteiligungsfreien Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Den zuletzt genannten Entschädigungsanspruch nach § 15 Absatz 2 AGG macht der Kläger hier geltend. Die Voraussetzungen für einen solchen Entschädigungsanspruch liegen aber nicht vor.

II.

3

Zwar ist der Kläger auch als bloßer Bewerber "Beschäftigter" im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Denn nach § 6 Absatz 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Und das beklagte Land ist auch als "Arbeitgeber" passivlegitimiert. Denn nach § 6 Absatz 2 Satz 1 AGG in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 2 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes auch derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnisses nachsucht (zu all dem beispielsweise BAG, Urteil vom 24. Januar 2013, 8_AZR_188/12, abrufbar bei juris, mit weiteren Nachweisen).

III.

4

Der Kläger hat einen Entschädigungsanspruch auch innerhalb der Frist des § 15 Absatz 4 AGG geltend gemacht. Nach dieser Norm muss ein Anspruch nach § 15 Absatz 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, wobei die Frist im Fall einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung beginnt. Dass die Bewerbung des Klägers nicht berücksichtigt wurde, hat das beklagte Land, vertreten durch das Ministerium ..., dem Kläger mit einem vom 5. November 2010 datierenden Schreiben (Blatt 30 der Akten) mitgeteilt. Geltend machen ließ der Kläger seinen Entschädigungsanspruch mit dem Schreiben seiner Rechtsanwälte und jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29. Dezember 2010 (Blatt 31 und 32 der Akten). Dieses Schreiben wurde dem Ministerium ... - wie der Kläger im Berufungsverfahren im Anschluss an einen darauf abzielenden Aufklärungsbeschluss der Kammer dargelegt hat und wie von dem beklagten Land in der Folge auch nicht bestritten wurde - noch am selben Tag, also am 29. Dezember 2010, per Telefax übermittelt, was auch durch Vorlage des Übermittlungsprotokolls (Blatt 205 der Akten) belegt wurde. Außerdem ging dieses Schreiben dem Ministerium ..., wie durch den von dem Kläger vorgelegten Rückschein (Blatt 206 der Akten) nachgewiesen wurde, spätestens am 4. Januar 2011 auch als Einschreiben mit Rückschein zu.

IV.

5

Der Kläger hat auch rechtzeitig Klage erhoben. Nach § 61b Absatz 1 ArbGG muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Geltend gemacht hatte der Kläger den Entschädigungsanspruch, wie soeben dargelegt wurde, mit dem Schreiben seiner Rechtsanwälte und jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29. Dezember 2010, das dem Ministerium ... des Saarlandes erstmals per Telefax noch am selben Tag zugegangen war. Eingegangen ist die von dem Kläger erhobene Klage bei dem Arbeitsgericht Saarbrücken am 29. März 2011 (Blatt 1 der Akten), und damit am letzten Tag des Ablaufs der dreimonatigen Frist zur Klageerhebung. Für die Wahrung der Frist genügte nach § 167 ZPO der Eingang der Klage bei dem Arbeitsgericht, weil die Zustellung der Klage an das beklagte Land, vertreten durch das Ministerium ..., "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgte, nämlich am 5. April 2011 (Blatt 34 und 34 Rückseite der Akten).

V.

6

Das beklagte Land beziehungsweise das Ministerium ..., das für das beklagte Land gehandelt hat, hat den Kläger jedoch jedenfalls nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt.

7

1. Der Kläger hat allerdings Indizien dargelegt und nachgewiesen, die für eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung sprechen (§ 22 AGG).

8

a. Nach § 82 Satz 2 SGB IX hat der öffentliche Arbeitgeber einen schwerbehinderten Menschen, der sich auf eine ausgeschriebene freie Stelle beworben hat, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ist (nur dann) entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich fehlt (§ 82 Satz 3 SGB IX). Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen dieser Regelung, den schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Indiz, das nach § 22 AGG eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lässt (dazu beispielsweise BAG, Urteil vom 16. Februar 2012, 8_AZR_697/10, NZA_2012,667, und BAG, Urteil vom 24. Januar 2013, 8_AZR_188/12, abrufbar bei juris, jeweils mit weiteren Nachweisen).

9

Das beklagte Land macht - um zu rechtfertigen, weshalb der Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde - geltend, der Kläger sei im Hinblick auf den Inhalt der Stellenausschreibung und der dort beschriebenen Bewerbungsvoraussetzungen wegen seines universitären Abschlusses überqualifiziert und deshalb unter Berücksichtigung des Inhaltes der Stellenausschreibung für die Stelle offensichtlich nicht geeignet gewesen. Die sich aus der Stellenausschreibung ergebende Begrenzung des Bewerberkreises auf Bewerber mit einem Fachhochschule-Abschluss oder mit einem Bachelor-Abschluss sei aufgrund von personalpolitischen Erwägungen gerechtfertigt gewesen. Ausgeschrieben worden sei "nur" eine Stelle im gehobenen Dienst. Für eine solche Stelle kämen nach ihrer seit Jahren praktizierten restriktiven Handhabung lediglich Bewerber mit einem Fachhochschul-Abschluss oder mit einem Bachelor-Abschluss in Betracht. Ein universitärer Abschluss werde nur dann vorausgesetzt, wenn eine Stelle des höheren Dienstes ausgeschrieben werde. Hintergrund dieser Praxis sei das Bestreben, keine überqualifizierten Bewerberinnen oder Bewerber einzustellen, um so die Gefahr einer Frustration wegen mangelnder Auslastung bei dem Bewerber oder der Bewerberin sowie die Gefahr von "Rangordnungskämpfen" zwischen den Beschäftigten und einem besser qualifizierten "Neuen" zu vermeiden.

10

Es erscheint allerdings zumindest fraglich, ob diese von dem beklagten Land angeführten personalpolitischen Gesichtspunkte eine den Anforderungen des Artikels 33 Absatz 2 GG unter dem Gesichtspunkt der "Bestenauslese" noch standhaltende Eingrenzung des Anforderungsprofils rechtfertigen. In einer Entscheidung vom 12. September 2006 ( 9_AZR_807/05, NZA_2007,507) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sei im Hinblick auf das durch Art. 33 Absatz 2 GG gewährleistete Recht des Zugangs zu einem öffentlichen Amt gehindert, aus subjektiven Erwägungen die Inhaber von gleichwertigen "oder höherwertigen" Qualifikationen allein aus formalen Gründen ohne Überprüfung der tatsächlich erworbenen Qualifikation von vornherein aus dem Auswahlverfahren auszuschließen, denn dadurch würde, so führt das Bundesarbeitsgericht dort weiter aus, der Zugang zu einem öffentlichen Amt unter Verletzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Artikels 33 Absatz 2 GG eingeschränkt, ohne dass dies durch Gründe der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gerechtfertigt wäre. Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts betraf, wenn auch unter etwas anderen tatsächlichen Gesichtspunkten, ebenfalls den universitären Abschluss als Diplom-Kaufmann einerseits und einen an einer Fachhochschule erworbenen Abschluss als Diplom-Betriebswirt andererseits. Diese Fragen (dazu mit einer anderen Tendenz etwa das Hessische Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2011, 16 Sa 965/11, abrufbar bei juris, Randnummer 26, sowie das Verwaltungsgericht Gera in seinem Beschluss vom 7. November 2008, 1_E_1033/08, ebenfalls abrufbar bei juris) müssen hier aber nicht weiter vertieft werden. Es kann an dieser Stelle vielmehr zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass das beklagte Land eine solche Begrenzung des Anforderungsprofils im Hinblick auf Artikel 33 Absatz 2 GG nicht vornehmen und das beklagte Land deshalb auch nicht unter diesem Aspekt von einer Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch absehen durfte. Offen bleiben kann diese Frage hier deshalb, weil das beklagte Land, wie weiter unten in diesem Urteil noch darzulegen sein wird, eine etwaige dadurch nach § 22 AGG begründete Vermutung für eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung widerlegt hat.

11

b. Als ein Indiz, das nach § 22 AGG eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung vermuten lasse, hat der Kläger weiter angeführt, dass der bei dem Ministerium ... eingerichteten Schwerbehindertenvertretung nicht auch seine Bewerbung und die dazugehörenden Bewerbungsunterlagen vorgelegt worden seien. Das ist tatsächlich, wie das beklagte Land einräumt, auch nicht geschehen, zumindest nicht hinsichtlich der Bewerbungsunterlagen.

12

Nach § 81 Absatz 1 Satz 4 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung über eine vorliegende Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang der Bewerbungen zu unterrichten. Nach § 95 Absatz 2 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören, wobei die Schwerbehindertenvertretung bei einer Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen auch das Recht auf Einsichtnahme in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen sowie zur Teilnahme an Vorstellungsgesprächen hat. Unterlässt es der Arbeitgeber entgegen diesen Regelungen, die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen, so ist auch dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Indiz im Sinne von § 22 AGG, das eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lässt (BAG, Urteil vom 22. August 2013, 8_AZR_574/12, abrufbar bei juris, mit weiteren Nachweisen).

13

Um zu rechtfertigen, weshalb hier eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung des Ministeriums nicht erfolgt ist, macht das beklagte Land geltend, es bestehe eine Vereinbarung zwischen der Personalabteilung des Ministeriums und der Schwerbehindertenvertretung, wonach Letztere nicht über alle eingehenden Bewerbungen informiert werden müsse, und zwar deshalb, weil sich die Schwerbehindertenvertretung außerstande sehe, bei ständig steigenden Bewerbungszahlen alle Bewerbungen zu überprüfen. Deswegen habe man sich mit der Schwerbehindertenvertretung dahingehend verständigt, dass diese nur über die in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werde und der Schwerbehindertenvertretung alsdann die entsprechenden Unterlagen vorgelegt würden. Da der Kläger nicht in die engere Auswahl gekommen sei, seien der Schwerbehindertenvertretung die Bewerbungsunterlagen des Klägers auch nicht vorgelegt worden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass zwischen der Personalabteilung des Ministeriums einerseits und dem Personalrat sowie der Schwerbehindertenvertretung andererseits Konsens dahin bestehe, dass höher qualifizierte Bewerber im Bewerbungsverfahren nicht zu berücksichtigen seien.

14

Diese von dem beklagten Land angeführten Gesichtspunkte rechtfertigten die unterbliebene umfassende Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht. Die Schwerbehindertenvertretung kann auf ihre Beteiligung nicht verzichten, und zwar auch nicht im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber. Weder für die Schwerbehindertenvertretung noch für den Arbeitgeber ist die gesetzliche Regelung disponibel. Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten hat die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung wahrzunehmen, wie sie durch das Gesetz vorgeschrieben sind (auch dazu BAG, Urteil vom 22. August 2013, 8_AZR_574/12, abrufbar bei juris). Es war daher, ungeachtet der insoweit von dem beklagten Land angeführten Argumente, rechtlich nicht zulässig, von einer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung auch nur teilweise abzusehen.

15

c. Zweifelhaft und nach Auffassung der Kammer eher zu verneinen erscheint hingegen, ob der Kläger auch nachgewiesen hat, dass das beklagte Land beziehungsweise das Ministerium ... es unterlassen hat, die Agentur für Arbeit von der freien Stelle zu unterrichten.

16

Nach § 81 Absatz 1 Satz 2 SGB IX ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Nach § 82 Satz 1 SGB IX haben die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Arbeitgeber in der Folge von der Agentur für Arbeit über geeignete schwerbehinderte Bewerber für die freie Stelle informiert wird. Auf diese Weise soll möglichst vielen geeigneten schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit gegeben werden, Arbeit zu finden. Verletzt der öffentliche Arbeitgeber diese Pflicht, so ist dies ebenfalls nach § 22 AGG ein Indiz, das eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten lässt (BAG, Urteil vom 12. September 2006, 9_AZR_807/05, NZA_2007,507).

17

Die Kammer hat zu der Frage, ob der Agentur für Arbeit von dem Ministerium ... die Stellenausschreibung mitgeteilt wurde, Beweis erhoben. Das beklagte Land hatte insoweit vorgetragen, die Stelle sei von dem Ministerium ... der Agentur für Arbeit in S. per eMail gemeldet worden. Die eMail sei zwar nicht mehr auffindbar, jedoch könne dieser Sachverhalt durch Vernehmung einer bei dem Ministerium ... beschäftigten Mitarbeiterin, nämlich Frau H., sowie durch Vernehmung von Herrn R., einem Mitarbeiter bei der Agentur für Arbeit in S., unter Beweis gestellt werden. Die Kammer hat daraufhin sowohl Frau H. als auch Herrn R. als Zeugin beziehungsweise als Zeuge vernommen.

18

Die Zeugin H. hat bei ihrer Vernehmung berichtet, sie sei bei dem Ministerium ... - das ist die zwischenzeitliche Bezeichnung des früheren Ministeriums ... - beschäftigt, und zwar dort in dem Referat A/3, wo sie auch bereits Mitte des Jahres 2010 tätig gewesen sei. Sie würden, so hat die Zeugin weiter erklärt, in solchen Angelegenheiten immer gleich verfahren. Eine freie Stelle werde im Amtsblatt des Landes ausgeschrieben, die Amtsblattstelle werde entsprechend informiert. Gleichzeitig werde auch die Agentur für Arbeit unterrichtet. Aufgrund der Mitteilung an die Amtsblattstelle gelange die Ausschreibung auch auf das Internetportal der Regierung des Landes. Früher sei die Mitteilung an die Agentur für Arbeit per Post verschickt worden, später sei dies per eMail geschehen. In beiden Fällen sei die Mitteilung direkt an Herrn R. gegangen, ihren Hauptbetreuer bei der Agentur für Arbeit. Sie denke, dass Mitte des Jahres 2010 die Mitteilungen bereits per eMail versandt worden seien. Die eMail - gemeint war die eMail betreffend die Ausschreibung der Stelle, und die es in dem vorliegenden Rechtsstreit geht - sei in ihrem System aber nicht mehr vorhanden. Sie habe deswegen vor einiger Zeit bereits mit Herrn R. telefoniert und ihn darauf angesprochen. Herr R. habe ihr aber gesagt, dass auch in seinem System die eMail nicht mehr vorhanden sei. Sie glaube, so hat die Zeugin auf Rückfrage durch das Gericht ergänzt, dass auch Herr R. bei dem Telefonat keine konkrete Erinnerung mehr an die Angelegenheit gehabt habe. Sie selbst, so die Zeugin, erinnere sich auch nicht mehr konkret an diesem Fall. Sie wisse auch nicht, ob die Angelegenheit von ihr bearbeitet worden sei oder von ihrer Vertreterin. Auch Herr R. habe sich bei dem von ihr erwähnten Telefonat daran nicht mehr konkret erinnern können. Das sei bei ihnen - gemeint war damit das Ministerium ... - aber ein Automatismus. Die Mitteilung an die Agentur für Arbeit werde immer zeitgleich mit der Mitteilung an die Amtsblattstelle veranlasst.

19

Normalerweise - so hat die Zeugin auf weitere von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gestellte Fragen erklärt - drucke sie sich eine solche eMail an die Agentur für Arbeit auch aus und nehme das dann zum Vorgang. Ein solcher Ausdruck befinde sich aber hier nicht bei dem Vorgang. Vielleicht sei der Ausdruck versäumt worden, nicht aber die Mitteilung. Ausschließen könne man aber, so hat die Zeugin auf eine weitere Frage des Prozessbevollmächtigten des Klägers geantwortet, grundsätzlich gar nichts. Es sei ihre Pflicht, solche Mitteilungen an die Agentur für Arbeit zu machen. Dazu, ob das hier mal versäumt worden sei, könne sie hier nichts definitiv sagen. In ihrem EDV-System, so hat die Zeugin von sich aus weiter erklärt, würden alle eMail-Ausgänge, und auch alle anderen Ausgänge, elektronisch erfasst, und das sei hier in Bezug auf die Mitteilung an die Agentur für Arbeit ebenfalls so gewesen. Sie habe das konkret in Bezug auf die Mitteilung, um die es hier gehe, überprüft. Das EDV-System heiße REGIS. Dort sei vermerkt, dass sowohl die Mitteilung an die Amtsblattstelle als auch die Mitteilung an die Agentur für Arbeit herausgegangen seien. Dies setze, so die Zeugin weiter, voraus, dass die Mitarbeiterin, die das in das System REGIS eingebe, den von ihr erwähnten Ausdruck sehe. Deshalb gehe sie, die Zeugin, davon aus, dass der Kollegin auch der von ihr erwähnte Ausdruck vorgelegen habe. Im weiteren Verlauf des letzten Termins zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat sich die Zeugin auf Anregung des Gerichts von ihrer Dienststelle einen Ausdruck des von ihr erwähnten Auszuges aus dem EDV-System REGIS übermitteln lassen und diesen Ausdruck dem Gericht vorgelegt; eine Kopie davon wurde den Prozessbevollmächtigten der Parteien überlassen. In diesem Ausdruck (Blatt 273 der Akten) ist unter dem 19. Juli 2010 unter der Rubrik "Adresse" vermerkt: "Amtsblattstelle, Arbeitsagentur"; unter dem dazugehörigen Betreff heißt es: "Stellenausschreibung zur Veröffentlichung".

20

Im Anschluss an die Vernehmung der Zeugin H. hat die Kammer auch Herrn R. als Zeuge vernommen. Er hat erklärt, er bekomme im Jahr vielleicht 40 oder 50 Stellenausschreibungen von Frau H. Da könne man sich nicht an jede einzelne erinnern. Auch an diese Stellenausschreibung habe er keine konkrete Erinnerung. Solche Ausschreibungen würden bei ihm vielleicht über ein Jahr hinweg nach der Stellenbesetzung aufgehoben, dann gelangten sie in einen virtuellen Papierkorb im EDV-System, der dann auch irgendwann gelöscht werde. Er habe zu dem Fall, um den es hier gehe, in ihrem EDV-System nichts mehr feststellen können. Auch an ein Telefonat zu dieser Angelegenheit mit Frau H. von vor etwa einem Jahr habe er heute keine Erinnerung mehr.

21

Ob der Kläger damit nachgewiesen hat, dass das Ministerium ... damals die Stellenausschreibung nicht auch an die Agentur für Arbeit übermittelt hat, erscheint insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Zeugin H. und vor allem im Hinblick auf den Inhalt des Auszuges aus dem EDV-System REGIS fraglich. Auch diese Frage muss jedoch nicht weiter vertieft werden. Denn selbst wenn eine solche Mitteilung hier versehentlich - für etwas anderes als ein Versehen gibt es keinen Anhaltspunkt - unterblieben sein sollte, wäre dies zwar ebenfalls ein Indiz, das nach § 22 AGG eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung des Bewerbers vermuten ließe. Diese Vermutung hat das beklagte Land jedoch aus den nachfolgend dargelegten Gründen widerlegt.

22

2. Hat der Arbeitnehmer Indizien nachgewiesen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, also beispielsweise wegen einer Behinderung, vermuten lassen, so trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (§ 22 AGG). Der Arbeitgeber muss das Gericht daher, wenn es um eine Benachteiligung wegen einer Behinderung geht, davon überzeugen, dass die Benachteiligung des Arbeitnehmers nicht zumindest auch auf der Behinderung beruht. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung des Arbeitnehmers geführt haben, und dass in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten waren. Auf ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es dabei nicht an (zu all dem beispielsweise BAG, Urteil vom 24. Januar 2013, 8_AZR_188/12, abrufbar bei juris, mit weiteren Nachweisen).

23

Das beklagte Land hat hier zur Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) nachgewiesen, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers in dem Auswahlverfahren mit dessen Schwerbehinderung überhaupt nichts zu tun hatte, sondern dafür ausschließlich andere Gründe maßgebend waren, die keinerlei Bezug zu der Schwerbehinderung des Klägers haben.

24

a. Das gilt zunächst, soweit das beklagte Land - möglicherweise unter objektiver Missachtung der Regelungen in § 82 Satz 2 und 3 SGB IX - den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen der Regelung in § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies, wie oben bereits erwähnt, ein Indiz, das eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lässt. Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Verfahrens für eine Bewerbung um ein öffentliches Amt nach Artikel 33 Absatz 2 GG sowie die gesetzlichen Regelungen des Neunten Teils des Sozialgesetzbuches zu beachten. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch ausschließlich andere Gründe als die Behinderung maßgeblich waren, können dabei nur solche Gründe herangezogen werden, die weder einen Bezug zu der Behinderung des Bewerbers aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren (auch dazu beispielsweise BAG, Urteil vom 16.Februar 2012, 8_AZR_697/10, NZA_2012,667, und BAG, Urteil vom 24. Januar 2013, 8 AZR 188/12, abrufbar bei juris, mit weiteren Nachweisen). Das hat das beklagte Land hier aber darlegen und nachweisen können. ]B5) 25 ]B5[ Das beklagte Land hat, wie weiter oben ebenfalls bereits erwähnt, dargelegt, dass der Kläger aufgrund von personalpolitischen Erwägungen in dem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Der Kläger sei, wie eine Reihe anderer Bewerber und Bewerberinnen - mit Schwerbehinderung oder ohne Schwerbehinderung - wegen seines universitären Abschlusses für die ausgeschriebene Stelle im gehobenen Dienst "überqualifiziert" gewesen. Ein universitärer Abschluss werde nur dann vorausgesetzt, wenn eine Stelle des höheren Dienstes ausgeschrieben werde. Grund für diese Praxis sei das Bestreben, keine überqualifizierten Bewerberinnen oder Bewerber einzustellen, um so die Gefahr einer Frustration wegen mangelnder Auslastung bei dem Bewerber oder der Bewerberin sowie die Gefahr von "Rangordnungskämpfen" zwischen den Beschäftigten und einem besser qualifizierten "Neuen" zu vermeiden. ]B6) 26 ]B6[ Die Kammer ist davon überzeugt, dass diese Darstellung des beklagten Landes zutrifft. Die Kammer hat dazu den Leiter des ?ï 5â Referates Personal und Organisation des (jetzigen) Ministeriums ..., Herrn B., als Zeuge

25

Das beklagte Land hat, wie weiter oben ebenfalls bereits erwähnt, dargelegt, dass der Kläger aufgrund von personalpolitischen Erwägungen in dem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Der Kläger sei, wie eine Reihe anderer Bewerber und Bewerberinnen - mit Schwerbehinderung oder ohne Schwerbehinderung - wegen seines universitären Abschlusses für die ausgeschriebene Stelle im gehobenen Dienst "überqualifiziert" gewesen. Ein universitärer Abschluss werde nur dann vorausgesetzt, wenn eine Stelle des höheren Dienstes ausgeschrieben werde. Grund für diese Praxis sei das Bestreben, keine überqualifizierten Bewerberinnen oder Bewerber einzustellen, um so die Gefahr einer Frustration wegen mangelnder Auslastung bei dem Bewerber oder der Bewerberin sowie die Gefahr von "Rangordnungskämpfen" zwischen den Beschäftigten und einem besser qualifizierten "Neuen" zu vermeiden.

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Die Kammer ist davon überzeugt, dass diese Darstellung des beklagten Landes zutrifft. Die Kammer hat dazu den Leiter des Referates Personal und Organisation des (jetzigen) Ministeriums ..., Herrn B., als Zeuge vernommen. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung erklärt, er sei bei dem Ministerium seit dem Jahr 1999 Leiter des Referats Personal und Organisation. Es sei richtig, dass sie in dem Fall, um den es hier gehe, alle Bewerber von der Auswahl ausgeschlossen hätten, die über einen Universitätsabschluss verfügten. Das sei nicht nur in diesem Fall so gewesen, das sei vielmehr die ständige Praxis des Ministeriums, seit er sich erinnern könne. Auf eine Stelle des gehobenen Dienstes sollten, so der Zeuge weiter, nur Bewerber eingestellt werden, die über die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Dienst verfügten. Bewerber, die über die Befähigung für den höheren Dienst verfügten, sollten nicht berücksichtigt werden. Das gelte für Stellen beispielsweise im mittleren Dienst entsprechend. Er meine damit, und das müsse er klarstellen, nicht die Laufbahnbefähigung im beamtenrechtlichen Sinne, denn es sei hier ja um die Ausschreibung einer Stelle als Angestellter gegangen. Die Gründe für diese Praxis seien in den Schriftsätzen des beklagten Landes, die er kenne, im Detail dargestellt worden. Diese Praxis sei auch mit den Personalvertretungen des Ministeriums abgestimmt und auch mit der Schwerbehindertenvertretung. Dies sei lediglich aufgrund einer informellen Absprache mit den Personalvertretungen geschehen, schriftlich dokumentiert worden sei das nicht.

27

Die Kammer hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung des Zeugen. Dessen Darstellung wird insbesondere gestützt durch die Bewerbermatrix (Blatt 57 bis 60 der Akten), die das beklagte Land bereits in erster Instanz zu den Akten gereicht hatte. Darin wurden die insgesamt 72 Bewerber und Bewerberinnen aufgelistet. Die persönlichen Daten der Bewerberinnen und Bewerber wurden dabei zwar in der dem Gericht vorgelegten Matrix aus Datenschutzgründen gelöscht. Auf diese kommt es für die Beurteilung durch die Kammer aber auch nicht an. Denn aus der Matrix ist, was maßgeblich ist, zu ersehen, über welchen Studienabschluss oder sonstigen Ausbildungsabschluss die Bewerberinnen und Bewerber verfügten und wie das beklagte Land dies bewertet hat. Daraus ergibt sich, dass das beklagte Land für sämtliche Bewerber, die über einen universitären Abschluss verfügten, null Punkte vergeben und diese damit aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen hat, und zwar auch die Bewerberinnen und die Bewerber, die nicht schwerbehindert sind.

28

Aus dieser Matrix ergibt sich darüber hinaus, dass das beklagte Land die beiden weiteren schwerbehinderten Bewerber, die nicht über einen universitären Abschluss verfügten, im Auswahlverfahren berücksichtigt hat, nämlich den Bewerber mit der laufenden Nummer 3 und einer Schwerbehinderung mit einem Grad von 50 sowie den Bewerber mit der laufenden Nummer 30 und einem Grad der Behinderung von 70. Auch dieser Umstand belegt, dass die Entscheidung, ob ein Bewerber oder eine Bewerberin aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nichts mit dessen etwaiger Schwerbehinderung zu tun hatte, sondern allein davon abhing, ob das Studium an einer Universität oder an einer Fachhochschule mit den entsprechenden unterschiedlichen Abschlüssen absolviert worden war.

29

Noch verstärkt wird dieser Befund dadurch, dass gerade diese beiden schwerbehinderten Bewerber mit einem Grad der Behinderung von 50 beziehungsweise einem Grad der Behinderung von 70 zu den sechs Bewerbern und Bewerberinnen gehörten, die von dem beklagten Land zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden (zu der erheblichen Bedeutung eines solchen Sachverhalts für die Beweisführung durch den Arbeitgeber im Rahmen von § 22 AGG auch BAG, Urteil vom 12. September 2006, 9_AZR_807/05, NZA_2007,507, Randnummer 48). Das ergibt sich aus dem Vermerk (Blatt 274 der Akten), den der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes im Verlauf der Vernehmung des Zeugen B. zu den Akten gereicht hat, nachdem der Zeuge B. - von dem Gericht weiter dazu befragt, ob es zutreffe, dass zwei ebenfalls schwerbehinderte Bewerber, die nicht über einen Universitätsabschluss verfügten, sondern lediglich über einen Abschluss auf dem Niveau eines Fachhochschulstudiums, zu Vorstellungsgesprächen eingeladen worden seien - darauf geantwortet hatte, das entspreche ihrer Praxis. Ob das hier konkret so gehandhabt worden sei, könne er allerdings ohne Kenntnis des schriftlichen Vorgangs nicht beantworten, wobei der Zeuge im Anschluss daran weiter von sich aus erklärt hat, er wolle betonen, dass sie stets daran interessiert seien, schwerbehinderte Bewerber einzustellen, schon allein um die entsprechende Quote zu erfüllen. Die Kammer hat erst recht im Hinblick auf die Einladung dieser beiden schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch keinen Zweifel daran, dass der Zeuge die ständige Praxis des Ministeriums, in dem er tätig ist, wahrheitsgemäß dargestellt hat, woraus für die Kammer zweifelsfrei folgt, dass die Schwerbehinderung des Klägers mit den Gründen, aus denen der Kläger aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nicht das Geringste zu tun hatte.

30

Diese Gründe betreffen nach Auffassung der Kammer auch nicht die fachliche Eignung des Klägers. Dass der Kläger für die ausgeschriebene Stelle fachlich qualifiziert gewesen ist, wird von dem beklagten Land gerade nicht bestritten. Im Gegenteil, das beklagte Land macht vielmehr geltend, dass der Kläger über eine Qualifikation verfügt habe, die für die ausgeschriebene Stelle und die im Rahmen dieser Stelle auszuübende Tätigkeit mehr als ausreichend gewesen sei. Er wurde demgemäß von dem beklagten Land sogar als "überqualifiziert" angesehen. Das beklagte Land behauptet daher auch gerade nicht, dass der Kläger die Anforderungen, die für die Ausübung der Tätigkeit auf der ausgeschriebenen Stelle zu stellen sind, in fachlicher Hinsicht nicht erfülle. Wenn das beklagte Land den Kläger aus den oben dargelegten Gründen aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen hat, so geschah dies demgemäß nicht unter dem Gesichtspunkt der fachlichen Eignung, sondern unter dem Aspekt einer von dem beklagten Land für sachgerecht gehaltenen Personalpolitik. Aus diesem Grund liegt der Fall, über den die Kammer in dem vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden hat, auch anders als der Sachverhalt, über den das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 12. September 2006 ( 9_AZR_807/05, NZA_2007,507, Randnummer 25) zu befinden hatte.

31

Ob diese Personalpolitik des beklagten Landes den Vorgaben des Artikels 33 Absatz 2 GG entsprach, bedarf hier keiner Vertiefung. Denn es geht hier lediglich um die Frage, ob das beklagte Land den Kläger wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert hat, was nach Auffassung der Kammer aus den oben dargelegten Gründen ausgeschlossen werden kann, nicht hingegen allgemein darum, ob die Entscheidung des beklagten Landes unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten zulässig gewesen ist oder nicht. Eine unter solchen anderen Gesichtspunkten in Betracht kommende Unzulässigkeit des von dem beklagten Land aufgestellten Anforderungsprofils und die daran anknüpfende Auswahlentscheidung hätten nur im Wege einer Konkurrentenklage, für die andere Maßstäbe gelten, geltend gemacht werden können.

32

Das mag nach der alten, bis zum 18. August 2006 noch geltenden Fassung des § 81 SGB IX anders gewesen sein, weil es dabei nach der zu dieser Fassung der Norm ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts noch darauf ankam, ob es für die unterschiedliche Behandlung auch sachliche Gründe gab (so etwa noch in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. September 2006, 9_AZR_807/05, NZA_2007,507). Diese Rechtsprechung beruhte darauf, dass es nach § 81 Absatz 2 Satz 3 SGB IX in der vor dem 18. August 2006 geltenden Fassung noch hieß, dass der Arbeitgeber - wenn der schwerbehinderte Beschäftigte Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen - die Beweislast dafür trägt, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Diese alte Fassung der Norm ist aber nicht mehr in Kraft. Nunmehr gilt allein die Regelung in § 22 AGG in Verbindung mit § 81 Absatz 2 SGB IX in der aktuell geltenden Fassung. Nach § 81 Absatz 2 SGB IX in der nunmehr geltenden Fassung dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden; im Einzelnen gelten hierzu, so heißt es in der Norm weiter, die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Nach § 22 AGG kommt es nunmehr aber allein darauf an, ob der Arbeitgeber beweisen kann, dass kein Verstoß gegen die in § 1 AGG enthaltenen Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Davon geht nunmehr für die neue gesetzliche Regelung auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 21.Juli 2009 ( 9_AZR_807/05, NZA_2007,507) ausdrücklich aus. Danach muss der Arbeitgeber lediglich noch nachweisen, dass eine erfolgte Benachteiligung eines Bewerbers um eine Stelle nichts mit der Schwerbehinderung des Bewerbers zu tun hatte, sondern ausschließlich auf anderen (als in § 1 AGG angeführten) Gründen beruht, wobei es auch unschädlich ist, dass solche anderen Gründe die Benachteiligung nicht ohne weiteres objektiv sachlich rechtfertigten (dazu außerdem die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. August 2013, 8 AZR 574/12, abrufbar bei juris, Randnummer 49).

33

b. Damit - also mit dem Vortrag des beklagten Landes, dessen Richtigkeit der Zeuge B. zur Überzeugung der Kammer bestätigt hat, und mit dem Inhalt der Bewerbermatrix sowie schließlich damit, dass zwei andere schwerbehinderte Bewerber, die nicht über einen universitären Abschluss verfügten, sondern lediglich über einen solchen auf dem Niveau einer Fachhochschule, zu den sechs Bewerberinnen und Bewerbern gehörten, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden - ist zugleich belegt, dass auch der Umstand, dass die bei dem Ministerium ... eingerichtete Schwerbehindertenvertretung mit der Bewerbung des Klägers nicht befasst wurde, nichts mit der Schwerbehinderung des Klägers zu tun hatte, sondern allein mit der geschilderten Praxis des Ministeriums, Bewerber und Bewerberinnen mit einem universitären Abschluss aus dem Auswahlverfahren herauszunehmen, weil diese aus Sicht des Ministeriums überqualifiziert waren und es deshalb von dem Ministerium unter personalpolitischen Aspekte nicht als sachgerecht angesehen wurde, Bewerberinnen und Bewerber mit einer solchen Qualifikation auf einer Stelle für den gehobenen Dienst einzusetzen.

34

Dazu, dass das tatsächlich auch im Verhältnis zu der Schwerbehindertenvertretung aus den von dem beklagten Land angeführten Gründen so gehandhabt wurde, hat die Kammer auch die Zeugin Ro. vernommen, die bereits seit 30 Jahren bei dem Ministerium beschäftigte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Die Zeugin hat erklärt, dass sie als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen damit einverstanden sei, dass Bewerbungen höher qualifizierter Bewerber nicht berücksichtigt werden, wenn eine Stelle ausgeschrieben sei, für die eine geringere Qualifikation verlangt werde. Dies beruhe auf einer informellen Absprache des Ministeriums mit den Interessenvertretungen in dem Ministerium. In Auswahlverfahren erhalte sie von dem Ministerium eine schriftliche Übersicht, aus der sich auch ergebe, ob schwerbehinderte Bewerber dabei seien. Nachdem der Zeugin von dem Gericht die bereits erwähnte Bewerbermatrix für das Auswahlverfahren, um das es in dem vorliegenden Rechtsstreit geht, vorgelegt wurde, hat die Zeugin weiter erklärt, eine solche Matrix meine sie. Bei der Matrix, die ihr vorgelegt werde, seien dann allerdings auch die persönlichen Daten mit aufgeführt. Sie habe dann die Gelegenheit, Bewerbungsunterlagen von schwerbehinderten Bewerbern anzufordern, wenn sie das für geboten halte. Automatisch bekomme sie die Bewerbungsunterlagen nur von solchen schwerbehinderten Bewerbern, die auch in die nähere Auswahl kämen und deswegen auch zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen würden. Sie könnte natürlich, so hat die Zeugin weiter erklärt, wenn sie das wollte, auch in alle Bewerbungsunterlagen Einsicht nehmen, auch in solche von nicht schwerbehinderten Bewerbern. Dafür fehle ihr aber bereits die Zeit. Das sei auch unüblich. Ein gewisses Vertrauensverhältnis zu dem Ministerium müsse ja auch bestehen. Nach Auffassung der Kammer belegt - ungeachtet des Umstandes, dass diese von der Schwerbehindertenvertretung im Einvernehmen mit dem Ministerium geübte Praxis aus den weiter oben bereits dargelegten Gründen gesetzeswidrig gewesen ist - auch die Aussage dieser Zeugin, dass der Schwerbehindertenvertretung die Bewerbung und die Bewerbungsunterlagen des Klägers ausschließlich deshalb nicht vorgelegt wurden, weil der Kläger als überqualifiziert betrachtet und unter diesem Aspekt, im Einvernehmen mit der Schwerbehindertenvertretung, aus dem Auswahlverfahren herausgenommen wurde, nicht hingegen aus einem Grund, der mit seiner Schwerbehinderung etwas zu tun hatte.

25

c. Entsprechendes gilt schließlich, falls die Stellenausschreibung tatsächlich versehentlich nicht auch der Agentur für Arbeit übermittelt worden sein sollte. Auch dies kann aus den dargelegten Gründen nach Auffassung der Kammer nichts mit der Schwerbehinderung des Klägers oder anderer Bewerber und Bewerberinnen zu tun gehabt haben.

VI.

26

Die Berufung des Klägers konnte danach keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Absatz 1 ZPO. Die Revision wurde nach § 72 Absatz 2 Nummern 1 und 2 ArbGG zugelassen. Die Sache hat nach Ansicht der Kammer grundsätzliche Bedeutung insbesondere wegen der Frage, ob personalpolitische Erwägungen, wie sie hier nach Überzeugung der Kammer für das Vorgehen des beklagten Landes maßgeblich gewesen sind, der fachlichen Eignung im Sinne von § 82 SGB IX zuzuordnen sind, was nach Auffassung der Kammer nicht der Fall ist.

 

Auszug aus LArbG SB U, 08.01.14, - 1_Sa_61/22 -, www.dfr/BVerfGE,  Abs.1 ff

§§§

14.007 Wohnsitzauflage

  1. VG Saarl,     U, 09.01.14,     – 6_K_945/13 –

  2. EsG

  3. AufenthG_§_60 Abs.2, AufenthG_§_12 Abs.2, AufenthG_§_23 Abs.2; VwGO_§_75; GFK_§_26; RL-2004/83/EG_Art.32; RL-2011/95/EU_Art.32

  4. Wohnsitzauflage zur Aufenthaltserlaubnis eines Sozialhilfe beziehenden Ausländers

 

Der Wohnsitzauflage zur Aufenthaltserlaubnis eines Sozialhilfe beziehenden Ausländers, der subsidiär schutzberechtigt ist, stehen weder die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention noch die Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EK des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 entgegen.

§§§

14.008 Folgenbeseitigung bei Beförderungskonkurrenz

  1. OVG Saarl,     B, 14.01.14,     – 1_B_493/13 –

  2. EsG

  3. GG_Art.33 Abs.2

  4. Beurteilungsrelevanz von Leistungen auf einem zu Unrecht übertragenen Dienstposten / Folgenbeseitigung bei Beförderungskonkurrenz

 

1) Der Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung rechtfertigt es nicht, einen Beamten wegen eines ihm vom Dienstherrn bei einer früheren Beförderungsrunde zugefügten Unrechts in einer späteren Beförderungsrunde unabhängig vom Ergebnis eines aktuellen Leistungsvergleichs vorab zu befördern.

 

2) Leistungen, die ein Beamter auf einem herausgehobenen Dienstposten erbracht hat, der ihm - wie sich inzwischen herausgestellt hat - nicht hätte übertragen werden dürfen, sind beurteilungsrelevant.

§§§

14.009 Bestattungskosten

  1. VG Saarl,     U, 14.01.14,     – 3_K_956/13 –

  2. EsG

  3. BGB_§_421; BestattG_§_26 Abs.1 Nr.3; SPolG_§_76 Abs.3, SPolG_§_81 Abs.1

  4. Auswahlermessen bei der Heranziehung von Gesamtschuldnern von Bestattungskosten

 

Besteht hinsichtlich der in Rede stehenden Bestattungskosten zwischen den Erstattungspflichtigen eine Gesamtschuldnerschaft nach § 421 BGB, so kann die Behörde den Erstattungsbetrag nach ihrem Ermessen von jedem der Erstattungspflichtigen ganz oder zu einem Teil fordern. Bei der Auswahl des heranzuziehenden Gesamtschuldners darf sie allerdings nicht willkürlich verfahren, sondern sie muss ihr Ermessen an sachlichen Gesichtspunkten orientieren, was grundsätzlich zunächst die Erfassung des Kreises der Gesamtschuldner voraussetzt. Ist das geschehen, darf sie denjenigen (auch allein) in Anspruch nehmen, der ihr für eine Heranziehung geeignet erscheint. Die Erwägungen, die sie dazu bewogen haben, einen bestimmten Gesamtschuldner auszuwählen, braucht sie in dem Erstattungsbescheid grundsätzlich nicht schriftlich darzulegen. Soweit im Einzelfall besondere Gründe offenbar sind oder vorgebracht werden, die ein Absehen von der Heranziehung des ausgewählten Gesamtschuldners gebieten könnten, ist eine Begründung jedoch geboten (im Einzelfall: fehlerhafte Ausübung des Auswahlermessens).

 

Rechtsmittel-AZ: 1_A_194/14

§§§

14.010 Gebündelte Dienstpostenbewertung

  1. OVG Saarl,     U, 15.01.14,     – 1_A_370/13 –

  2. EsG

  3. SLVO_§_40, SLVO_§_41 BBesG_§_18; VwGO_§_42 Abs.2

  4. Dienstliche Beurteilung bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung - gebündelte Dienstpostenbewertung / Plausibilität der Beurteilung / Richtwerte

 

1) Dass ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde, nimmt seiner Klage auf Abänderung einer dienstlichen Beurteilung jedenfalls so lange nicht das Rechtsschutzinteresse, als die Zurruhesetzung nicht bestandskräftig ist.

 

2) Der im Geschäftsbereich des Ministeriums der Finanzen eingeführte Beurteilungsbogen ist rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere besteht trotz seiner Knappheit hinreichende Möglichkeit, die Beurteilung plausibel zu machen, was ohnehin auch noch im Rahmen eines anschließenden Prozesses geschehen kann.

 

3) Es genügt, wenn von fünf in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehenen Gesamturteilsstufen nur drei tatsächlich vergeben werden; das gilt jedenfalls, wenn zwei dieser drei Stufen mit 18 % und 45 % "quotiert" sind und von diesen Richtwerten nur geringfügig abgewichen werden darf.

 

4) Dienstliche Beurteilungen sind rechtmäßig auch dann möglich, wenn der zu beurteilende Beamte im gesamten Beurteilungszeitraum auf einem unzulässig dreifach gebündelt bewerteten Dienstposten eingesetzt war; dann sind die tatsächlich erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung von ihrem von den Beurteilern selbständig zu ermittelnden Schwierigkeitsgrad gemessen an den Anforderungen des innegehabten statusrechtlichen Amtes zu bewerten.

 

5) Haben Beamte die Aufgaben unterschiedlich bewerteter Dienstposten in sonst gleichem Maße erfüllt, so hat derjenige eine vergleichsweise höhere Leistung erbracht, der die Aufgaben des höher bewerteten Dienstpostens erfüllt hat; dies gilt insbesondere bei mehrjähriger unbeanstandeter Wahrnehmung des höher bewerteten Dienstpostens.

§§§

14.011 Aussetzung der Vollziehung

  1. FG SB,     B, 16.01.14,     – 2_V_1309/13 –

  2. EsG

  3. AO_§_110 Abs.1, AO_§_122 Abs.5; VwZG_§_10

  4. Aussetzung der Vollziehung / Voraussetzung für öffentliche Zustellung / Nachsendeauftrag bei Post nicht ausreichend bei längerer Abwesenheit

 

1) Da die öffentliche Zustellung eines Verwaltungsaktes das "letzte Mittel" ist, das Schriftstück dem Empfänger zu übermitteln, muss die Behörde nach einer Nachfrage beim Einwohnermeldeamt und zwei Postrückläufen nach einfacher Briefzusendung den Bescheid nochmals (formell) zustellen, bevor die - rechtmäßig - den weg der öffentlichen Zustellung wählt.

 

2) Angesichts der Tatsache, dass zwischenzeitlich Behörden unterschiedliche Zustellunternehmen mit der Übermittlung von Briefsendungen beauftragen, reicht ein lediglich für die Deutsche Post AG erteilter Nachsendeauftrag bei einem längeren Auslandsaufenthalt des Steuerpflichtigen nicht aus, um ein Verschulden iS von § 110 Abs.1 Satz 1 AO auszuschließen.

§§§

14.012 Außerkapazitärer Studienplatz

  1. OVG Saarl,     B, 17.01.14,     – 2_B_486/13.NC –

  2. EsG

  3. (SL) VergabeVO_§_20a S.1 + 2

  4. Bewerbungsfrist für Anträge auf Zulassung zu einem außerkapazitären Studienplatz in höheren Fachsemestern

 

1) Eine nachträgliche Änderung des Ermächtigungsgesetzes oder sogar ein nachträgliches Erlöschen der Ermächtigung hat nicht zur Folge, dass auch eine auf die in Rede stehende gesetzliche Grundlage gestützte und sie zitierende Rechtsverordnung außer Kraft tritt, von daher tritt in derartigen Fällen auch nicht - gleichsam nachträglich - ein Verstoß gegen das Zitiergebot ein.

 

2) Die Rechtswirksamkeit der Regelung des § 20a Satz 1 Vergabe VO SL (Bewerbungsfristen für Anträge auf Zulassung auf außerkapazitären Studienplätzen) hängt nicht von der Gültigkeit auch von § 20a Satz 2 VergabeVO SL (Erfordernis eines zusätzlichen innerkapazitären Zulassungsantrages) ab.

§§§

14.013 Abschleppen im verkehrsberuhigten Raum

  1. VG Saarl,     E, 20.01.14,     – 6_K_1768/12 –

  2. EsG

  3. SPolG_§_44 Abs.2 SPolG_§_46 Abs.1 S.2, SPolG_§_50 Abs.1 S.3, SPolG_§_90; PolKostVO_§_3 Abs.3, SPolG_§_8 Abs.1; StVO_§_1 Abs.2, StVO_§_42, StVO_Anl_3_Z_325.1

  4. Polizeirecht / Abschleppen im verkehrsberuhigten Raum

 

Abschleppen eines verbotswidrig im verkehrsberuhigten Bereich geparkten Pkw.

 

LB 2) Eng im Sinne des § 12 Abs.1 Nr.1 StVO ist eine Straßenstelle dann, wenn der zur Durchfahrt insgesamt freibleibende Raum für ein Fahrzeug höchst zulässiger Breite - diese beträgt laut § 32 Abs.1 StVZO 2,55 m - zuzüglich eines Seitenabstands von 50 cm bei vorsichtiger Fahrweise nicht ausreichen würde. Enge Straßenstellen sind mithin solche, die eine Fahrbahnbreite unter 3,05 m aufweisen.

 

LB 3) Eine das Abschleppen rechtfertigende Behinderung ist nicht erst gegeben, wenn die bestimmungsgemäße Nutzung der Fahrbahn unmöglich ist, sie liegt vielmehr schon dann vor, wenn der Verkehrsfluss erschwert wird und sich hieraus - wie im vorliegenden Fall - eine erhöhte Unfallgefahr ergibt.

 

LB 4) In dem verbotswidrigen Parken in einem verkehrsberuhigten Bereich lag vielmehr eine Beeinträchtigung vor, die ein Einschreiten im Wege des Sofortvollzuges rechtfertigt. Dies ergibt sich aus der besonderen Funktion von verkehrsberuhigten Bereichen.

 

LB 5) Hiervon ausgehend begegnet es auch keinen Bedenken, dass die Polizisten vor Ort die Ersatzvornahme gemäß § 44 Abs.2 SPolG im Wege der unmittelbaren Ausführung ohne vorhergehenden Verwaltungsakt und gemäß § 50 Abs.1 Satz 3 SPolG ohne Zwangsmittelandrohung in die Wege geleitet haben.

§§§

14.014 Fehleinschätzung des Prüfrahmens

  1. VG Saarl,     B, 21.01.14,     – 6_L_2052/13 –

  2. EsG

  3. FeV_§_11 Abs.8 S.1; FeV_Anl.4_Ziff.8.2

  4. Entzug der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

 

1) Die Beantwortung der von einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu klärenden Frage, ob der Fahrerlaubnisinhaber zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen eines mißbräuchlichen Alkoholkonsums nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, hängt grundsätzlich nicht davon ab, ob dieser über eine gewisse Zeit Alkoholabstinenz geübt hat oder nicht.

 

2) Der Schluss auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers gemäß § 11 Abs.8 Satz 1 FeV ist nicht gerechtfertigt, sofern die Nichtvorlage des geforderten Gutachtens auf einer Fehleinschätzung des durch den Gutachterauftrag vorgegebenen Prüfrahmens durch die Begutachtungsstelle beruht.

 

LB 3) In Fällen des Alkoholmissbrauchs ist im Verständnis der Ziffer 8.2 Anlage 4 zur FeV von einer wiederhergestellten Fahreignung auszugehen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber sein Trinkverhalten geändert hat und diese Änderung als gefestigt anzusehen ist. Entscheidend ist in den Fällen eines Alkoholmissbrauchs daher allein, ob davon ausgegangen werden kann, dass der Fahrerlaubnisinhaber künftig unter einem seine Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss kein Fahrzeug mehr führen wird.

§§§

14.015 Beendigung des Aufenthalts

  1. VG Saarl,     B, 23.01.14,     – 6_L_2053/13 –

  2. EsG

  3. EMRK_§_8 Abs.2; AufenthG_§_84 Abs.1 Nr.1, AufenthG_§_34 Abs.3, AufenthG_§_25 Abs.4 S.2; AGVwGO_§_20

  4. Ausländerrechts / aufschiebende Wirkung / Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes aus Gründen des Art.8 EMRK (hier verneint).

 

Die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis und die Beendigung des Aufenthalts können trotz der Einreise des Ausländers als Kleinkind und einem langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt mit Blick auf die Gefahr einer weiteren Straffälligkeit des Ausländers verhältnismäßig im Sinne des Art.8 Abs.2 EMRK sein (Einzelfall).

 

Rechtsmittel-AZ: 2_B_89/14

§§§

14.016 Forderung nach NPD-Verbot

  1. VG Saarl,     B, 27.01.14,     – 3_L_40/14 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_123; BGB_§_1004 Abs.1 S.2; GG_Art.21 Abs.1 S.1, GG_Art.38 Abs.1 S.1; KSVG_§_29 Abs.1

  4. Öffentlich geäußerte Forderung einer Oberbürgermeisterin nach einem NPD-Verbot

 

Die öffentlich von einer Oberbürgermeisterin geäußerte Forderung nach einem NPD-Verbot verletzt vor dem Hintergrund der am 14.12.2012 auf fundierter Grundlage seitens des Bundesrats beschlossenen Einleitung eines NPD-Verbotsverfahrens das Neutralitätsgebot jedenfalls dann nicht, wenn die NPD bzw ihre Untergliederungen in der Vergangenheit gemeindliche Einrichtungen der in Rede stehenden Stadt zur Durchführung von Parteiveranstaltungen genutzt haben und im Rahmen einer solchen Veranstaltung eine volksverhetzende Rede gehalten wurde.

 

Rechtsmittel-AZ: 2_B_24/14

§§§

14.017 Eheunabhängiges Aufenthaltsrecht

  1. OVG Saarl,     B, 28.01.14,     – 2_B_485/13 –

  2. EsG

  3. GG_Art.6 Abs.1; AufenthG_§_4 Abs.1 S.2 Nr.1 + 2, AufenthG_§_6 Abs.3, AufenthG_§_28, AufenthG_§_31 Abs.2 S.1 + 2, AufenthG_§_60a Abs.2 S.1

  4. Eheunabhängiges Aufenthaltsrecht auf Basis eines Visums

 

1) Eine bezogen auf den Trennungszeitpunkt zu beurteilende "besondere" Härte im Sinne des § 31 Abs.2 Satz 2 1.Alt AufenthG, die der Ausländerin oder dem Ausländer bei einer Trennung vor Ablauf der Mindestbestandszeit der ehelichen Lebensgemeinschaft von dem deutschen Ehepartner ausnahmsweise einen Anspruch auf eigenständigen Aufenthalt vermitteln könnte, kann unter dem Aspekt der anstehenden Rückkehr in das Heimatland nur ausnahmsweise festgestellt werden, wenn die von der Ausländerin beziehungsweise dem Ausländer zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit regelmäßig verbundenen Probleme hinausgehen. Die alle Rückkehrer beziehungsweise Rückkehrerinnen gleichermaßen treffenden typischen Rückkehreffekte wie etwa der drohende Verlust eine Arbeitsplatzes in Deutschland können die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der "besonderen Härte" suspendieren.

 

2) Der Gesetzgeber verlangt in dem § 31 Abs.1 Satz 1 AufenthG eindeutig eine "Aufenthaltserlaubnis" als Anknüpfungspunkt für deren "Verlängerung" als (nunmehr) eheunabhängiger Aufenthaltstitel. Die auch dieser Regelung zugrunde liegende Differenzierung zwischen einem Visum und einer Aufenthaltserlaubnis als unterschiedlichen Aufenthaltstiteln nach § 4 Abs.1 Satz 2 Nr.1 und Nr.2 AufenthG ist nicht nur begrifflicher Natur. Das Visum, auch das "nationale Visum nach § 6 Abs.3 AufenthG, ist letztlich ein Steuerungsinstrument für die Zuwanderung, dient in erster Linie der Einreisekontrolle und lässt sich - abgesehen von der gesetzlichen Differenzierung als eigenständiger Aufenthaltstitel - auch von daher nicht als eine "besondere Form der Aufenthaltserlaubnis" interpretieren.

 

3) Der Umstand, dass die eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland bereits vor Stellung eines Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG durch Trennung aufgehoben worden ist, lässt sich, was die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis angeht, nicht dadurch kompensieren, dass bei Stellung des Visumsantrags oder bei Erteilung die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem damaligen Ehemann beabsichtigt war. Erst Recht kommt vor dem Hintergrund keine an die Trennung beziehungsweise die Aufhebung der Lebensgemeinschaft anknüpfende, von diesem Zweck losgelöste "Verlängerung" einer nicht einmal erteilten Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 31 Abs.1 Satz 1, Abs.2 AufenthG in Betracht.

 

4) Ein Anspruch auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung unter dem Aspekt einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs.2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art.6 Abs.1 GG wegen beabsichtigter Eheschließung setzt über das Bestehen ernsthafter Heiratsabsichten hinaus voraus, dass durch die drohende Abschiebung des Ausländers die in Art.6 Abs.1 GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit der Verlobten in unverhältnismäßiger Weise beschränkt würde, weil nämlich die beabsichtigte Eheschließung unmittelbar bevorsteht.

§§§

14.018 Wirksamkeit einer Auftragsvergabe

  1. OLG SB,     B, 29.01.14,     – 1_Verg_3/13 –

  2. EsG

  3. GWB_§_117, GWB_§_101b Abs.1 Nr.2, GWB_§_107 Abs.2, GWB_§_97 Abs.7

  4. Vergabeverfahren: Wirksamkeit einer Auftragsvergabe bei nur nationaler anstatt europaweiter Ausschreibung

 

1) Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer des Saarlandes beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr vom 22. August 2013 - 1 VK 6/2013 - wird zurückgewiesen.

 

2) Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen der Antragsgegnerin.

§§§

14.019 Deliktshaftung eines GmbH-Geschäftsführers

  1. OLG SB,     U, 30.01.14,     – 4_U_49/13 –

  2. EsG

  3. BGB_§_31, BGB_§_276 Abs.2, BGB_§_286, BGB_§_823 Abs.1; ZPO_§_104 Abs.1 S.2

  4. Deliktshaftung eines GmbH-Geschäftsführers: Inanspruchnahme bei fahrlässiger Veräußerung von Sicherungsgut

 

Zu den Voraussetzungen der deliktischen Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber dem Sicherungsnehmer bei fahrlässiger Veräußerung von Sicherungsgut.

§§§

14.020 Anforderungen an Spielhallen

  1. OVG Saarl,     B, 03.02.14,     – 1_B_479/13 –

  2. EsG

  3. GlüStV_§_25 Abs.1, GlüStV_§_29 Abs.1 + Abs.4 S.2 + 3; SSpielhG_§_2 Abs.1, SSpielhG_§_3 Abs.1 Nr.2, SSpielhG_§_12 Abs.1;

  4. Neue glücksspielrechte Anforderungen an Spielhallen / Vereinbarkeit des Abstandsgebotes mit dem Grundgesetz (juris: GG) und der Saarländischen Verfassung (juris: Verf SL) / Bestandsschutz durch Übergangsregelungen für bereits bestehende Spielhallen

 

1) Nach Maßgabe der Erkenntnismöglichkeiten des Eilrechtsschutzverfahrens verstoßen die Regelungen im Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, im AG GlüStV-Saar und im SSpielhG, wonach die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle der glücksspielrechtlichen Erlaubnis bedürfen (§ 29 Abs.1 GlüStV, § 2 Abs.1 SSpielhG) und zwischen Spielhallen ein Mindestabstand von 500 m einzuhalten ist (§ 25 Abs.1 GlüStV, § 3 Abs.2 Nr.2 SSpielhG) weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Saarländische Verfassung.

 

2) Mit den Übergangsregelungen für bereits bestehende Spielhallen in § 29 Abs.4 S.2 und 3 GlüStV und § 12 Abs.1 SSpielhG hat der Gesetzgeber den Bestandsschutzinteressen der betroffenen Spielhallenbetreiber in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.

§§§

14.021 Außervollzugsetzung eines Bebauungsplanes

  1. OVG Saarl,     B, 05.02.14,     – 2_B_468/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_47 Abs.6; BauGB_§_2 Abs.1, BauGB_§_10; BauGB_§_13a; GG_Art.28 Abs.1; SVerf_Art.117 Abs.3

  4. Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans bei an Gewerbebetriebe heranrückender Wohnbebauung

 

Einzelfall eines Antragstellers, der mit seinem Antrag auf Außervollzugsetzung eines ein Allgemeines Wohngebiet festsetzenden Bebauungsplans geltend macht, durch das Heranrücken von Wohnbebauung drohten Einschränkungen der Nutzbarkeit seiner an das Plangebiet angrenzenden, gewerblich genutzten Grundstücke wegen der von den dort ansässigen Gewerbebetrieben ausgehenden Lärmemissionen

§§§

14.022 Abschiebeanordnung nach Ungarn

  1. VG Saarl,     B, 07.02.14,     – 6_L_153/14 –

  2. EsG

  3. AsylVfG_§_27a, AsylVfG_§_34a; EUVO-Nr.604/2013_Art.49 Abs.2 S.2 (Dublin-III-VO); EGVO-Nr.343/2003_Art.16 Abs.1 lit.c (Dublin-II-VO)

  4. Dublin II / Abschiebungsanordnung nach Ungarn / Aufnahmebedingungen für Asylsuchende

 

Das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn weisen keine systemischen Mängel auf, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der nach dort überstellten Asylbewerber erwarten lassen.

§§§

14.023 Speilhallen-Abstandsgebot

  1. OVG Saarl,     B, 10.02.14,     – 1_B_476/13 –

  2. EsG

  3. GlüStV_§_24 Abs.1, GlüStV_§_25 Abs.1, GlüStV_§_29 Abs.4 S.2 + 3; SSpielhG_§_2 Abs.1; GewO_§_33i; GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.14 Abs.1

  4. Neue glücksspielrechtliche Anforderungen an Spielhallen / Abstandsgebot / gesetzliche Übergangsregelungen

 

1) Nach Maßgabe der Erkenntnismöglichkeiten des Eilrechtsschutzverfahrens verstoßen die Regelungen im Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und im SSpielhG, wonach die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle der glücksspielrechtlichen Erlaubnis bedürfen (§ 24 Abs.1 GlüStV, § 2 Abs.1 SSpielhG) und zwischen Spielhallen ein Mindestabstand von 500 m einzuhalten ist (§ 25 Abs.1 GlüStV, § 3 Abs.2 Nr.2 SSpielhG) nicht gegen das Grundgesetz.

 

Mit den Übergangsregelungen für bereits bestehende Spielhallen in § 29 Abs.4 S.2 und 3 GlüStV hat der Gesetzgeber den Bestandsschutzinteressen der betroffenen Spielhallenbetreiber in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.

 

Die Erlaubnisfiktion gemäß § 29 Abs.4 Satz 2 GlüStV gilt nur für solche am 30.6.2012 bestehenden Spielhallen, für die am 28.10.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO vorlag, die also am 20.10.2011 formell rechtmäßig betrieben wurden.

§§§

14.024 Abbruch des Beförderungsverfahrens

  1. VG Saarl,     B, 10.02.14,     – 2_L_1979/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_123 Abs.3; ZPO_§_920 Abs.2; GG_Art.33 Abs.2;

  4. Abbruch der Beförderungsrunde bei der Telekom im Jahre 2012

 

Der Dienstherr darf das Beförderungsverfahren abbrechen, wenn er die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens erkannt hat und durch den Abbruch der Beförderungsrunde sicherstellen will, dass die Bewerbungsverfahrensansprüche der (nicht ausgewählten) Bewerber in einem neuen Verfahren gewahrt werden.

§§§

14.025 Winterliche Streupflicht

  1. OLG SB,     U, 12.02.14,     – 2_U_113/13 –

  2. EsG

  3. BGB_§_280 Abs.1, BGB_§_241 Abs.2, BGB_§_253 Abs.2, BGB_§_823 Abs.1

  4. Zu den Voraussetzungen der winterlichen Streupflicht auf privaten Flächen.

 

Zu den Voraussetzungen der winterlichen Streupflicht auf privaten Flächen.

 

LB 2) Räum- und Streupflichten besteht regelmäßig für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, dh an Werktagen ab 7.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ab 9.00 Uhr, wobei bei Auftreten von Glätte im Laufe des Tages dem Streupflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen ist, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen.

§§§

14.026 Einbürgerung von Ausländern

  1. OVG Saarl,     U, 12.02.14,     – 1_A_293/13 –

  2. EsG

  3. StAG_§_10 Abs.1 Nr.6 + 7

  4. Einbürgerung von Ausländern / Sprachkenntnisse / altersbedingtes Unvermögen

 

Ob ein Einbürgerungsbewerber fortgeschrittenen Lebensalters die Anforderungen des § 10 Abs.1 Satz 1 Nrn.6 und 7 StAG erfüllen kann oder altersbedingt nicht erfüllen kann, ist im Wege einer Einzelfallprüfung zu klären, die alle für oder gegen eine ausreichende Lernfähigkeit sprechenden persönlichen Umstände in den Blick zu nehmen hat.

§§§

14.027 Feuerstättenbescheid

  1. OVG Saarl,     U, 12.02.14,     – 1_A_321/13 –

  2. EsG

  3. SchfHwG_§_1, SchfHwG_§_14 Abs.2, SchfHwG_§_17

  4. Verfassungsmäßigkeit der Duldungspflichten der Eigentümer und der Regelungen betreffend den Feuerstättenbescheid; Befugnis des Schornsteinfegers zur Festlegung von Ausführungszeiträumen

 

1) Die die Duldungspflichten der Eigentümer und den Feuerstättenbescheid regelnden Vorschriften der §§ 1, 17 Abs.2 und 14 Abs.2 SchfHwG sind formell und materiell verfassungsmäßig.

 

2) Der Bezirksschornsteinfegermeister ist befugt, in dem Feuerstättenbescheid Ausführungszeiträume innerhalb des Kalenderjahres festzulegen, binnen derer die vorzunehmenden Reinigungs-, Kontroll- und Messarbeiten durchzuführen sind.

§§§

14.028 Vergabe eines Dienstpostens

  1. OVG Saarl,     U, 12.02.14,     – 1_A_415/13 –

  2. EsG

  3. GG_Art.33 Abs.2

  4. Vergabe eines Dienstpostens nach Sozialkriterien / Fürsorgepflicht / Sozialkriterienkatalog

 

Entscheidet der Dienstherr sich, einen Dienstposten nach der Intensität der Standortbindung zu besetzen, so muss er aufgrund seiner Fürsorgepflicht in seine Auswahlentscheidung alle sozialrelevanten Belange der Bewerber einbeziehen, auch wenn diese in einem unter Beteilligung der Personalvertretung erstellten Sozialkriterienkatalog, der nur typische Belastungen erfassen kann, nicht ausdrücklich benannt sind.

§§§

14.029 Radfahrerhaftung

  1. OLG SB,     U, 13.02.14,     – 4_U_59/13 –

  2. EsG

  3. StVO_§_9 Abs.1 + 2, StVO_§_10 S.1; StVG_§_9, BGB_§_254

  4. Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall / Alleinhaftung eines von einem Radweg auf die Fahrbahn einfahrenden und mit einem Pkw kollidierenden Radfahrers / Betriebsgefahr des Autos

 

1) Fährt ein Radfahrer von einem rechts neben der Fahrbahn verlaufenden Radweg in die Fahrbahn ein, um sogleich nach links abzubiegen, unterliegt dieser Vorgang sowohl den Regeln des Einfahrens gemäß § 10 Satz 1 StVO als auch denjenigen des Abbiegens gemäß § 9 Abs.1 und 2 StVO.

 

2) Kommt es in einem solchen Fall zum Zusammenstoß mit einem auf dieser Fahrbahn geradeausfahrenden Pkw, kann das grobe Mitverschulden des Radfahrers gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB so weit überwiegen, dass die einfache Betriebsgefahr des Pkw dahinter vollständig zurücktritt.

§§§

14.030 Rückforderung von Beihilfe

  1. VG Saarl,     U, 19.02.14,     – 6_K_1860/12 –

  2. EsG

  3. SVwVfG_§_41 Abs.2 S.2, SVwVfG_§_48 SVwVfG_§_48a; BhVO_§_4 Abs.1

  4. Zugang / Beweislast / Rücknahmeentscheidung / Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft / Vertrauensschutz / Abrechnungsapraxis / Rabattgewährung

 

1) Bei plausibler Darlegung eines späteren Zugangs (tägliche Leerung der Postfächer, sofortiger Eingangsstempel) liegt im Zweifelsfalle iS von § 41 Abs.2 Satz 2 SVwVfG vor, so dass die Behörde beweisbelastet ist.

 

2) Bei der Rücknahmeentscheidung dürfen die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft verwertet werden, ohne dass der Ausgang des Strafverfahrens abgewartet werden muss.

 

3) Kein Vertrauensschutz bei ungewöhnlicher

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